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Dihati Qo – Die, die sind

Dihati Qo – Die, die sind

Titel: Dihati Qo – Die, die sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Maximilian Spurk
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Reißzähnen in gewaltigen Kiefern. Ihre Augen leuchteten rot im Dunkeln. Bizarre Gestalten schlurften an ihnen vorbei. Einmal hatte Norak Mühe, nicht laut aufzuschreien.
    Tobin führte sie. Er kannte die Gegend. Seine Augen durchbrachen das Unterholz und wühlten sich durch das Dunkel, um keine Wache zu übersehen. So leise wie möglich krochen sie vorwärts. Sie durften nicht entdeckt werden. Es wäre ihr sicherer Tod.
    Minuten zogen sich wie Stunden, bis Tobin auf einen Erdhügel deutete. »Das müsste sie sein. Es hat sich einiges verändert, seitdem ich das letzte Mal hier war.« Der warnende Schrei einer Eule ließ alle drei zusammenzucken. Eine Wache drehte gerade den Kopf in ihre Richtung.
    Sie lief keine zwei Schritte entfernt an ihnen vorbei. Eric schnellte vor, und bevor Zunge und Gaumen das Alarmsignal bilden konnten, leerte Erics Dolch die Lungen seines Opfers. Eric fing den schlaffen Körper auf und ließ ihn lautlos zu Boden gleiten.
    »Das war knapp«, bemerkte Tobin. Eine Untertreibung. Alles war knapp gewesen, seitdem sie in diesen Wald eingedrungen waren. »Jetzt aber los!«
    Sie erreichten unbemerkt den Eingang der Höhle und beteten, dass sie unbewohnt war.
    * * *
    In der Höhle war es stockfinster. Sie blieben hinter dem Eingang stehen. Eric horchte in die Stille der Höhle hinein und hörte – nichts.
    Tobins tastende Hände öffneten einen Behälter neben dem Eingang. Stein schlug auf Stein, ein Funke blitzte auf und die Fackel war entzündet. Tobin verstaute die Feuersteine in seinem Beutel und zwang mit der Fackel die Schatten zur Flucht. Lauernd warteten sie am Rande des Lichtscheins.
    Der harzige Qualm der Fackel waberte durch die kleine Kammer und brannte in Augen und Nase. Sie konnten nur gebückt stehen. Streben und Balken stützten die Erde dicht über ihren Köpfen. Zwei roh gehauene Holzbänke standen in der Mitte des Raumes, daneben eine Kiste, die früher Decken oder Lebensmittel enthielt. Jetzt war sie leer. Im Hintergrund gab es zwei Öffnungen, die weiter in die Höhle hineinführten. Tobin wählte die linke.
    Beide Öffnungen mündeten im selben Raum. Der hintere Teil der Höhle bot den gleichen Komfort wie der vordere. Zusätzlich waren Lumpen auf dem Boden als Schlafgelegenheit ausgebreitet.
    Die drei untersuchten jedes Gerümpel, jede abgerissene Decke, jede Ritze in den Wänden. Sie fanden nichts. Die Baumwurzeln, die durch die Höhlendecke brachen, waren das Einzige von Wert in diesem muffigen Loch.
    Eric schüttelte den Kopf. Tobin stampfte vor Wut mit dem Fuß auf. Norak ließ die Schultern hängen. Er wusste nicht, was stärker auf ihm lastete: die Erschöpfung oder diese Verzweiflung. Kraftlos sank er auf den Boden.
    »Das war’s dann.« Eric resignierte.
    »Nichts, aber verdammt noch mal, auch nicht das geringste Anzeichen«, fluchte Tobin.
    Norak blieb stumm. Seine Enttäuschung war zu groß. All die Strapazen, all die Gefahren und jetzt nichts. Schlicht und ergreifend nichts. Sie saßen hier in einer Höhle und waren so gut wie tot. Sie hatten ihr Leben aufs Spiel gesetzt und nicht das geringste erreicht.
    Norak lehnte sich zurück, sein Kopf berührte die Erde. Er atmete einmal laut ein und wieder aus. Bleiern schlossen sich die Lider um seine Augen. Er war zu erschöpft, zu verzweifelt. Vielleicht hatten sie Glück, und die Schergen des Fürsten ermordeten sie im Schlaf – kurz und schmerzlos.
    Ausgelaugt, wie die anderen beiden waren, taten sie es ihm gleich und legten sich schlafen. Eine Wache war überflüssig. Sie wussten, wo die Gegner waren.

8
    Norak schlägt die Augen auf und sieht sich um. Er befindet sich in der Höhle. Er sitzt auf dem Boden der Ontru Ulelu. Neben ihm sitzt Eric, ebenfalls wach. Aber keine Spur von Tobin. Dafür hat sich ein anderer Besucher zu ihnen gesellt. Eine Eule sitzt vor ihnen und mustert die beiden eindringlich.
    »Wer bist Du?«, fragt Norak, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, genau das eine Eule zu fragen.
    »Du kennst mich nicht?« Ihr Schnabel bewegt sich nicht, doch ihre Stimme ist klar und hell.
    »Nein«, antwortet Norak, obwohl er sich da gar nicht so sicher ist.
    »Hört mir zu! Beide!« Die Eule hat beschlossen, den Vorstellungsteil zu überspringen. »Errichtet den Kerker! Schützt die Quelle! Es ist Eure Pflicht. Niemand sonst kann es, niemand sonst ist auserkoren. Findet die Quelle. Hütet sie. Erfüllt Eure Bestimmung.«
    »Von welcher Quelle redest Du?« Erics Stimme vibriert vor

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