Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Diktator

Diktator

Titel: Diktator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
geparkten Bus vorbei. Mary und Hilda wichen zusammen mit den anderen zurück. Die Panzer wurden kaum langsamer, und Mary hatte den Eindruck, dass sie den Bus notfalls einfach beiseitegestoßen hätten. Von Nahem waren die Panzer riesig und mächtig, und das Dröhnen ihrer Motoren, der Staub, den sie aufwirbelten, ihre schiere dahinrasende Masse verliehen ihnen eine überwältigende physische Präsenz. Nach den Panzern kamen Unterstützungsfahrzeuge, Truppentransporter und mobile Artillerie. Es gab weder Pferde noch Fußsoldaten; mechanisierte Einheiten wie diese hatten als Angriffsspitze bei dem Blitzkrieg fungiert, der ganze Staaten in Europa zerschlagen hatte.
    Es dauerte ein paar Minuten, bis die Kolonne an ihnen vorbeigezogen war. Mary sah, wie Hilda stumm die Fahrzeuge zählte, eine kleine Observation. Die deutschen Soldaten jubelten und klatschten. Die anderen Fahrgäste sahen nur feindselig, resigniert oder furchtsam zu.
    Als der Lärm erstarb und der Staub sich legte, flüsterte Hilda Mary zu: »Ich glaube, ich habe die Soldaten sagen hören, das sei eine Einheit der Siebten Panzerdivision. Auf dem Weg nach Guildford.«
    »Guildford?«
    »Wir haben eine ungefähre Vorstellung von ihrem Schlachtplan – jede Menge Spione in Berlin! Und in
der Station haben wir ziemlich gute Instruktionen bekommen; die brauchten wir für unseren Job, verstehst du. Augenscheinlich rücken sie gerade vor. Sie planen einen Durchbruch. Sie werden vielleicht ein paar Tage brauchen, um ihre Truppen samt Ausrüstung an Ort und Stelle zu bringen, und dann…«
    »Schaut mal, die haben den Straßenbelag komplett ruiniert.«Der Mann mit den kaputten Nieren sprach mit den deutschen Soldaten. Er hatte recht; der Asphalt war von den Panzerketten zerstört worden. »Der Gemeinderat wird das nicht wortlos hinnehmen, das kann ich euch sagen. Also, war’s das nun? Können wir jetzt wieder einsteigen?«
    Der deutsche Fahrer versperrte ihm den Weg. »Nein. No. Noch nicht. Schaut!« Er zeigte die Straße entlang.
    Mary sah, dass sich eine weitere Kolonne näherte, diesmal in viel geringerem Tempo.
    »Ach, um Himmels willen«, sagte der Nierenmann. »Wir werden noch den ganzen Tag hier festsitzen.«
    »Na, na, Giles«, sagte sein Begleiter, Bill, »geh den netten Deutschen nicht auf die Nerven. Zum Tee sind wir in Tunbridge Wells, lass dir das gesagt sein.«
    Das brachte ihm ein gedämpftes Lachen ein. Die Deutschen, die kein Wort verstanden, runzelten misstrauisch die Stirn.
    Giles, der Nierenmann, lachte auch nicht. »Ich hab die Nase voll von dem Pack«, knurrte er.
    Die zweite, im Schritttempo anrollende Kolonne wurde von zwei schweren Bergungs- oder Räumfahrzeugen
angeführt. Dahinter kamen weitere Fahrzeuge, mobile Geschütze und Truppentransporter, dann Fußsoldaten im Gänsemarsch, in Kolonnen abwechselnd zu beiden Seiten der Straße. Ihnen folgten Lastwagen und Panzerfahrzeuge, darunter zwei Panzer, und anschließend eine Reihe von Pferden gezogener Karren und Artilleriegeschütze. Während die vordersten Fahrzeuge vorbeifuhren, wechselten die marschierenden Soldaten ein paar scherzhafte Worte mit der wartenden Busbesatzung. Einige von ihnen pfiffen bei Hildas Anblick, und sie reagierte mit sarkastischen Knicksen, die sie zum Lachen brachten.
    Bill, Giles’ Freund, kam herbei und pflanzte sich vor Hilda auf. »Jetzt sage ich euch mal, wovon ich die Nase voll habe. Nämlich von Mädchen wie dir.« Vor einer Minute hatte er noch elegant gescherzt. Jetzt schrie er sie aus heiterem Himmel an.
    Hilda war verwirrt. »Hören Sie … was wollen Sie?«
    »Ich hab gesehen, wie du diese Jerrys angelacht hast. Ich war bei der verdammten BEF. In Frankreich haben wir Mädchen wie dich gesehen. Du bist ein Deutschenliebchen, stimmt’s? Ist es so?«
    Hilda fuhr auf. »Das bin ich ganz und gar nicht.«
    Die Deutschen von der Busbesatzung kamen nervös näher. »Was ist los?«
    »Du bist genau das, was ich sage, du kleine Hure!«
    Mary trat zwischen den Mann und Hilda. »Lass sie in Ruhe, Freundchen. Ich weiß nicht, was du vorhast, aber …«

    Der Mann schwang die Faust. Mary duckte sich, bekam aber einen Schlag an die Schläfe, der sie ins Taumeln brachte. Sie konnte kaum glauben, was hier geschah.
    Bill ging ohne weitere Vorwarnung auf Hilda los und griff nach ihrem Hals. Er war schwerer als sie, und er warf sich nach vorn und stieß sie zu Boden. Sein schwerer Mantel flatterte.
    Jetzt schienen alle zu schreien, Hilda und Bill, die Fahrgäste.

Weitere Kostenlose Bücher