Dieses heiß ersehnte Glueck
Tränen in ihren Augen blinken sah, drückte er sie fest an sich. »So ist es gut, Liebling, so ist es gut. Weine, soviel und solange du willst. Du bist jetzt in Sicherheit.«
Bud und Cal gingen stumm aus der Hütte.
Als die Tränen erst einmal zu fließen begannen, schien das Weinen kein Ende nehmen zu wollen. Leah klammerte sich mit ihrer ganzen Kraft an Wes und weinte an seiner nackten Schulter. Als sie einen Schüttelkrampf bekam, flößte er ihr löffelweise Wasser ein.
»Und nun erzähle mir alles«, sagte er behutsam.
»Nein«, flüsterte sie, »nein.«
»Leah«, sagte er, faßte sie unter das Kinn und hob ihr geschwollenes, vom Sonnenbrand rotes Gesicht an. »Ich habe deine Geschichte von den kranken Kindern nie geglaubt und habe von Anfang an gewußt, daß du dich tagsüber bei diesem Revis und deinem Bruder Abe aufgehal-ten hast. Und jetzt will ich, daß du mir alles erzählst, was geschehen ist.«
»Ich muß jetzt immer dort bleiben«, sagte sie, von einem Schluckauf unterbrochen. »Sie werden mich sonst aufhängen.«
»Das ergibt keinen Sinn. Du hast heute mitansehen müssen, wie Revis einen Mann erschoß, nicht wahr?«
Sie wich bis an die Wand zurück. »Ich half ihm dabei! Ich habe mit einem Hut die Wertsachen eingesammelt. Ich habe gestohlen!«
Sie wartete darauf, daß sich das Entsetzen über ihre Tat auf seinem Gesicht abzeichnete, doch sie wartete vergeblich.
»Was hat dieser Revis angestellt, um dich zu zwingen, mit dem Hut herumzugehen und zu stehlen? Womit hat er dir gedroht?«
Wieder füllten sich Leahs Augen mit Tränen. Sie hatte geglaubt, Wesley würde ihr Geständnis, daß sie eine Diebin sei, widerspruchslos hinnehmen, weil das zu dem Milieu paßte, aus dem sie stammte. »Er sagte, er würde noch mehr Leute erschießen, wenn ich mich weigerte.«
»Dieser Hundesohn«, sagte Wes leise für sich. »Ist das alles?«
Sie wollte ihm den Rest nicht erzählen. Sie würde nie mehr unter anständigen Leuten leben können. »Revis hatte eine Maske vor dem Gesicht«, flüsterte sie. »Aber ich... ich nicht.«
»Oh«, sagte Wes erleichtert. Er hatte Schlimmeres erwartet. »Ich bin sicher, die Leute haben sofort erkannt, daß du gezwungen wurdest, an einem Verbrechen teilzunehmen, und ihnen damit das Leben gerettet hast.«
»Nein!« wimmerte sie und sprang vom Bett herunter. »Du weißt noch nicht alles! Revis erzählte den Leuten, daß ich seine Partnerin wäre. Er sagte ihnen meinen Namen! Er sagte, ich sei Mrs. Leah Simmons Stanford aus Virginia und würde demnächst in Sweetbriar in Kentucky wohnen. Er machte mich zu einer Verbrecherin. Er machte mich zur
Diebin. Ich kann diesen Wald nie mehr verlassen! Wenn sie mich finden, werden sie mich hängen!«
»Leah«, sagte er mitleidig, ging zu ihr und versuchte, sie wieder in die Arme zu nehmen.
»Geh weg! Faß mich nie mehr an! Du bist der saubere, unbescholtene Mr. Stanford. So etwas würde dir nie passieren. Sie brauchen nur deinen Namen zu lesen und wissen sofort, daß du unschuldig bist; aber ich, eine Simmons, ich würde . . .«
Er faßte sie an den Schultern.
»Hör auf, dir selbst leid zu tun. Du bist ebenfalls eine Stanford, so steht es in unserem Ehevertrag. Hör zu, Leah«, sagte er, sich zur Ruhe zwingend. »Das ist alles nicht so schlimm, wie du glaubst. Schließlich gibt es Gerichte, und wir werden die besten Anwälte verpflichten. Bud und Cal können bestätigen, daß du von Abe gezwungen wurdest, in diesem Räubernest zu wohnen, und ich wette, daß einer von den überfallenen Siedlern gehört hat, wie Revis dir befahl, mit dem Hut Wertsachen einzusammeln. Es gibt viele Möglichkeiten, deine Unschuld zu beweisen, selbst wenn man dich anklagen sollte. Also höre auf, mir zu beteuern, du müßtest hierbleiben.«
Wie sehr wünschte sie, daß sie ihm glauben durfte. Wie sehr sehnte sie sich danach, daß dieser Wunsch in Erfüllung ginge!
»Ist das deine Überzeugung?« flüsterte sie. »Daß ich eine Chance hätte?«
»Mehr als eine Chance! Und nun möchte ich wieder ein Lächeln auf deinem Gesicht sehen; denn ich werde dich sofort von hier wegschicken.«
»Weg? Zurück in Revis’ Blockhütte?«
Wes schob den Unterkiefer vor. »Du gehst nie mehr in dieses Räubernest zurück! Ich schicke dich mit Bud und Cal den Berg hinunter. Sie werden dich nach Sweetbriar bringen. Ich habe dort Freunde, und notfalls verstecken sie dich so lange, bis ich nachkommen und alles in Ordnung bringen kann.«
»Und wo bleibst du
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