Dietz, William C. - Mass Effect 4 - Blendwerk
Sie hatten länger gebraucht, als sie angenommen hatten, da es auf Omega keine Straßennamen und keine Hausnummern gab. Zudem waren einige Straßen auf ihrem Weg blockiert gewesen, und andere hatten sich als Sackgassen entpuppt.
Nachdem sie nun endlich ihr Ziel erreicht hatten, ersuchte Hendel eine Wache um die Erlaubnis, das Gebäude zu betreten. Die Quarianerin hörte sich sein Anliegen an und beschloss, die Anfrage nicht über Funk weiterzuleiten, sondern persönlich die erforderlichen Anweisungen einzuholen. Hendel wertete dieses Verhalten als sicheres Zeichen dafür, dass die Wache verhindern wollte, dass er das Ende des Gesprächs mit anhörte. Fünf Minuten später stand die Quarianerin wieder vor ihm. Ihre Stimme klang vollkommen neutral. „Folge mir bitte.“
„Dürfen mich meine Freunde begleiten?“
„Ja.“
Hendel, Anderson und Kahlee folgten der schlanken Frau in das schwach erleuchtete Gebäude und in ein schmuckloses Büro, wo sich ein zweiter Quartaner erhob und sie begrüßte. „Willkommen“, sagte er. „Ich bin Tar Vas Sootha und leite das Lagerhaus. Ich weiß, dass ihr einige Fragen Gillian Nar Idenna betreffend habt. Bitte setzt euch.“
Hendel hatte der Wache bereits seinen Namen genannt, stellte sich und seine Begleiter nun jedoch noch einmal vor.
„Du bist in unseren Aufzeichnungen als Hendel Vas Idenna vermerkt und wirst als geschätztes Mitglied der Idenna geführt. Wenn dem nicht so wäre, hätte ich dich nicht vorgelassen.“
„Danke“, sagte Hendel freundlich. „Wie ich der Wache bereits sagte, suchen wir Gillian Nar Idenna. Sie kam allein nach Omega und hat hier vielleicht Zuflucht gesucht.“
„Das stimmt“, antwortete Tar ernst. „Wir waren froh, Gillian hier bei uns zu haben, bis sie in das Afterlife ging und sich einen Kampf mit Ana T’Loaks Leibwächtern lieferte. Weißt du davon?“
„Ja“, sagte Hendel nüchtern. „Wir haben davon erfahren.“
„Dann ist euch wohl auch bekannt, dass Gillian mehrere Leute tötete, aus dem Nachtclub flüchtete und T’Loak zehntausend Credits auf ihren Kopf ausgesetzt hat.“
„Das ist sehr bedauerlich“, meinte Hendel. „Ich kenne das Mädchen. Wenn sie jemanden getötet hat, geschah das zur Selbstverteidigung. Ist sie hier? Wir würden gern mit ihr reden.“
„Nein“, antwortete Tar. „Das ist sie nicht. Du bist der Meinung, dass sie so gehandelt hat, um sich zu verteidigen, und Gillian behauptet dasselbe. Aber was sollte sie auch sonst sagen? T’Loaks Sprecher sagte ausdrücklich, dass sie nicht zu dem Angriff provoziert wurde. Wir können nicht beurteilen, wer recht hat. Da du unter uns gelebt und mit uns zusammengearbeitet hast, weißt du, dass es viele Leute gibt, die unser Volk verachten. Das macht unsere Anwesenheit hier auf Omega gefährlich. Deshalb sahen wir uns gezwungen, Gillian fortzuschicken.“
Hendel sprang aus seinem Stuhl auf, zog seine Pistole und zielte auf Tars Kopf. „Du verdammter Bastard. Du wusstest, dass ein Preis auf Gillians Kopf ausgesetzt ist, und hast sie dennoch auf die Straße gesetzt. Nicht, weil sie dir etwas getan hat, sondern um dich bei T’Loak und ihrem Abschaum einzuschleimen. Ich sollte deinen verdammten Kopf einfach wegpusten.“
„Hendel“, sagte Kahlee, die sich nun ebenfalls erhob. „Bitte steck die Waffe weg. Ihn zu töten löst unser Problem nicht. Bitte! Was geschehen ist, ist geschehen. Wir werden sie finden.“
Widerstrebend ließ Hendel zu, dass Kahlee seinen Waffenarm herunterdrückte. Das war für alle Beteiligten das Beste, denn zwei schwer bewaffnete Quartaner waren herbeigeeilt. Wie sie gerufen worden waren, konnten sich weder Hendel noch Kahlee noch Anderson erklären. „Du solltest hoffen, dass Gillian überlebt“, zischte Hendel, während er die Pistole wieder einsteckte. „Wenn sie nicht überlebt, werde ich wiederkommen und dich erschießen.“
„Zeig ihnen den Weg nach draußen“, sagte Tar vollkommen unbeeindruckt zu einer der beiden Wachen. „Und informier das Wachpersonal. Wenn eine dieser Personen noch einmal hier auftaucht, erschießt sie.“ Das Treffen war beendet.
♦ ♦ ♦
Das Afterlife füllte sich zusehends. T’Loak war in schlechter Stimmung. Etliche Fragen zu dem Banküberfall und dem Kampf am Abend zuvor hatten noch geklärt werden müssen. Das hatte Zeit und Energie gekostet, die sie lieber in andere Dinge investiert hätte. Solcherlei Überlegungen gingen ihr durch den Kopf, als Immo in die Loge trat, die
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