Dietz, William C. - Mass Effect 4 - Blendwerk
drückte. Die Tür öffnete sich, und Leng hörte einen fernen Schrei. Er wusste, dass sie entdeckt worden waren. Dem Alarm folgte eine Salve aus einem Gewehr, die wie ein Schwärm wütender Bienen klang, der an seinem Kopf vorbeizischte.
„Los!“, rief Kim. „Komm schon!“
Leng folgte der Biotikerin, die zur nächsten Tür rannte und mit der Faust auf den Schalter schlug. Die zweite Tür öffnete sich rumpelnd, und sie sahen sich zwei Wachen gegenüber, die sie überrascht anschauten. Kim schlug die eine nieder, und Leng kümmerte sich mit einem rechten Haken um die zweite. Seine Faust traf den Mann am Kinn, der Biotiker ging zu Boden, und seine Maschinenpistole entglitt seinen Händen. Leng schnappte sie sich und hastete Kim hinterher, die bereits über die Straße rannte. Eine Hupe ertönte, und ein Auto kam quietschend zum Stehen. Leng hechtete um den Wagen herum. Eine der Wachen brüllte etwas Unverständliches und nahm ihre Verfolgung auf.
Als Leng und Kim die Siedlung erreichten und eine lange schmale, mit Unrat übersäte Straße entlangrannten, blickten die Einwohner interessiert auf. Eine Promenadenmischung verfolgte die beiden. Der Hund versuchte, Kim am Fuß zu fassen, doch die Biotikerin richtete kurzerhand ihre Pistole auf das Tier und drückte ab. Ihr vierbeiniger Verfolger strauchelte, überschlug sich einmal und blieb tot zwischen all dem Unrat liegen.
Lengs Bein hatte wieder zu schmerzen begonnen. Die Schusswunde, die er auf der Grissom-Akademie erlitten hatte, war fast verheilt, doch sobald er schneller laufen musste, machte ihm die alte Verletzung zu schaffen. Er hatte keine andere Wahl und musste die Zähne zusammenbeißen und versuchen, den Schmerz zu ignorieren.
„Hier lang“, rief Kim und bog in eine Gasse ein, die man kaum noch als solche bezeichnen konnte. Leng hörte einen lauten Knall, sah die Erde nahe Kims Füßen aufspritzen und wusste sofort, dass einer der Bewohner auf sie geschossen hatte. Wegen des Hundes? Um sie auszurauben? Er wusste es nicht. Kurz darauf verbargen sie sich zwischen zwei Hütten, um eine Pause einzulegen.
Nach wenigen Sekunden wurde ihnen jedoch klar, dass sie keine Zeit hatten, sich etwas zu erholen, denn laute Rufe waren zu hören, und einige ihrer Verfolger tauchten bereits auf. Es war unmöglich zu wissen, wie viele es waren, ohne um die Ecke zu schauen und einen Kopfschuss zu riskieren. „Wir wissen, dass ihr hier seid!“, rief eine männliche Stimme. „Legt eure Waffen nieder und kommt mit erhobenen Händen heraus.“
Leng war überrascht und blickte Kim an. „Sie wollen uns lebend. Warum?“
„Sie wollen dich lebend“, antwortete sie. „Die Anführer des Untergrunds haben dem Unbekannten gesagt, er könne dich für zehn Millionen Credits zurückbekommen. Er bot ihnen fünf, und vor einem Tag haben sie sich auf siebeneinhalb Millionen geeinigt.“
Kurzzeitig erfüllte eine tiefe Befriedigung den Agenten. Es mochte töricht sein, aber es tat gut zu wissen, dass der Unbekannte nicht auf ihn verzichten wollte. „Erst der Banküberfall, jetzt das … Was wollen die Biotiker mit all dem Geld anfangen?“
„Es geht nicht um das Geld“, antwortete Kim.
„Das ist eure letzte Chance!“, rief die männliche Stimme. „Kommt sofort raus.“
„Nicht um Geld?“, fragte Leng, während er seine Maschinenpistole überprüfte. „Wenn es ihnen nicht um Geld geht, worum dann?“
„Um den Unbekannten“, antwortete Kim. „Sie wollen ihn herlocken, töten und Cerberus vernichten. Das war Gillian Graysons Idee.“
Leng dachte über Kims Worte nach, als er ein Geräusch hörte. Etwas war auf dem metallenen Dach des Gebäudes zu seiner Rechten gelandet und verursachte nun ein lautes Poltern. Er packte Kim und zerrte sie zurück. „Granate!“
Es war tatsächlich eine Granate, eine Blendgranate, wie Leng und Kim feststellten, als sie über die Dachkante rollte und auf dem Weg zum Boden hochging. Ein gleißendes Licht erhellte die Gasse, und die mit der Detonation einhergehende Erschütterung ließ die dünnen Wände der Hütten auf beiden Seiten heftig erbeben. Die Biotiker hatten beabsichtigt, Kim und Leng zu blenden und sie anschließend zu überwältigen. Leng hatte das jedoch vorausgesehen und seine Augen rechtzeitig geschlossen.
Als er sie nun wieder öffnete, sah er, wie einer ihrer Verfolger in die Gasse trat. Statt mit seinem Sturmgewehr das Feuer auf Kim und Leng zu eröffnen, hatte er sich seine Waffe über die Schulter geworfen und
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