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Diesseits vom Paradies

Diesseits vom Paradies

Titel: Diesseits vom Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Sloane als Schlusslicht spielte den Unwissenden und leugnete jede Verantwortung, sobald die anderen sich drinnen verteilt hatten; als daraufhin der Kartenabreißer wütend hineinstürzte, folgte er ihm ganz ungeniert.
    Später fanden sich alle wieder vor dem Casino ein und trafen Vorbereitungen für die Nacht. Auf Kerrys Betreiben erlaubte ihnen der Wachmann, auf der Terrasse zu schlafen, und nachdem sie aus den Strandbuden einen Riesenstapel grober Decken zusammengetragen hatten, die ihnen als Matratzen und Zudecken dienen sollten, redeten sie noch bis Mitternacht und fielen dann in traumlosen Schlaf, obwohl Amory sich nach Kräften bemühte, wach zu bleiben und den herrlichen Mond zu betrachten, der sich auf dem Wasser spiegelte.
    So ging es weiter, zwei fröhliche Tage lang, mit [121] Straßenbahn oder Auto die Küste hinauf und hinunter oder auf Schusters Rappen die belebte Strandpromenade entlang; manchmal speisten sie mit den Reichen, häufiger aber nahmen sie ihr frugales Abendmahl auf Kosten eines nichtsahnenden Restaurantbesitzers ein. In einem Schnellfoto-Geschäft ließen sie sich in acht verschiedenen Posen fotografieren. Kerry bestand darauf, sie zuerst als »Universitätsauswahlmannschaft« zu gruppieren und dann als verwegene Gang aus der East Side, die Mäntel verkehrt herum angezogen, er selbst in der Mitte auf einem Pappmond sitzend. Die Bilder sind vermutlich noch im Besitz des Fotografen – jedenfalls wurden sie nie abgeholt. Das Wetter war phantastisch, wieder schliefen sie draußen, und wieder sank Amory unfreiwillig in den Schlaf.
    Der Sonntag brach an, unerschütterlich und anständig, und selbst das Meer schien zu murmeln und zu klagen; so kehrten sie auf den Fords über Land fahrender Farmer nach Princeton zurück und bekamen einen gehörigen Schnupfen, trugen jedoch keine weiteren Schäden von dem Ausflug davon.
    Stärker noch als im Vorjahr vernachlässigte Amory seine Studien, nicht absichtlich, sondern mehr aus Faulheit und weil er zu viele andere Interessen hatte. Analytische Geometrie und die melancholischen Hexameter von Corneille und Racine konnten ihn kaum begeistern, und selbst Psychologie, worauf er sehr gespannt gewesen war, entpuppte sich als stupides Fach, in dem Muskelreaktionen und biologische Begriffe weit wichtiger waren als die Erforschung der Persönlichkeit und ihrer Beeinflussung. Es war ein Mittagskurs, und er nickte regelmäßig dabei ein. Da er [122] herausgefunden hatte, dass »subjektiv und objektiv, Sir« fast immer die richtige Antwort war, brachte er diese Phrase bei jeder Gelegenheit an, und die ganze Klasse freute sich, wenn eine Frage an ihn gerichtet wurde und er, durch einen Rippenstoß von Ferrenby oder Sloane geweckt, verschlafen seine Antwort murmelte.
    Sie unternahmen jede Menge Ausflüge – nach Orange oder an die Küste, seltener nach New York und Philadelphia; eines Abends allerdings geleiteten sie feierlich vierzehn Kellnerinnen aus dem Child’s hinaus und spendierten ihnen eine Fahrt die Fifth Avenue hinunter – im Oberstock eines Autobusses. Sie schwänzten alle mehr Veranstaltungen als erlaubt, was ihnen einen zusätzlichen Kurs im nächsten Jahr einbrachte, doch war der Frühling einfach zu kostbar, um sich bei vergnügten Streifzügen von irgendetwas stören zu lassen. Im Mai wurde Amory in das Ballkomitee der Sophomores gewählt, und nach einer langen nächtlichen Diskussion stellten Alec und er eine vorläufige Liste möglicher Kandidaten ihres Semesters für den senior council auf und rechneten sich selbst die sichersten Chancen aus. Der senior council sollte aus den achtzehn wichtigsten Vertretern des Senior-Jahrgangs bestehen, und angesichts Alecs Position als Leiter des Footballteams und Amorys Chance, Burne Holiday im Kampf um den Vorsitz des Princetonian knapp zu besiegen, schien ihre Annahme mehr als berechtigt. Seltsamerweise stellten sie beide D’Invilliers als mögliche Kandidaten auf, was ein Jahr zuvor nur Kopfschütteln in der Klasse hervorgerufen hätte.
    Den ganzen Frühling hindurch führte Amory, wenn auch mit Unterbrechungen, einen Briefwechsel mit Isabelle [123] Borgé, in dem sie sich gelegentlich heftig zankten und der hauptsächlich von seinen Bemühungen lebte, neue Worte für Liebe zu finden. Isabelle erwies sich in ihren Briefen als allzu besonnen und unsentimental, doch hoffte er wider alle Vernunft, dass sie sich nicht als zu exotisches Gewächs entpuppte, damit sie die lange Wartezeit des Frühlings ebenso

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