Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)
du die besten Ananas und Mangos deines Lebens essen kannst. Und mir helfen kannst, ein Haus zu bauen.«
»Du bist echt komisch drauf. Hast du irgendwas genommen? Bist du sicher, dass du dir nicht von Mamas Pillen was abgezweigt hast?«
»Wenn du wirklich nicht mitwillst, kannst du dich ja auch vertrauensvoll an einen Sozialarbeiter wenden, weil dein Vater drogensüchtig geworden ist.«
»Z« hatte nie sonderlich gern mit seinem Vater geflachst, und er wirkte auch jetzt angestrengt. »Wie lange hab ich Bedenkzeit?«
»Bei mir ist der Entschluss auf der Fahrt zwischen Lower Manhattan und Westchester gereift. Aber das war ein Freitag, und es war viel los auf den Straßen. Also geb ich dir die Hälfte der Zeit.«
»Ich soll mich heute entscheiden, ob ich mein ganzes Leben auf den Kopf stelle und ›nach Afrika ziehe‹?«
»Entscheidungen werden in Bruchteilen von Sekunden gefällt. Das Nichtentscheiden ist es, was so lange dauert.«
»Aber was ist mit Mama? Sieht ja wohl gerade nicht so rosig aus mit ihr. In Afrika … Was ist mit Ärzten?«
»Ärzte haben wir jetzt genug gehabt.«
»Aber ich meine, wie geht’s ihr? Ist das okay für sie?«
»Das«, sagte Shep und erhob sich, »wird sich gleich herausstellen.«
GLYNIS WAR GERADE aufgewacht, und er setzte sich behutsam aufs Bett und zog ihren Kopf auf seinen Schoß. Sie schmiegte sich an ihn. »Und, wie geht’s deinem Vater?«, murmelte sie.
»Frag ihn selbst. Er ist unten.«
»Du hast ihn mit hierher gebracht?«, fragte sie schläfrig. »Wozu? Ist das ratsam?«
»Es ist ratsam . Er ist mein Vater. Ich will ihn mitnehmen.«
»Mitnehmen?«, murmelte sie und seufzte. Ihre Hand auf seinem Oberschenkel war köstlich wie immer. »Wohin mitnehmen?«
»Gnu?« Er strich ihr über die Wange. »Weißt du noch, letztes Jahr, als ich dich gefragt habe, ob du mit nach Pemba kommst? Also, ich frage dich jetzt noch mal. Und diesmal ist der Krebs keine Entschuldigung.«
»Mmm?« Sie bettete ihren Kopf neu. Im Beisein anderer hielt sie ihn stets bedeckt; er aber hatte die ausgeprägte Form und Glätte ihres haarlosen Scheitels zu bewundern gelernt.
»Es ist warm«, stimmte er an. »Die Strände sind weiß. Die Bäume sind hoch. Der Fisch ist frisch. Und die Brise duftet nach Nelken.«
»Moment«, sagte sie und schlug die Augen auf. »Ich träum doch jetzt nicht.«
»Ich auch nicht und hab’s auch nie getan. Ich will mit dir nach Pemba. Ich will, dass wir noch diese Woche fahren.«
Sie setzte sich auf. »Shepherd, bist du wahnsinnig? Das ist wohl jetzt kaum die richtige Zeit, um wieder mit Afrika anzufangen.«
»Das ist die einzige Zeit, um wieder mit Afrika anzufangen. Und die einzige Zeit zu fahren.«
»Selbst wenn ich nicht mit diesem Versuchsmedikament anfange, habe ich noch fünf Mal Chemo vor mir! Ich bin fast durch, nur eben noch nicht ganz.«
»Nein.« Er legte ihr die Hand auf die Wange. »Du bist durch.« Er hatte gemeint, »durch« mit allen weiteren Behandlungen, doch die Formulierung klang krasser als beabsichtigt.
Sie wand sich aus seinem Griff. »Das heißt, du hast mich jetzt auch schon abgeschrieben?«
»Gnu. Was ist los mit dir? Was glaubst du denn, was mit dir passiert?«
»Ich bin schwer krank, wie man sieht, aber die letzten Tage ging es mir schon viel besser –«
»Du kannst kaum noch essen. Du kannst kaum noch scheißen, du kommst kaum noch die Treppe hoch. Was glaubst du denn, was mit dir passiert? «
»Hör auf! Du bist grausam! Es ist wichtig, positiv zu denken, immer wieder einen neuen Versuch zu machen –!«
»Ich glaube, es ist grausam, immer wieder neue Versuche zu machen!«
Sie begann zu weinen. »Ich sag dir, ich kann diese Krankheit besiegen!«
»Siehst du? Es ist nicht deine Schuld«, sagte er. »Du hast einen so starken Willen. Und dann dieses ganze Gerede, in der Klinik, von wegen ›bekämpfen‹, ›besiegen‹ und ›gewinnen‹. Natürlich wärst du dem gewachsen. Wenn das ein Wettbewerb wäre, würdest du mit Bestnoten abschließen. Aber es ist kein Wettbewerb. Krebs ist keine ›Schlacht‹. Dass man allmählich abbaut, ist kein Zeichen von Schwäche. Und sterben« – er sprach das Wort leise, aber deutlich aus – »ist keine Niederlage.«
Naturgemäß nährte sich Glynis von ihren Feinden und war nur allzu gern bereit, das Augenmerk vom Bösewicht Krebs auf ihren Mann zu richten. »Was verstehst du denn schon davon?«, knurrte sie.
»Was ich davon verstehe?« Er nahm sich einen Augenblick Zeit und dachte
Weitere Kostenlose Bücher