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Dimension 12

Dimension 12

Titel: Dimension 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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teilte, vermeinte er, knapp unter der Oberfläche etwas Großes, Dunkles mit Zähnen und riesengroßen Augen zu sehen. In wilder Angst schwamm er weiter, drehte sich um und sah das Mädchen, das sich kaum noch über Wasser halten konnte. Ein weiterer Brecher schleuderte ihn an ihre Seite. Er schlang den Arm fest um sie. Sie war halb ertrunken und verrückt vor Angst.
    »Ganz ruhig«, hörte er sich sagen. »Du darfst nicht um dich schlagen. Am besten, Wassertreten und sich schaukeln lassen. Das Gewitter geht vorbei.«
    »Ich – o Gott, das Wasser…«
    »Still.« Er umfaßte sie fester und sah sich nach dem Boot um. Keine hundert Yards entfernt schaukelte es auf und ab. Es goß noch immer in Strömen, aber der Sturm ebbte bereits ab. Er schwamm auf das Schiff zu. Dann erblickte er auf dem Deck Ree Gardner, der ihm ein Seil zuwarf. Keuchend und prustend wurde er eingeholt. Er stemmte das erschöpfte Mädchen hoch, bis Gardner es ihm abnahm. Dann kletterte er selbst nach.
    Jetzt erst wurde ihm die Ungeheuerlichkeit seiner Tat klar. Er, der gewohnheitsmäßige Selbstmörder, hatte sein Leben riskiert, um das Mädchen zu retten.
    Stimmte das aber auch? fragte er sich. Warum war er ins Wasser gesprungen? Wegen des Mädchens – oder, um im Wasser zu sterben?
    Roy stand bereits wieder neben ihm. Grinsend sagte der Begleiter: »Du hast deinen großen Augenblick verpaßt, Sportsfreund. Das war eine einmalige Gelegenheit, Schluß zu machen.«
    Rocklin rang nach Luft. »Statt dessen bin ich ein lächerlicher Held geworden. Was sagt man!«
    »Schwer zu glauben.«
    Der Tonfall des Homunkulus hatte einen spöttischen Unterton, der Rocklin verdächtig erschien. Leise sagte er: »Du warst überhaupt nicht bewußtlos, wie? Du hast nur so getan – um zu sehen, ob ich das Mädchen retten oder mich umbringen würde!«
    »Red keinen Quatsch«, versetzte sein Begleiter. »Wenn du ertrunken wärst, hätte das auch mein Ende bedeutet. Würde ich mich auf ein solches Risiko einlassen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Rocklin gedehnt. Und er sollte es auch niemals erfahren. Ob mit oder ohne Absicht aber hatte ihm sein Begleiter eine Chance gegeben, entweder sein eigenes Leben wegzuwerfen, oder jenes zurückzukaufen, das durch seine Feigheit verlorengegangen war. Hatte der Homunkulus tatsächlich sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt? Oder war er nur ein ausgezeichneter Seelenarzt?
    Einerlei. Am ganzen Leibe zitternd, begriff Rocklin, daß sich der Sturm in seinem Innern gelegt hatte.

Die Psi-Rebellen
    Höher als eine Meile bedeckte das schwarze Wasser des Ozeans die Stadt. Sie lag vor der Atlantischen Küste Nordamerikas, kuschelte sich unter die Wellen, wurde von Hunderten Druckatmosphären umfangen. In den offiziellen Unterlagen führte die Stadt die Bezeichnung Unterwasserasyl PL-12. Aber die offiziellen Unterlagen waren genau wie die restliche Welt an der Oberfläche verbrannt und zerfetzt, und die Bewohner des Unterwasserasyls PL-12 nannten ihre Stadt Neu-Baltimore. Sie war von elftausend Personen bevölkert. Diese Zahl war von längst verstorbenen Festlandbeamten festgesetzt worden und wurde durch scharfe Polizeikontrollen aufrechterhalten.
    Die Geschichte Neu-Baltimores reichte hundertdreizehn Jahre zurück. Jeder ihrer elftausend Bewohner war in der Tiefe des Meeres geboren worden, unter der vielschichtigen Glocke, die sich wie ein Kuppeldach über der Stadt wölbte. Im neunzigsten Jahr der Geschichtsschreibung war der Familie Foyle ein Kind zuerkannt worden, und Mary Foyle wurde geboren. Und im hundertdreizenten Jahr der Stadt…
    Mary Foyle lag, eingerollt wie eine ungeborene Schlange, in ihrem Zimmer in der Gemeinschaftshalle von Neu-Baltimore. Ihre Füße waren angezogen, die Arme über der Brust verschränkt, die Augen geschlossen. Der Mund stand halb offen. Sie war dreiundzwanzig, blond und fürchterlich in ihrem Zorn. Sie schlief nicht.
    In der neunten Stunde des Tages und der zweiten ihrer dreistündigen Arbeitspause fühlte sie, daß sich ein Besucher näherte. In ihrem kalten Verstand sammelte sich die Wut. Bedauernd riß sie sich von ihrer Beschäftigung los und schob einen Gedankenfühler zur Tür vor. Die Seele, der sie dort begegnete, war schwach, anpassungsfähig und verbindlich.
    Ja, dachte sie. Roger Caroll, der Esel.
    Rogers Gehirn formte den Gedanken: Mary, darf ich eintreten? Er hatte ihn bis zu »Mary, darf ich…« bereits in Worte gefaßt, als sie ihm einen zischenden Gedankenhieb erteilte. Er errötete, sprach

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