Dieses unendliche Verlangen
ihr Zimmer, wo sie über Handy ihre Tante anrief.
“Ich bin so froh, von dir zu hören!”, rief Maeve. Tracy zuckte zusammen und hielt das Telefon etwas weiter weg vom Ohr. “Hast du die Ranch sicher erreicht? Haben Herberts Anweisungen geholfen?”
Herbert war der dritte Ehemann von Tante Maeve. Nach dem Tod ihrer Eltern kurz nach Tracys Highschool-Abschluss hatte ihre Tante sich um sie gekümmert. Tante Maeve war eine Art Paradiesvogel. Sie trug immer bunte Farben, benahm sich ziemlich auffällig, hatte ein goldenes Herz und ein Gedächtnis wie ein Sieb. “Du hast mir Herberts Anweisungen nicht gegeben”, sagte Tracy.
“Natürlich habe ich das.”
“Nein, du hast mir selber den Weg beschrieben.”
“Wo ist denn da der Unterschied?”, wollte Maeve wissen.
“Herberts Anweisungen wären präziser gewesen. Er hätte nicht gesagt: ‘Nach der großen Straße biegst du in die kleine ab.’“
“Hast du dich verfahren?”
“Am Ende habe ich die Ranch doch noch gefunden.” Tracy streckte sich auf dem Bett aus, nachdem sie die Decke weggezogen hatte, um sicherzustellen, dass keine Maus darunter war.
“Na, dann waren meine Anweisungen wohl doch nicht so schlecht. Hast du dich inzwischen eingelebt?”
“Ich denke schon.” Tracy schob vorsichtig am Fußende des Bettes einen Fuß unter das Gestell. Sie war immer noch nicht völlig sicher, dass sie allein war. “Es war nicht direkt so, wie ich es erwartet hatte.”
“Wieso?”
Tracy beugte sich vor und blickte unter das Bett. “Weil du mir erzählt hast, Zane wäre ein Witwer in mittleren Jahren mit zwei ganz braven Kindern.”
“Und?”
“Und ich komme her und finde heraus, dass die Zwillinge total wild sind, und Zane …”
“Ja?” Tante Maeve klang ausgesprochen munter.
“Er ist genauso wenig im mittleren Alter wie ich. Er mag zwar ein paar Jahre älter sein, aber nicht viel.”
“Komisch. Man sollte meinen, dass wilde Zwillinge einen Mann schnell altern lassen”, meinte Maeve trocken.
“Ihn nicht. Er bewegt sich wie ein Cowboy. Jedenfalls hatte ich so einen Typ erwartet wie J. R.s Vater in
Dallas
, und stattdessen ähnelt er …”
“Mel Gibson in
Maverick
?”, schlug Maeve vor.
“Nur härter.”
Maeves Lachen klang ziemlich unanständig.
“Ich meinte dunkler”, stammelte Tracy. Sie fühlte sich wie ein Teenager. “Ich werde ja ganz rot, Tante Maeve.”
“Ich habe dir ja gesagt, dass es gut für dich ist, auf diese Ranch zu ziehen nach deiner geplatzten Verlobung.”
“Ich weiß.” Tracy fühlte sich ruhelos. Also stand sie auf und ging im Raum hin und her. “Das Komische ist, dass ich an diesem Nachmittag zu Dennis gegangen bin, um ihm zu sagen, dass ich Zweifel hatte wegen unserer Heirat. Nachdem ich ihn dann mit einer anderen Frau im Bett vorgefunden hatte, war mir klar, woher diese Zweifel kamen”, meinte sie sarkastisch.
“Du hast vermutet, dass Dennis dich betrügt?”
“Nein”, gab Tracy zu. “Das war es nicht. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn liebe. Oder ob er mich wirklich liebt.”
“Und jetzt?”
“Jetzt weiß ich, dass er mich nie geliebt hat, jedenfalls nicht so, wie ich geliebt werden will. Und was meine Gefühle angeht, glaube ich, dass ich ihn lieben wollte, aber nicht tatsächlich geliebt habe. Ich war wütend, weil er mich betrogen hat, aber gleichzeitig auch ein bisschen erleichtert, da ich dadurch einen guten Grund hatte, die Verlobung zu lösen. Am Anfang unserer Beziehung war er sehr überzeugend.” Sie blieb vor dem Fenster stehen. Die Berge erinnerten sie wieder daran, dass sie weit weg war von Chicago.
“Auf jeden Fall bin ich erleichtert, dass ich vor der Hochzeit herausgefunden habe, was für ein Typ er ist. Ich bin froh, dass ich meinem Instinkt vertraut habe und zu ihm gegangen bin. Habe ich dir erzählt, dass Dennis es gar nicht geglaubt hat, als ich ihm gesagt habe, es wäre vorbei mit unserer Verlobung?” Sie ging wieder hin und her. “Er hat immer wieder gesagt, er könnte es erklären. Er hat sogar versucht, sein Verhalten dadurch zu rechtfertigen, dass sie eine Kundin wäre, die er zufriedenstellen müsste. Als das nicht funktioniert hat, hat er gedroht, mich zu feuern, wenn ich ihn nicht heirate. Daraufhin habe ich ihm erklärt, dass ich nicht nur unsere Verlobung löse, sondern auch meinen Job kündige.”
“Das war gut.”
“Und danach bin ich in ein Hotel gezogen und habe dich angerufen, um dir zu sagen, dass ich weg muss.”
Maeve griff das Stichwort
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