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Diesseits Des Mondes

Diesseits Des Mondes

Titel: Diesseits Des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asta Scheib
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Zeiten/Meine Schwester oder meine Frau . . .«
    Nach dem Frühstück fuhren sie hinunter nach Arma di Taggia, dem Ort, von dem Sharon gestern den Juwelierladen gesehen hatte, und sonst nur Alexander. Auch heute sah sie lieber Alexander an als Arma, das am Anfang der Ebene lag, die sich nach Norden verengte. Hier lag Taggia, beides ein Sammelsurium von hässlichen Wohnhäusern, Apartmentblocks, Campingplätzen. Hier und da ein Nelkenfeld, betongerahmt, Schrottplätze, Autowerkstätten. Doch Sharon fühlte sich frei und sicher an diesen Orten, an denen niemand sie kannte, wo es kein Number Six gab. Sharon konnte jetzt ihrer Angst schon einen Namen geben, sie wusste, was wie ein Schatten hinter ihr herlief, wohin sie auch ging. Sie hatte Alexander nicht erzählt, dass sie im Number Six tanzte, Alexander wusste nur, was Sharon auch Wahrheit werden lassen wollte; dass sie auf einen Studienplatz wartete und im Übrigen meistens in Waldkraiburg auf dem Flughafen sei und dort aushilfsweise jobbe, Flugschüler im Zusammenlegen von Fallschirmen unterweise, was sie in der Armee gründlich gelernt habe. Das alles stimmte, Sharon war häufig draußen im Club, sie hatte ihre Lizenz, sie durfte dort springen, sie durfte auch aushilfsweise Schüler trainieren. Die Leute am Flughafen mochten Sharon, sie sprang mit beim Formationsspringen. Es hatte schon alles seine Richtigkeit, nur verdiente Sharon kein Geld im Club. Sie hatte anfangs ihre Sprünge bezahlen müssen wie jeder andere. Seitdem sie aushilfsweise mitarbeitete, konnte sie frei springen, verdiente aber kein Geld.
    Sharon musste eine andere Arbeit suchen, sofort,wenn sie wieder in München war. Sie musste Geld verdienen und sich um einen Studienplatz bemühen. Auf diesen Gedanken konzentrierte sich Sharon, sie wollte an nichts anderes denken. Sie wollte Alexander nicht belügen, aber noch weniger konnte sie ihm sagen, dass sie abends in einer Bar tanzte. Dass sie nur für sich selber tanzte, dass sie von den Männern keinen Applaus wollte, sondern Geld.
    Seit Sharon Alexander liebte, wurde ihr klar, dass niemand für sich allein tanzen kann. Niemand, der sich bezahlen lässt, tanzt für sich allein.
    Sharon glaubte, jede Pore an ihrer Haut zu spüren, Angstschweiß brach ihr aus. Als sie Alexander ansah, der, wie er sagte, am liebsten die ganze Welt küssen würde, als sie seine Sorglosigkeit, sein Vertrauen sah, wusste sie, dass sie es niemals zerstören würde. Alexander durfte durch ihren Leichtsinn, der ihr jetzt frivol schien, nicht verletzt werden. Sharon war wieder das Kind, das die Augen schloss, um nicht gesehen zu werden.
    Sie waren inzwischen auf dem Flohmarkt in Taggia angekommen. Alexander kaufte für Sharon zwei Kerzenleuchter, es waren zwei Putten, die in ihren hocherhobenen Händen die Kerzen hielten. Für dich, sagte Alexander, für unsere Wohnung. Sharon umarmte ihn, klammerte sich fest an seine Schultern. Wie konnte sie ihn, wie konnte sie sich und ihn beschützen?
     
    Am Sonntag musste sie zurück. Alexander hatte sich gewünscht, dass Sharon bleiben könne, bis auch er wieder nach München zurückfuhr. Das würde noch ungefähr zwei Wochen dauern, bis die Weinlese vorbei war. Doch Sharon durfte nicht länger bleiben, siehatte Felngruber versprochen, zum Wochenanfang zurück zu sein. Anschi und Marion waren in Urlaub, Meggie hatte sich den Knöchel verstaucht.
    Wie konnte Sharon jetzt noch tanzen? So rasch konnte kein Ersatz eingearbeitet werden. Sharon musste zurück, auch wenn sie Felngruber sagen würde, dass sie künftig nicht mehr bei ihm arbeiten könne. Dietl. Sie musste mit Dietl reden. Er war immer respektvoll und freundlich zu Sharon. Vielleicht würde er sie verstehen, vielleicht wusste er sogar einen Job für sie?
     
    In der Nacht vor Sharons Abreise schliefen sie nicht. Oder sie meinten wenigstens beide, keine Minute geschlafen zu haben. Trotzdem hätten sie um ein Haar den Zug nach München verpasst. Sharon konnte nur rasch hineinspringen, sie hatte keine Karte, auch keine Platzkarte. Ihr war es nur recht so, die Hetzerei ins Tal, das Rennen zum Zug. So konnte sie ihrer Angst wegrennen, ihrem Schmerz, sich von Alexander zu trennen, ihrer Sehnsucht nach ihm, die schon beim Verlassen des Hauses wild und unbändig in Sharon wuchs. Sharon wollte nicht in den Zug, sie wollte nicht nach München, sie wollte nicht ins Number Six. Sie wollte nur Alexander. Er war ruhig, zuversichtlich, er hatte auch schließlich nichts zu verbergen – im

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