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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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wird?«
    Carol verdrehte die Augen. »Klar. Deswegen wär’s besser, wenn wir gar keine Regierung hätten. Und auch keine Armee, um uns und unsere Landesgrenzen zu verteidigen.«
    Als Ehefrau dieses Mannes hätte es Carol eigentlich besser wissen müssen.
    »Eine Million Mexikaner und Zentralamerikaner, die pro Jahr durch den Rio Grande waten, und du bist der Meinung, dass unsere Landesgrenzen verteidigt werden, ja?«, rief Jackson. »Und unsere großartige Armee und diese ganze Supermachtnummer machen uns zur Zielscheibe . Zwei Typen, die in Riad durch die Straße gehen, einer aus den Staaten und einer aus Litauen. Wer wird entführt? Der Amerikaner! Welches Hotel in den Philippinen sucht sich der Selbstmordattentäter aus? Das für die Einheimischen, das, wo hauptsächlich Chinesen absteigen, oder das, wo die Amerikaner wohnen? Die Japaner haben seit dem Zweiten Weltkrieg keine Armee mehr, und die könnten nicht sicherer sein.«
    Shep wollte einwenden: »Aber nur deshalb, weil sie immer die USA im Rücken hatten.« Aber er hielt sich zurück. Er wollte dieses Gespräch nicht noch mehr anheizen. Er küsste seiner Frau die Stirn und nutzte die Gelegenheit, ihren Turban zurechtzurücken – sie warf ihm einen dankbaren Blick zu –, ehe er davonschlüpfte, um die Kartoffeln zu wenden und die Steaks auf den Grill zu legen.
    Die Einsamkeit des Gartens tat gut, das Plätschern der Springbrunnen gab der schlichten Rasenlandschaft die Ruhe eines Steingartens. Es hatte wenig Sinn, Freunde einzuladen, nur um ihnen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu entfliehen. Dennoch hatte Jacksons Wüten gegen den Himmel eine neue Qualität. Es war noch immer der gleiche Text, aber er war nicht mehr genüsslich oder spielerisch aufsässig; Jackson war nur noch zornig. Nichts von dieser Flachserei hatte auch nur den geringsten Einfluss auf die Welt, und wenn sie dann nicht einmal mehr unterhaltsam war, dann war sie im Grunde sinnlos.
    Als Shep zur Veranda zurückgeschlendert kam, um einen Blick hineinzuwerfen und zu fragen, wie die anderen gern ihr Steak hätten, hatte Jackson einen Ausdruck aus der Tasche gekramt, was immer ein schlechtes Zeichen war. »Vor einhundert Jahren waren wir das florierendste Land der Erde, stimmt’s? Wir hatten die größte Mittelschicht der Welt, stimmt’s? Und wir hatte keine Staatsschulden. Wir hatten auch keine der folgenden Steuern.«
    Jackson strich seinen Zettel glatt, der zerknittert und abgegriffen war, als wäre er damit schon öfter aufgetreten. Jedes Mal beim Wort Steuern schlug er mit der Hand auf den Tisch, und der Vortrag wirkte wie ein Mittelding zwischen Dichterlesung und HipHop-Konzert. »Baugenehmigungs steuer , Berufskraftfahrer-Führerschein steuer , Benzin steuer , Debitoren steuer , Erbschafts steuer und natürlich unsere Lieblingssteuer, die Einkommens steuer –«
    Als Jackson innehielt, um Luft zu holen, bemerkte Shep, dass die Liste alphabetisch geordnet war und sie gerade erst beim E waren.
    »Grundstücks steuer , Gewerbe steuer , Hunde steuer, Jagd steuer , Körperschafts steuer –«
    »Schatz, das reicht jetzt«, sagte Carol.
    »Luxus steuer , Medicare- Steuer  –«
    »Wenn du nicht sofort die Klappe hältst –!«
    »Schul steuer , Straßenbenutzungs steuer –«
    »Dann schwöre ich dir, ich fahr auf der Stelle wieder nach Hause und lass dich hier sitzen.«
    »Pass auf, Süße, nur noch ganz kurz, ja? Telefonzusatzgebühr- Steuer –«
    Diesmal war es Carol, die auf den Tisch schlug, nämlich mit der vollen Handfläche, und es war laut. » Was macht dich eigentlich so wütend, Jackson? Sag’s mir! Was ist so schrecklich an deinem Leben?«
    »Wohnmobilsteuer, Umsatzsteuer«, murmelte Jackson hastig, aber ohne den dramatischen Zorn.
    »Schluss!« Carol stand auf.
    »Halt, halt, setz dich wieder. Den Rest können wir überspringen. Ich bin fertig.«
    »Das will ich dir auch geraten haben«, sagte sie und blieb stehen, hoch aufragend über ihrem rundschultrigen Ehemann. »Dann kannst du mir ja meine Frage beantworten. Du hast ein anständiges Haus. Deine Tochter hat eine genetische Krankheit, aber immerhin ist sie noch am Leben, oder? Du isst gut« – sie nickte in Richtung der Bauchgegend ihres Mannes –, »ein bisschen zu gut. Was willst du, was du nicht hast? Warum fühlst du dich so entwürdigt, so benachteiligt, so schwach und weinerlich und verbittert? Warum hast du nie das Gefühl, die Kontrolle zu haben, warum fühlst du dich immer so unterlegen und

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