Diesseits vom Paradies
bereits schwer, sich den der Liebe beraubten Jungen vorzustellen, der aus dem Bus gestiegen war und sich leidenschaftlich nach dem Abenteuer des Lebens gesehnt hatte. Eines Nachts, als die Hitze überwältigend und kraftzehrend durch die Fenster in sein Zimmer strömte, mühte er sich mehrere Stunden mit dem hoffnungslosen Unterfangen ab, den heftigen Empfindungen jener Zeit unsterbliche Form zu verleihen.
Die Februarstraßen, vom Wind sauber gefegt in der Nacht, von seltsam halbzerrissenen Dunstschleiern durchweht, tragen auf ödem Pfad glänzend, so weit das Auge reicht, nassen Schnee, in den Pfützen schimmernd unter der Laterne, wie goldenes Öl aus einem göttlichen Wagen, in einer Stunde des Taus und der Sterne.
Seltsame Dunstschleier – erfüllt von den Augen vieler Menschen, bevölkert mit Leben, in einer Windstille hereingetragen… Oh, ich war jung, denn ich konnte mich wieder zu dir wenden, du Endlichste und Schönste, und den Stoff kaum erinnerter Träume schmecken, süß und neu von deinem Mund.
Ein schriller Ton durchzuckte die mitternächtliche Luft, die Stille war dahin, der Klang noch nicht erwacht – das Leben brach wie Eis! – ein heller Ton, und dort, strahlend und bleich, standest du… und der Frühling war angebrochen. [317] (Die Eiszapfen schrumpften auf den Dächern, und dem Wechselbalg, der Stadt, schwanden die Sinne.)
Unsere Gedanken waren frostige Nebelschwaden an den Traufen; unsere Geister küssten sich, hoch oben auf den langen, verworrenen Drähten – unheimliches Gelächter hallt hier wider und lässt nur einen fruchtlosen Seufzer nach jugendlichen Sehnsüchten zurück: Die Trauer ist dem gefolgt, was sie liebte, und hat eine große Leere hinterlassen.
Noch ein Ende
Mitte August kam ein Brief von Monsignore Darcy, der offenbar gerade erst seine Adresse wiedergefunden hatte:
Mein lieber Junge,
Dein letzter Brief hat mich nicht wenig in Unruhe versetzt.
Er klang ganz und gar nicht nach Dir. Aus dem, was ich zwischen den Zeilen lese, kann ich mir denken, dass Deine Verbindung mit diesem Mädchen Dich recht unglücklich macht, und ich ersehe daraus, dass Du alles romantische Gefühl, das Du vor dem Krieg besaßest, verloren hast. Du bist sehr im Irrtum, wenn Du glaubst, romantisch sein zu können ohne Religion. Manchmal meine ich, dass für uns beide das Geheimnis des Erfolges, wenn wir es herausfinden, auf dem mystischen Element in uns beruht: Etwas strömt in uns hinein und erweitert unsere Persönlichkeit, und wenn es verebbt, schrumpft unsere Persönlichkeit ein; Deine letzten beiden Briefe [318] würde ich als ziemlich eingeschrumpft bezeichnen. Hüte Dich davor, Dich in einer anderen Person, ob Mann oder Frau, zu verlieren.
Seine Eminenz Kardinal O’Neill und der Bischof von Boston sind zurzeit bei mir zu Gast, daher finde ich kaum Zeit zum Schreiben, aber ich hoffe sehr, dass Du mich danach zumindest für ein Wochenende besuchen kommst. Diese Woche fahre ich nach Washington.
Was mir die Zukunft beschert, hängt noch in der Schwebe. Ganz unter uns, es sollte mich nicht überraschen, innerhalb der nächsten acht Monate den roten Kardinalshut sich auf mein unwürdiges Haupt senken zu sehen. Auf jeden Fall hätte ich gern ein Haus in New York oder Washington, wo Du an Wochenenden einfach vorbeikommen könntest.
Amory, ich bin sehr froh, dass wir beide noch am Leben sind; dieser Krieg hätte durchaus das Ende einer glänzenden Familie bedeuten können. Doch was die Ehe betrifft, bist Du jetzt in Deinem gefährlichsten Lebensabschnitt. Vielleicht heiratest Du überstürzt und wirst es lange bereuen, aber ich schätze Dich anders ein. Nach dem, was Du mir über den katastrophalen Stand Deiner Finanzen schreibst, ist das, was Du möchtest, ohnehin ausgeschlossen. Jedoch wage ich zu behaupten, dass es wohl – soweit ich Dich kenne – innerhalb des nächsten Jahres so etwas wie eine Gefühlskrise geben wird.
Schreib mir bitte. Es beunruhigt mich, dass ich ohne jede Nachricht von Dir bin.
Mit großer Zuneigung
Thayer Darcy
[319] Innerhalb einer Woche nach Erhalt dieses Briefes brach ihr kleiner Haushalt jäh auseinander. Unmittelbarer Anlass war eine ernste und vermutlich chronische Erkrankung von Toms Mutter. So lagerten sie die Möbel ein, ließen das Apartment untervermieten und drückten sich in der Pennsylvania Station wehmütig die Hand. Amory und Tom schienen immerfort Abschied voneinander zu nehmen.
Da Amory sich sehr allein fühlte, gab er einem Impuls nach
Weitere Kostenlose Bücher