Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)

Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)

Titel: Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Spitzer
Vom Netzwerk:
allerdings umdenken. Sie werden zwar nicht von Kindern und Jugendlichen gewählt, dürfen sich aber ihrer Verantwortung für die nächste Generation im Hinblick auf deren Bildung ebenso wenig entziehen wie hinsichtlich ihrer sozialen Absicherung. »Die Zukunft sinn- und verantwortungsvoll gestalten« – davon reden alle. Nehmen wir sie beim Wort!

14. Was tun?
    Digitale Medien sind Teil unserer Kultur. Sie erhöhen unsere Produktivität, erleichtern das Leben und sind ein großer Unterhaltungsfaktor. Unsere moderne Welt, von der Versorgung mit Nahrungsmitteln über Mobilität und Verwaltung bis zur Medizin, würde ohne digitale Informationsverarbeitung zusammenbrechen. Es kann also nicht darum gehen, sie zu bekämpfen oder sie gar abzuschaffen. Aber wir wissen auch: Digitale Medien haben ein hohes Suchtpotenzial und schaden langfristig dem Körper (Stress, Schlaflosigkeit, Übergewicht – mit allen Folgeerscheinungen) und vor allem dem Geist. Das Gehirn schrumpft, weil es nicht mehr ausgelastet ist, der Stress zerstört Nervenzellen, und nachwachsende Zellen überleben nicht, weil sie nicht gebraucht werden. Die digitale Demenz zeichnet sich im Wesentlichen durch die zunehmende Unfähigkeit aus, die geistigen Leistungen in vollem Umfang zu nutzen und zu kontrollieren, d.h. zu denken, zu wollen, zu handeln – im Wissen, was gerade passiert, wo man ist und letztendlich sogar wer man ist. Ein Teufelskreis aus Kontrollverlust, fortschreitendem geistigem und körperlichem Verfall, sozialem Abstieg, Vereinsamung, Stress und Depression setzt ein; er schränkt die Lebensqualität ein und führt zu einem um einige Jahre früheren Tod.

Vom Umgang mit anderen Gefahren lernen
    Wenn wir uns fragen, was wir angesichts dieses Sachstands tun können oder sollen, sollten wir uns daran orientieren, wie wir mit ähnlichen Problemen umgehen. Alkohol macht süchtig, schadet Körper und Geist, führt zu sozialem Abstieg, Vereinsamung, Depression und vorzeitigem Tod. Zugleich ist er Teil unserer Kultur und wird von vielen Menschen genossen. Wie gehen wir damit um? Wir sehen die Gefahren und besteuern Alkohol, um gerade jungen Menschen und sozialen Randgruppen den Zugang zu erschweren. Denn wir wissen, dass gerade in der Kindheit und Jugend die Grundlagen für Suchtverhalten gelegt werden und dass regelmäßiger hoher Alkoholkonsum schnell zum Absturz führt.
    Je früher der Alkoholkonsum beginnt, desto rascher entwickelt sich eine Sucht. Vor einigen Jahren wurden deswegen die sogenannten Alkopops durch entsprechende Steuern künstlich verteuert. Diese Maßnahme hatte nicht nur in Deutschland Erfolg. Sie funktionierte überall. Bei Zigaretten verhält es sich genauso: Sie zu verteuern reduziert die Zahl der durch Lungenkrebs verursachten Toten in der Bevölkerung.
    Entsprechend zeigen Studien immer wieder, dass auch bei den neuen Medien eine Beschränkung der Dosis die einzige Maßnahme ist, die die von ihnen ausgehenden Gefahren nachweislich mindert. Nachgewiesen ist auch, was nicht funktioniert: Aufklärung und gute Ratschläge. Wir können auf Zigarettenpackungen schreiben, dass Rauchen tödlich ist – und kaum ein Raucher stört sich daran. Wir wissen aufgrund einer größeren Anzahl guter Studien mit Tausenden von Probanden, dass Aufklärungskampagnen, die an die Vernunft appellieren und Wissen vermitteln, nichts bringen. In einer im Fachblatt Nature publizierten Übersicht heißt es: »[…] die Daten zeigen, dass schulbasierte Interventionen, die Kinder über Auswirkungen von Ernährung und Sport aufklären, so gut wie keinen Effekt haben.« [367]   Wenn Aufklärung über die Gefahren von Tabak, Alkohol und illegalen Drogen oder die positiven Auswirkungen von Sport und guter Ernährung nachweislich keinen Effekt haben, woher soll man dann den Optimismus nehmen zu behaupten, dies sei bei den digitalen Medien anders? Gebetsmühlenartig wird jedoch behauptet, dass Aufklärung und gute Ratschläge genau das richtige Mittel seien, um den Problemen der Mediennutzung zu begegnen. Was wir bräuchten – hören wir immer wieder –, seien der Internetführerschein und mehr Medienkompetenz.

Internetführerschein?
    Zweifelsohne ist Deutschland die Autonation weltweit: Jeder siebte Arbeitsplatz hängt direkt oder indirekt vom Auto ab – ohne Auto geht nichts. Wer nicht Auto fahren kann, ist minderqualifiziert. Dann wäre es doch im Grunde nur folgerichtig, den Führerschein in der Schule zu machen, oder? In den USA, wo ohne Auto

Weitere Kostenlose Bücher