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Diktator

Diktator

Titel: Diktator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Die Deutschen kamen herbeigerannt, um den Mann zu packen und von Hilda herunterzuzerren.
    Und ein Motor heulte auf. Mary blickte sich überrascht um. Der Bus fuhr von seinem Platz los. »Er hat gesagt, er hat früher mal Busse gefahren. Ach du Schande!« Sie lief los. »Giles! Tu’s nicht, die bringen dich um!«
    Die Deutschen hatten Bill von Hilda heruntergezogen, doch nun erkannten sie, was Giles vorhatte, und merkten, dass Bill sie nur abgelenkt hatte. Sie rannten auf den Bus zu und zogen dabei ihre Pistolen aus den Halftern.
    Giles wendete den Bus. Die deutschen Soldaten in der Kolonne marschierten tatsächlich weiter; offensichtlich konnten sie nicht glauben, was sie sahen. Doch als Giles Vollgas gab und mit dem Bus geradewegs auf sie losbrauste, liefen die Marschierenden unter lautem Geschrei auseinander. Einige Soldaten, die geistesgegenwärtig genug waren, ihre Waffen zu packen, feuerten die ersten Schüsse ab. Die Fenster des Busses zerbrachen, aber er kam weiterhin näher.

    Mary sah alles. Der Bus pflügte in die Reihen der Männer wie eine Kugel in einen Kegelstand. Einige Soldaten wurden beiseitegestoßen, andere gerieten unter die Räder. Ein Mann wurde groteskerweise an die Motorhaube genagelt wie ein Stück Stoff, den Körper nach hinten gebogen. Er starb vielleicht als Erster, als der Bus in den Panzer krachte, der den Infanteristen folgte, aber vielleicht war es auch Giles.
    Der Benzintank des Busses explodierte, ein aufblühender Feuerball. Mary wurde rücklings zu Boden geschleudert.

XXIX
    Mary stand bei Hilda. Sie rauchten beide. Mary konnte nicht aufhören zu zittern.
    Die Fahrgäste des Busses standen in einer lockeren Gruppe beisammen. Sie wurden jetzt von Männern aus der Kolonne bewacht, bei der es sich, wie Hilda mitgehört hatte, um Einheiten der Vierunddreißigsten Division der Neunten Armee der Deutschen handelte. Nur Bill war von den anderen getrennt worden. Er kniete auf dem Boden, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, das Gesicht verschwollen von den Schlägen, die er bekommen hatte.
    Die Deutschen waren dabei, die von Giles angerichtete Bescherung zu beseitigen. Die Kolonne hatte Verteidigungsformation angenommen; die Fahrzeuge waren von der Straße gefahren, die schweren Waffen aufgestellt worden, und die Männer hatten in Gräben am Straßenrand nachlässig Deckung gesucht. Pioniere aus der Kolonne arbeiteten noch daran, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Die schweren Fahrzeuge standen daneben und warteten darauf, dass sie die Wracks von der Straße schieben konnten.
    Die Sanitäter der Kolonne hatten neben der Straße ein Feldlazarett eingerichtet. Es gab sieben Tote und
weitaus mehr Verwundete mit gebrochenen Knochen, eingeschlagenen Schädeln und inneren Verletzungen. Die Toten lagen in einer kurzen Reihe nebeneinander, mit Decken zugedeckt. Mary sah, dass einige der Soldaten Schaufeln aus einem Versorgungsfahrzeug luden; vielleicht wollten sie die Toten begraben. Sie schienen jedoch sehr viele Schaufeln zu benötigen.
    Der Kommandeur der Kolonne, ein Standartenführer  – bei der SS das Gegenstück zu einem Colonel, wie Hilda glaubte –, war ein großer, kalter Mann in der grünen Uniform der Waffen-SS. Er diskutierte mit den Soldaten der Busbesatzung, die nervös eine Liste mit ihm durchgingen. Mary hatte keine Ahnung, worüber sie sprachen, und, benommen von allem, was geschehen war, fiel es ihr schwer, sich dafür zu interessieren.
    »Das Komische ist, mein Dad hätte jemanden wie Giles verabscheut«, meinte Hilda. »Er hat immer gesagt, die Oberschichttypen würden die Nazis mit offenen Armen empfangen.«
    »Dann hätte dein Dad sich in ihm geirrt. Genauso wie die Deutschen, und das ist sie teuer zu stehen gekommen.«
    »Ja. Jeder von uns hätte vermutlich dasselbe tun können wie er. Ich meine, es war reiner Selbstmord, aber er hat eine ganze Menge von ihnen erledigt und die Kolonne stundenlang aufgehalten. So gesehen, kein schlechter Tausch für ein einziges Leben.«
    »Was für eine schreckliche Sichtweise.«
    »›Nehmt einen mit ins Grab.‹ Das hat Churchill immer gesagt.«

    »Verzeihung.« Es war der SS-Colonel. Er mochte um die fünfzig sein und trug eine Brille mit kleinen, runden Gläsern. Er lächelte die Fahrgäste an. »Wenn ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte. Ich bin Standartenführer Thyrolf. Ich muss Sie jetzt bitten, von der Straße zu treten. Wir werden den Bus und den Panzer wegräumen, und das könnte für Sie nicht ganz ungefährlich

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