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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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ausfiel, außer bei Verizon anzurufen, den Hexenmeistern; sie gab nicht einmal darüber Aufschluss, was »Breitbandservice« überhaupt war, außer der gnadenreiche Zugang zur Magie. Dieses passive, unbeherrschbare Verhältnis zur materiellen Welt würde seinen Sohn permanent in ohnmächtiger, kindlicher Abhängigkeit halten. Also war es völlig einleuchtend, dass Zach über die Behandlung seiner Mutter nichts wissen wollte. Der Hokuspokus der modernen Medizin kam ihm bestimmt ebenso übernatürlich vor wie alles andere.
    Übernatürlich? Shep hätte seinem Sohn gern die glatte Membran zwischen den Schichten einer Zwiebel vor Augen geführt. Das, hätte er gesagt, ist das Mesotheliom der Zwiebel. Es wird mühsam sein, aber sie werden nicht zimperlich sein: Sie werden sie aufschneiden wie eine Zwiebel. Und dann, Stück für Stück, alle Fetzen entfernen, die irgendwie seltsam aussehen – die zu fest oder zu schleimig sind oder nicht die richtige Farbe haben. Das Zusammennähen ist nicht viel anders, als wenn wir an Thanksgiving einen Truthahn stopfen. Das hier ist die alte Welt, hätte er am liebsten gesagt. Die Welt der Schreibmaschinen und des halb verfaulten Gemüses, und was mir und deiner Mutter so viel Angst macht, ist nicht, dass es unvorstellbar ist, sondern eben, dass wir es verstehen.
    »Ich fände es ganz schön, wenn du deiner Mutter heute Gesellschaft leisten würdest«, sagte Shep. Es war genau so ein Beinahebefehl, wie er sie von seinem eigenen Vater kannte.
    »Ich weiß aber nicht, wie«, sagte Zach.
    Fast hätte Shep erwidert: Denkst du, ich? , und es war ihm unerklärlich, warum sie offenbar allesamt selbst die rudimentären sozialen Fähigkeiten verloren hatten.
    Vermutlich hatte es schon Todkranke gegeben, noch bevor die Spezies Mensch den aufrechten Gang gelernt hatte. Es hätte einen Verhaltenskodex geben müssen, vielleicht sogar einen besonders strengen.
    »Sie sitzt ja doch nur vorm Fernseher«, fügte Zach hinzu.
    »Dann setz dich dazu.«
    »Wir gucken nie dasselbe Zeug.«
    »Setz dich dazu und guck das, was sie guckt, und tu zumindest so, als würde es dir Spaß machen.«
    Missmutig fuhr sein Sohn den Computer herunter. »Sie weiß doch eh, dass du mich geschickt hast.«
    Ja, sie würde es wissen. Und er konnte seinen biegbaren Sohn zwingen, an der Seite seiner Mutter Wache zu halten, aber er konnte ihn nicht zwingen, es auch zu wollen. Im Großen und Ganzen hatte Zach von beiden Eltern das Schlimmste geerbt: den Gehorsam seines Vaters und die Verbitterung seiner Mutter. Eine fatale Kombination. Rebellische Verbitterung brachte einen zumindest weiter – sie führte zur Trotzhaltung, bisweilen dazu, die herrschende Ordnung auf extravagante Weise zu verwerfen. Die gehorsame Variante dagegen brachte nur Missmut und Trägheit hervor.
    Shep legte seinem Sohn die Hand auf den Arm. »Die nächsten paar Monate werden für uns alle schwer sein. Deine Mutter wird dich nicht zur Schule fahren können; du wirst mit dem Fahrrad fahren müssen. Du wirst mir beim Saubermachen ein bisschen zur Hand gehen oder auch mal ein Gästebett beziehen müssen. Du musst einfach nur daran denken, egal, wie schwer es für uns ist, für deine Mutter ist es noch viel, viel schwerer.«
    Die Rede hätte er sich schenken können. Er spielte den liebenden Vater, anstatt wirklich einer zu sein. Zach war manchmal aufsässig gewesen, wenn es etwa um Dinge ging, die er haben wollte, weil »alle anderen sie auch hatten« – für Shep teurer Schnickschnack, der lediglich die Lücke zwischen dem letzten und dem nächsten Must-have füllte. Zach fand das ständige Sparen seines Vaters für ein »Jenseits« verwirrend, wenn nicht gar verrückt, und er hatte so beharrlich auf einen iPod gedrängt, dass Shep aus Langeweile nachgegeben hatte. Doch in allen anderen Dingen bat der Junge zu selten um etwas. Ein Aspekt der Krankheit seiner Mutter, den er vermutlich von Anfang an registriert hatte, war also, dass die Wichtigkeit dessen, was immer er wollte oder brauchte, soeben von gering auf null herabgestuft worden war.
    NACHTS IM BETT hatte sich Glynis eingerollt und von ihm abgewandt, genau wie damals während der Schwangerschaft. Shep kuschelte sich von hinten an sie heran und merkte, dass er ihren Unterleib nicht mehr berühren wollte. Gleichzeitig spürte er, dass er diesem Instinkt widerstehen musste. Er fühlte sich ihr fremd. Es lag nicht an Pemba; es lag nicht an Forge Craft. Es lag daran, dass das, was mit ihr passieren sollte,

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