Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Diesseits vom Paradies

Diesseits vom Paradies

Titel: Diesseits vom Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
Vom Netzwerk:
überflutete ihn ein tiefes Freudengefühl…
    »Herr im Himmel! Schaut euch das an!«, rief er.
    »Was?«
    »Schnell, lasst mich raus – seit acht Jahren habe ich es nicht mehr gesehen! Oh, edle Herren, ich flehe euch an, haltet an!«
    »Was für ein verrücktes Kind!«, bemerkte Alec.
    »Ich glaube auch, dass er ein bisschen exzentrisch ist.«
    Ihm zu Gefallen wurde der Wagen am Straßenrand abgestellt, und Amory rannte zur Strandpromenade. Zuerst [115] bemerkte er, dass das Meer blau war und dass es Unmengen davon gab und dass es toste und toste – all die Banalitäten übers Meer, die man sich vorstellen kann –, doch wenn ihm jemand gesagt hätte, dass es sich um Banalitäten handelte, hätte er ihn verwundert angestarrt.
    »So, und jetzt gehen wir was essen«, befahl Kerry, der mit den anderen daherkam. »Komm, Amory, reiß dich los und kehr ins praktische Leben zurück.«
    »Wir probieren erst mal das beste Hotel aus«, fuhr er fort, »und dann das nächstbeste und so weiter.«
    Sie schlenderten die Promenade entlang zum imposantesten Hotel weit und breit, betraten das Restaurant und setzten sich an einen Tisch.
    »Acht Bronx-Cocktails«, bestellte Alec, »und ein Clubsandwich und Pommes frites. Nur eine Portion. Die lassen wir umgehen.«
    Amory aß nur wenig; von seinem Stuhl aus konnte er das Meer sehen und die Brandung fühlen. Nach dem Lunch blieben sie sitzen und rauchten in aller Ruhe.
    »Was sagt die Rechnung?«
    Irgendwer warf einen Blick darauf.
    »Acht fünfundzwanzig.«
    »Übler Wucher. Wir geben ihnen zwei Dollar und einen für den Kellner. Kerry, sammle das Kleingeld ein.«
    Der Kellner kam, und Kerry überreichte ihm feierlich einen Dollar, warf zwei Dollar auf die Rechnung und wandte sich zum Gehen. Sie schlenderten lässig zum Ausgang, wurden aber im nächsten Moment von dem misstrauischen Ganymed eingeholt.
    »Ein kleines Missverständnis, Sir.«
    [116] Kerry nahm die Rechnung und prüfte sie kritisch.
    »Keineswegs!«, sagte er, schüttelte würdevoll den Kopf, zerriss die Rechnung in vier Stücke und überreichte die Fetzen dem Kellner, der so verblüfft war, dass er völlig fassungslos dastand und glotzte, während sie hinausgingen.
    »Wird er uns nicht jemanden hinterherschicken?«
    »Nein«, sagte Kerry, »einen Moment wird er denken, wir wären die Söhne des Besitzers oder so was; dann wird er noch mal auf die Rechnung schauen und den Geschäftsführer rufen, und bis dahin…«
    Sie ließen den Wagen in Asbury stehen und fuhren mit der Straßenbahn nach Allenhurst, wo sie die dichtgedrängten Häuschen auf ihre Schönheit untersuchten. Um vier Uhr nahmen sie in einem Schnellimbiss Erfrischungen zu sich, und diesmal bezahlten sie einen noch geringeren Anteil der Gesamtrechnung; etwas an ihrer Erscheinung und ihrem Savoir-faire machte ihren Auftritt so überzeugend, dass sie ungehindert davonkamen.
    »Da siehst du’s, Amory, wir sind marxistische Sozialisten«, erklärte Kerry. »Wir glauben nicht an Eigentum und machen hier die Probe aufs Exempel.«
    »Die Nacht rückt heran«, bemerkte Amory.
    »Warte und vertrau auf Holiday.«
    Um halb sechs waren sie bester Stimmung, bummelten in einer Reihe untergehakt die Promenade auf und ab und sangen ein monotones Liedchen über die traurigen Meereswogen. Dann entdeckte Kerry ein Gesicht in der Menge, das seine Aufmerksamkeit erregte, er raste fort und kam im nächsten Moment mit einem der reizlosesten Mädchen zurück, das Amory jemals gesehen hatte. Ihr blasser Mund [117] reichte von einem Ohr zum anderen, sie hatte ein ausgeprägtes Pferdegebiss und kleine, fürchterlich schielende Augen, aus denen sie einschmeichelnd über ihre seitwärts gebogene Nase hinwegblinzelte. Förmlich stellte Kerry sie einander vor.
    »Dies ist Kaluka, Königin von Hawaii! Darf ich Ihnen die Herren Connage, Sloane, Humbird, Ferrenby und Blaine vorstellen.«
    Das Mädchen machte rundum Knickse. Armes Geschöpf; Amory vermutete, dass ihr bisher niemand auch nur die geringste Beachtung geschenkt hatte – möglicherweise war sie nicht ganz richtig im Kopf. Was sie von sich gab, während sie neben ihnen herlief (Kerry hatte sie zum Abendessen eingeladen), war nicht dazu angetan, diese Vermutung zu entkräften.
    »Sie isst am liebsten ihre einheimischen Gerichte«, sagte Alec mit gesetzter Stimme zum Kellner, »aber Hausmannskost tut’s auch.«
    Während des ganzen Abendessens sprach er in höchst respektvollem Ton mit ihr, während Kerry, der an ihrer anderen

Weitere Kostenlose Bücher