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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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arbeiten konnte, egal, ob der Computer zu Hause oder in Tahiti stand; sie konnte arbeiten, wann sie wollte, und konnte so viele Stunden einlegen, wie sie wollte, solange die Arbeit gemacht wurde – eine Politik, die, wie sie sich lachend einigten, eigentlich nicht revolutionär sein sollte und es dennoch war: Das einzige Kriterium für die Erledigung der Arbeit war, dass die Arbeit erledigt wurde. Doch auch die Landschaftsgärtnerei war freiberuflich gewesen, ebenfalls mit flexiblen Arbeitszeiten, und wie Shep noch wusste, hatte sie kein Problem damit gehabt, rechtzeitig zurück zu sein, wenn die Mädchen von der Schule nach Hause kamen oder sie Flicka zu ihren diversen Therapeuten oder Hals über Kopf in die Notaufnahme fahren musste. Ob es das Opfer wirklich wert gewesen sei, fragte er, für ein höheres Gehalt?
    Jackson musste seinen Ärger unterdrücken; es störte ihn, dass Carol mehr verdiente als er, ebenso wie es ihn störte, dass sie eine Arbeit hatte aufgeben müssen, die sie liebte, aber zwischen Männern und Frauen war ja jetzt angeblich alles anders, und eigentlich hätte er sich an solchen Dingen nicht mehr stören sollen.
    »Ach, den Job bei IBM habe ich eigentlich nicht wegen des besseren Gehalts angefangen«, erklärte Carol. »Als Randy Allrounder übernahm – und du weißt ja selbst, was er für ein Halsabschneider ist –, hat er zu einer billigeren Krankenversicherung gewechselt. Mit all unseren Ausgaben wegen Flicka – den Therapien und Operationen und Klinikaufenthalten – konnten wir uns auf Jacksons Versicherungsschutz nicht mehr verlassen. Weißt du«, fuhr sie fort, »diese World Wellness Group ist ein Albtraum von einer Krankenversicherung. Die erheben Zuzahlungen auf alles, einschließlich der Medikamente, da sind fünf Riesen weg, bevor man auch nur zehn Cents zurückerstattet bekommen hat. Und zu den Zuzahlungen kommt dann noch die Selbstbeteiligung hinzu: zwanzig Prozent der Gesamtkosten, und zwar für Leistungen innerhalb des Vertragsnetzwerks. Zähl das zur Höchstsumme hinzu – du weißt schon, das, was sie insgesamt locker machen –, und die ist ziemlich niedrig, nur zwei bis drei Millionen Dollar, ein Betrag, den jemand wie Flicka noch vor ihrem zwanzigsten Lebensjahr locker ausgeschöpft hat … Na ja, wir mussten uns eine andere Versicherung suchen.«
    »Herrje, davon hatte ich keine Ahnung.«
    »Solltest du aber, Shep«, sagte Carol. »Bei denen bist du nämlich auch versichert.«

Kapitel 3
Shepherd Armstrong Knacker
Merrill Lynch Konto-Nr. 934 – 23F917
01. 12. 2004 – 31. 12. 2004
Gesamtnettowert des Portfolios: $ 731 778,56
    AUF DER FAHRT zum Phelps Memorial Hospital in Sleepy Hollow hatte Shep eine Hand am Lenkrad, und in der anderen hielt er die seiner Frau. Sie hatten ihre Finger ineinander verschränkt; Glynis’ Handfläche war trocken. Beide starrten geradeaus.
    »Du hättest die Diagnostik nicht allein durchstehen müssen«, sagte er.
    »Du warst ja in deine kleine Welt abgetaucht«, sagte sie. »Also bin ich in meine abgetaucht.«
    »Du musst dich einsam gefühlt haben.«
    »Ja«, sagte sie. »Aber schon seit Längerem.«
    Bei der nächsten Ausfahrt fügte sie hinzu: »Du bist ein Planer, Shep. Du schaust immer hin, bevor du springst. Eigentlich springst du sogar, bevor du springst. Im Kopf hast du doch schon vor Monaten diesen Flieger nach Tansania genommen.«
    Er war erleichtert, dass sie überhaupt mit ihm redete. Er war ja bereit, Kritik dafür einzustecken, er war sogar froh darüber.
    Zu seinem Entsetzen hatte sich Glynis bereits mehrmals den Unterleib röntgen lassen und sich einer Computertomografie sowie einer Magnetresonanztomografie unterziehen müssen. Zweimal morgens im Dezember hatte sie nicht nur ihr Frühstück verweigert, sondern sogar den Kaffee, was bei Glynis noch nie vorgekommen war. An ihren Vorwand konnte er sich nicht mehr erinnern, aber er war wohl nicht sehr überzeugend gewesen, denn vor allem der verschmähte Kaffee hatte ihn gekränkt; sie hatte eines der heiligen Rituale ihres gemeinsamen Tages mit Füßen getreten. An zwei Abenden war sie immer wieder aufgestanden, um sich ein Glas Wasser zu holen. Also hatte sie nicht einfach einen besonders großen Durst gehabt, sondern sich das Kontrastmittel aus den Adern gespült. Ebenso fügte sich nun eine seltsame, schwebende Erinnerung zu einer sinnfälligen Geschichte: Als er einmal ins Bad kam, ehe sie hatte abziehen können, hatte er gesehen, dass der Inhalt der

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