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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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Toilettenschüssel rot war. Es war noch extrem früh in ihrem Zyklus gewesen, aber sie war fünfzig, vielleicht war er inzwischen nicht mehr regelmäßig. Jetzt wurde ihm klar: Es war gar nicht ihre Regel gewesen. Ebenso fiel ihm auf, dass sie angefangen hatte, ein Nachthemd zu tragen, angeblich, weil ihr kalt sei; in Wirklichkeit aber hatte sie die Narbe von ihrer Bauchspiegelung verstecken wollen, die er inzwischen zu Gesicht bekommen hatte. Sie war zwar nur zweieinhalb Zentimeter lang, hatte ihn aber dennoch beunruhigt: Es war eine erste Verletzung, und es würde nicht die letzte sein. Auch das Nachthemd hatte ihn gekränkt. Sechsundzwanzig Jahre lang hatten sie Haut an Haut geschlafen.
    Seit jenem denkwürdigen Freitagabend vor einer Woche hatte sie ihm nur bruchstückhaft von den Tests erzählt. Insofern war eine Einzelheit, von der sie gesprochen hatte, aufgefallen. Vor der MRT, für die der Schmuck abgelegt werden musste, hatte man ein zusätzliches Röntgenbild gemacht, ehe seine Frau in die Röhre geschoben wurde. »Und zwar, nachdem sie erfahren hatten, dass ich Silberschmiedin bin«, sagte sie. »Das Bild wird ja durch ein Magnetfeld erzeugt. Metall macht das Bild kaputt. Man darf keine Feilspäne am Körper haben.«
    Er hätte darauf kommen müssen, weshalb sie ihm das erzählte: aus Stolz. Er hätte nicht fragen dürfen: »Und, haben sie welche gefunden?« Sie antwortete erst gar nicht auf seine Frage, was ein effektiver, aber höchst ärgerlicher Schachzug war, auf den sie immer öfter zurückgriff. Nein, man hatte keine Metall- oder Feilspäne gefunden. In den letzten Monaten hatte sie so selten in ihrem Atelier gearbeitet, dass sie sich wie jeder andere der MRT auch so hätte unterziehen können. Selbst in einem so kritischen Moment hatte er noch Salz in die Wunde streuen müssen.
    Deine eigene kleine Welt. Ohne seine Achtlosigkeit wäre sie mit ihrer Heimlichtuerei niemals durchgekommen. Wenn er bemerkt hatte, dass sie trotz der Fülle um die Bauchgegend dünner geworden war, hatte er der Beobachtung wenig Bedeutung beigemessen, was ungefähr so war, als hätte er sie gar nicht gemacht. Ich hatte ja keine Ahnung, dachte er, dass unsere Ehe in einem so desolaten Zustand ist, und dann fiel ihm wieder ein, dass er noch bis letzten Freitagabend die Absicht gehabt hatte, sie zu verlassen.
    »An dem Abend neulich«, sagte er. »Du hättest mich nicht ewig weiterreden lassen dürfen, wegen Pemba. Du hättest mich doch unterbrechen können.«
    »Ich war interessiert.«
    »Das war nicht nett.«
    »Ich habe mich in letzter Zeit auch nicht nett gefühlt.«
    »Wie fühlst du dich denn?« Shep schämte sich. In der letzten Woche war er besorgt um sie gewesen, vielleicht übertrieben besorgt. Aber wann er sie in den Monaten zuvor zum letzten Mal nach ihrem Befinden gefragt hatte, wusste er nicht mehr.
    Sie brauchte einen Moment. »Ich habe Angst. Aus irgendeinem Grund war es einfacher, als du es noch nicht wusstest.«
    »Weil du’s dir jetzt erlauben kannst, Angst zu haben.« Er drückte ihr sanft die Hand. »Ich werde für dich da sein.« Es war ein großes Versprechen, das er nicht würde halten können. Doch beim Scheitern würde er tapfer sein, und das war sein Versprechen an sich selbst.
    DR. EDWARD KNOX reichte Shep die Hand, sein Händedruck war fest und großzügig. Der Onkologe roch streng nach Desinfektionsmittel, als gehörte er zu den wenigen Ärzten, die sich tatsächlich die Hände wuschen. Es war ein Geruch, den Shep mit Beklommenheit assoziierte. »Mr Knacker, ich freue mich sehr, dass Sie es endlich geschafft haben, mit uns hier zu sein.«
    Aus dieser Formulierung hörte Shep Kritik heraus und eine empörend falsche Darstellung vonseiten seiner Frau. Unter anderen Umständen hätte er sie anschließend ins Gebet genommen. Ihn beschlich die Ahnung, dass er sie jetzt nie wieder wegen irgendetwas ins Gebet nehmen würde.
    Die vertraute Art, mit der sie Platz nahm, deutete darauf hin, dass Glynis nicht zum ersten Mal in diesem Büro war. Diese beiden hatten eine gemeinsame Geschichte, und obwohl Shep nun »endlich« hier war, fühlte er sich ausgegrenzt. Er hatte den eigentümlichen Eindruck, dass Glynis dieses Büro als Zentrum ihrer Macht empfand.
    Während der Doktor auf seinem Drehsessel Platz nahm, schätzte Shep den Onkologen auf Ende dreißig, wobei er mittlerweile immer schlechter sagen konnte, wie alt jemand war. Während er noch immer zwischen sechzig und fünfundsechzig unterscheiden

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