Dieses unendliche Verlangen
ein Blitz. Keine gute Sache.
“Nein”, brachte sie atemlos hervor.
Sofort zog Zane seine Hand zurück, und als Tracys Blick der Bewegung folgte, erkannte sie, dass er zweifelsfrei erregt war. Er stand auf, griff nach etwas in seiner Tasche, etwas Blitzendes. Es war bestimmt das größte Taschenmesser, das sie jemals gesehen hatte! Es gab genug Männer, die es nicht ertrugen, wenn eine Frau Nein sagte, aber eine solche Waffe war doch etwas extrem.
Sie blickte ihn unsicher an. “Bleiben Sie ganz ruhig. Wir können ja darüber reden.”
“Da gibt es nichts zu reden. Ich will damit die Schnur durchschneiden und nicht ihre Kehle.”
“Natürlich. Das war mir klar.”
“Ja? Darum haben Sie mich auch angestarrt, als ob ich ein Serienmörder oder etwas Ähnliches sei.”
“Vergessen Sie nicht, dass ich aus der Großstadt komme. Und da fürchten wir uns vor Menschen mit Messern.”
“Ich vergesse bestimmt nicht, dass Sie aus der Stadt kommen.” Sein Tonfall ließ keinen Zweifel zu, was er von ihrer Herkunft hielt.
“Haben Sie etwas gegen Stadtmenschen?”
“Könnte man so sagen.”
“Was haben Sie denn genau gegen Städter?”
Er sah auf, und seine Augen waren so blau wie der Himmel über den Rocky Mountains. “Wieso interessiert Sie das so sehr?”
“Immerhin arbeite ich für Sie, und es ist bestimmt hilfreich, wenn ich Sie besser verstehe.”
“Kümmern Sie sich einfach nicht darum”, antwortete er und zerschnitt die restliche Schnur. “Mich zu verstehen gehört nicht zu Ihrem Job. Sie sollen nur kochen und auf die Kinder aufpassen.” Dann klappte Zane sein Messer wieder zusammen und verließ so schnell den Raum, als ob der Teufel hinter ihm her sei.
“Einen schönen, guten Morgen auch für Sie”, murmelte Tracy, als sie sich im Bett aufsetzte. Die Schnur war sie nun los, aber nicht die Erinnerung an Zanes Berührung.
Das Gute war, dass ihr diesmal nichts in der Küche anbrannte, das Schlechte, dass die Eier etwas zu stark angebraten waren und der Speck zäh wie Gummi war. Es war noch ein weiter Weg zur Perfektion. Aber das würde sich schon ändern, wenn der neue Herd in zwei Tagen geliefert würde.
Immerhin wusste sie nun, dass sie Frühstück für sechs Personen zubereiten musste – Zane, seinen Vater, die beiden kleinen Satansbraten und zwei fest angestellte Arbeiter. Im Moment hatten sie noch zwei Aushilfskräfte – Teenager, die den Sommer über hier arbeiteten. Aber Buck hatte ihr erzählt, dass die beiden zu Hause frühstückten und nur mittags mitaßen.
“Im Frühling und im Herbst ist hier am meisten los”, hatte Buck weiter erklärt. “Gerade sind wir mit den Brandzeichen und der Impfung fertig geworden. Ich schätze, Murph und Earl werden Sie schon kennengelernt haben.” Er sprach die beiden Namen so aus, als ob sie einer wären. “Diese Hundesöhne haben hier schon gearbeitet, als Zane noch ein kleiner Grashüpfer war.”
Die beiden Rancharbeiter standen schüchtern herum, nestelten an den Krempen ihrer Hüte und traten nervös von einem Bein auf das andere.
“Kommt schon und redet mit ihr, Jungs. Sie beißt nicht.”
Schließlich riss Buck der Geduldsfaden, und er stellte die beiden selbst vor. “Der Große ohne Fleisch auf den Knochen ist Murph und der mit dem dümmlichen Grinsen ist Earl.”
Earl war kleiner und stämmig gebaut. Ihre Gesichter waren wettergegerbt, was ihnen eine besondere Persönlichkeit gab. Tracy befürchtete, dass man dies von ihr nicht sagen konnte. Doch die Schüchternheit der beiden nahm sie für sie ein.
Sie lächelte ihnen zu. “Schön, euch kennenzulernen. Tut mir leid, dass das Frühstück heute Morgen etwas misslungen ist, aber ich kämpfe noch mit diesem altertümlichen Ungeheuer.”
“Sie meinen, Sie haben Ärger mit Buck?”, fragte Murph.
Tracy hätte fast laut aufgelacht. “Ich meine den Herd, doch nicht Buck.”
“Ich mag zwar altertümlich sein, aber ich bin kein Ungeheuer”, brummte Buck. “Ihr beiden Nichtsnutze solltet jetzt lieber arbeiten, anstatt Maulaffen feilzuhalten. Das hier ist doch keine Ranch für Touristen.”
“Hier hält sich jeder für besonders komisch”, fügte Buck hinzu, nachdem die beiden gegangen waren. “Dabei kommt niemand mehr an den Humor von Cockeyed Curly heran. Der hatte was drauf. Er hat Gedichte geschrieben. Heute schreiben ja viele Cowboys Gedichte, aber in der damaligen Zeit war Cockeyed Curly so was wie eine Berühmtheit. Allein schon wegen all der Banken und Züge, die er
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