DIESES MAL IST ALLES ANDERS
der 1980er- und zu Beginn der 1990er-Jahre wurden die skandinavischen Länder im Anschluss aufgrund des sprunghaften Anstiegs der Kapitalzuflüsse (Auslandskredite) und explodierender Immobilienpreise von einigen der schlimmsten Bankenkrisen erfasst, welche die reichen Ökonomien seit dem Zweiten Weltkrieg gesehen hatten. Im Jahr 1992 platzte Japans Assetpreisblase und löste eine zehn Jahre dauernde Bankenkrise aus. Ungefähr zur gleichen Zeit gerieten einige kommunistische Länder Osteuropas aufgrund des Zusammenbruchs des Sowjetblocks in große finanzielle Krisen. Mit Beginn der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre erlebten die Schwellen- und Transformationsländer eine neue Runde der Bankenkrisen. Nach den Problemen in Mexiko und Argentinien (1994–1995) folgten die berühmte Asienkrise (1997–1998) und danach unter anderem die Krisen in Russland und Kolumbien. 4 Den Höhepunkt dieser Krisenwelle markierten die Krisen in Argentinien (2001) und Uruguay (2002). Die anschließend folgende Ruhephase fand im Sommer 2007 ein abruptes Ende, als sich in den USA die Subprime-Krise zuspitzte, die sich kurz darauf in eine globale Finanzkrise verwandelte. 5
Wie allseits bekannt, wurzelte die US-Finanzkrise der ausgehenden 2000er-Jahre in der Immobilienblase, die durch einen massiven, anhaltenden Anstieg der Immobilienpreise und einen ebenso massiven Zufluss von ausländischem Kapital – als Ergebnis eines Rekord-Handels- und -Leistungsbilanzdefizits – genährt wurde. Und die nachlässige Haltung der Regierungsbehörden trug dazu bei, die Dynamik zwischen diesen Faktoren zu verstärken (ein Muster, das wir weiter quantifizieren werden). Um die Immobilienblase in eine historische Perspektive zu rücken, stellt Abbildung 13.2 den inzwischen berühmten Case-Shiller-Immobilienindex dar, deflationiert mit dem BIP-Deflator (das Bild bleibt im Wesentlichen unverändert, wenn man den Verbraucherpreisindex verwendet). 6 Seit 1891, dem Beginn der Zeitreihe zu den Immobilienpreisen, ist kein Immobilienpreisboom im Hinblick auf seine schiere Dauer und Größenordnung mit dem Boom vergleichbar, der dem Subprime-Fiasko von 2007 vorausging. Von 1996 bis 2006 (dem Jahr, in dem die Immobilienpreise ihren Höchststand erreichten) betrug der kumulative und reale Preisanstieg rund 92 Prozent – mehr als Dreifache des gesamten Preisanstiegs von 27 Prozent in der Zeit von 1980 bis 1996! Im Jahr 2005, auf der Höhe der Immobilienblase, kletterten die Preise um mehr als 12 Prozent in die Höhe (das Sechsfache der Zuwachsrate des realen Pro-Kopf-BIP für dasselbe Jahr). Selbst die prosperierenden Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg, als die demografische sowie die Einkommensentwicklung zu einem Anstieg der Immobilienpreise führten, verblassen neben der Preisexplosion in den Jahren vor 2007. 7 Mitte 2007 löste ein dramatischer Anstieg der notleidenden Hypotheken von Privathaushalten mit geringem Einkommen in den USA schließlich eine klassische globale Finanzpanik aus.
Abbildung 13.2 Reale Immobilienpreise: USA, 1891–2008
Quellen: Shiller (2005); Standard and Poor’s sowie das US-Handelsministerium.
Anmerkungen: Die Immobilienpreise sind mit dem BIP-Deflator deflationiert. Die realen Immobilienpreise sind indexiert und entsprechen 100 im Jahr 2000.
Das » Dieses Mal ist alles anders « -Syndrom und die Vorgeschichte der Subprime-Krise
Die Finanzkrise der letzten Jahre ist die gravierendste globale Finanzkrise seit der Großen Depression, egal ob man sie nach Tiefe, Ausbreitung und (potenzieller) Dauer der begleitenden Rezession oder nach ihrem gewaltigen Effekt auf die Assetmärkte misst. Diese Krise stellt in der globalen Wirtschaftsgeschichte eine historische Herausforderung dar, und ihre Lösung wird Politik und Wirtschaft wahrscheinlich für mindestens eine Generation völlig verändern.
Hätte diese Krise eine Überraschung sein sollen, vor allem was ihre heftigen Auswirkungen auf die USA betrifft? Wenn man einer langen Liste führender Wissenschaftler, Investoren und US-Politikern gelauscht hätte, könnte man meinen, die finanzielle Kernschmelze der letzten Jahre sei wie ein Blitz aus heiterem Himmel geschehen – ein »Six-Sigma-Ereignis«. Der ehemalige US-Notenbankchef Alan Greenspan hatte oft die Ansicht geäußert, Finanzinnovationen wie Verbriefung und Option Pricing würden neue und bessere Wege der Risikostreuung bieten und traditionell illiquide Vermögenswerte wie Immobilien liquider machen. Die ständig steigenden
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