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Diktator

Diktator

Titel: Diktator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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leise wie möglich vor. Ruhig grasende Schafe betrachteten die vorbeiziehende Kolonne.
    Auf einmal gerieten sie unter schweren Beschuss; von allen Seiten wurde plötzlich das Feuer auf sie eröffnet. Leutnant Strohmeyer bekam eine Kugel in den Arm und fluchte wütend. Die Fahrzeuge fuhren aufs Bankett, und die Männer tauchten in die Gräben neben der Straße. Aus dem Wald kam ein Hagel von Flaschen angeflogen. Es waren Molotowcocktails; sie zerbarsten,
wo sie hinfielen, größtenteils, ohne Schaden anzurichten.
    »Möchte wissen, woher die das verdammte Benzin haben«, brummte Breitling.

XXII
    Es war später Nachmittag, als Mary sich Battle näherte. Dort, so hatte man den Flüchtlingen versprochen, würde ein Fahrzeugkonvoi warten, der sie weiter wegbrachte. Nach dem Stuka-Angriff gab es viele Leichtverwundete, die sich stöhnend dahinschleppten. Mary gab sich alle Mühe, nicht an diejenigen zu denken, die sie zurückgelassen hatten.
    Über Battle stieg jedoch eine gewaltige Flammensäule empor, die an diesem Sonntag Ende September leuchtend hell am Himmel stand. Mary hörte das Knallen von Schusswaffen und das tiefere Krachen von Artillerie, und Flugzeuge punktierten die Luft. Die Fußgänger blieben stehen. Mary hörte leises Gemurmel. Aber sie konnten nicht zurück; sie stapften weiter, denn ihnen blieb nichts anderes übrig.
    Sie näherten sich einer Kreuzung. Die Straßenschilder waren abmontiert worden, aber Mary hörte leise Stimmen, denen zufolge dies die südlich an Battle vorbeiführende Querverbindung zwischen zwei Ortschaften war, von denen sie noch nie gehört hatte, Catsfield im Westen und Sedlescombe im Osten. Der Flüchtlingsstrom schob sich über die Kreuzung hinweg.
    Doch gerade als Mary die Kreuzung erreichte, hörte
sie das Aufbrüllen einer schweren Maschine. Leute machten schreiend kehrt, stoben auseinander und liefen aus dem Weg. Mary wurde in der Menge umgerannt und landete schwer auf dem Boden.
    Ein Panzer kam dröhnend über die Kreuzung, auf dem Weg von Westen nach Osten. Mit knirschendem Getriebe hielt er mitten auf der Kreuzung an. Er hatte ein quadratisches schwarzes Kreuz am Geschützturm. Ein Offizier, dessen Kopf und Schultern aus dem Turm ragten, blickte verdutzt auf die Menschen vor ihm hinab.

XXIII
    Diesen ganzen Sonntag über schnappte George Neuigkeiten von den Leuten auf, die im Rathaus ein und aus gingen.
    Um Folkestone tobte eine heftige Schlacht. Eine aus Neuseeländern bestehende Division stellte das Gros der Verteidiger. Weit von zu Hause entfernt, kämpften sie beharrlich, aber um zwei Uhr nachmittags hatten die Deutschen die Stadt eingenommen. Allerdings sprengten die Truppen auf ihrem Rückzug den Hafen mit seinen Kais und Kränen.
    Im Lauf des Tages hatten es ein paar deutsche Einheiten geschafft, den Kanal zu überqueren. Ob die Invasion Erfolg haben würde oder nicht, würde sich jedoch erst in der kommenden Nacht entscheiden, wenn der Großteil der zweiten Welle versuchen würde, bis zum Tagesanbruch am Montag zu ihren Landestellen zu gelangen. Im Vorgriff darauf entfaltete sich bereits eine große Schlacht im Kanal. Die RAF nahm die Schiffsströme unter Beschuss und bombardierte die Einschiffungshäfen, während sie zugleich mit der Luftwaffe kämpfte und versuchte, Bomberangriffe auf London und andere Städte im Landesinneren abzuwehren. Gerüchten zufolge schwanden ihre Ressourcen, und die
RAF war dem Zusammenbruch nahe. Auch die Royal Navy verfolgte verschiedene Ziele; sie musste die Konvois im Atlantik schützen, während gleichzeitig die Invasion stattfand. Heute wurde die Home Fleet jedoch vollständig im Kanal eingesetzt. Die Zerstörer und Torpedoboote griffen die Kriegsmarine an, und es gelang ihnen immer wieder, zu den nach Frankreich zurückkehrenden Kolonnen der Kähne und Schlepper durchzubrechen.
    Und in Hastings trafen die Deutschen ein.
    Die ersten deutschen Soldaten kamen gegen sechs Uhr abends auf Fahrrädern. Es waren Soldaten von der Wehrmacht, soweit George wusste, und sie mussten Kundschafter sein. Sie radelten lässig umher, ihre Gewehre auf dem Rücken, stießen aber auf keinen Widerstand. George stand auf seinem Posten an der Tür des Rathauses in unmittelbarer Nähe der Queens Road. Er trug seine Polizeiuniform, hatte den Helm auf dem Kopf und den Segeltuchbeutel mit der Gasmaske über der Schulter. Die Kundschafter musterten ihn, beachteten ihn jedoch ansonsten nicht weiter.
    Als Nächstes kamen weitere Infanteristen. Sie bewegten sich

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