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Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin

Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin

Titel: Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Kathrin / Lobo Passig
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OA Schneider da, sodass ein fehlender Dr. nicht so sehr auffällt.» Mit seiner unvollendeten Doktorarbeit befindet sich Axel Schneider übrigens in guter Gesellschaft: 2002 ergab eine Studie an Medizinstudenten der Berliner Charité, dass dort nur 53   Prozent aller Promotionsvorhaben erfolgreich verliefen.
    Je mehr Geld und Mühe ein Plan kostet, desto argwöhnischer sollte man ihn daraufhin abklopfen, ob man stattdessen einfach gar nichts tun kann. Der Brite Oliver James schreibt in «Affluenza», einem Buch über die Konsum-Epidemie und ihre ungesunden Folgen: «Vor einiger Zeit quälten meine Frau und ich uns mit der Frage herum, ob wir unsere Hypothek erhöhen sollten, um uns einen Anbau ans Haus leisten zu können. Auch im Haus wollten wir einiges renovieren, weil wir seit dem Einzug praktisch nichts daran gemacht hatten. Eines Tages fand meine Frau aus heiterem Himmel die Lösung: Nichts tun. Wir hatten ein Haus, das für unsere Bedürfnisse großzügig dimensioniert war. Zwar war es zum Teil ziemlich heruntergekommen (scheußliche Küche, trostlose Teppiche), aber eigentlich konnten wir verdammt froh sein, dass wir überhaupt ein Haus hatten. Wir wollten alles Mögliche tun, aber wir
mussten
gar nichts tun außer einen neuen Wasserboiler installieren.»
    Nichtstun hat darüber hinaus den Vorteil, dass man sich währenddessen selbst kein Bein stellen kann. Denn es gibt auch eine negative Produktivität: Man setzt sich an den Rechner,arbeitet acht Stunden, stolpert über das Kabel, reißt den Rechner vom Tisch, Festplatte kaputt, Arbeit dahin. Wäre man stattdessen einfach im Bett geblieben, hätte man unterm Strich viel mehr geschafft. Auf dem Finanzsektor sieht es nicht anders aus. Wer gegen Ende der New Economy aus Faulheit den Kauf von Aktien auf «demnächst mal» verschob, hat durch diese Unterlassung wahrscheinlich mehr Geld gespart, als ihn seine Trägheit zeitlebens in Form von Mahn- und Überziehungsgebühren kosten wird. Dasselbe gilt für verfehlten Aktivismus: Wenn man einmal einen falschen Lösungsweg eingeschlagen hat, verschlimmert Tatendrang die Lage nur, und je mehr Arbeit man in den Bau einer Mauer steckt, die am falschen Ort errichtet wird, desto schwerer ist es, sie später wieder abzureißen.
    Ebenfalls in die Kategorie «Schadensvermeidung durch Nichtstun» gehört die Beobachtung, dass es sich nicht unbedingt auszahlt, vorzeitig mit der Arbeit zu beginnen. Harriet Wolff hat die Erfahrung gemacht: «Wenn ich – was selten passiert – mich wirklich mal früh an den Schreibtisch setze, dann kommt garantiert ein Anruf von der Redaktion, entweder ‹Das Thema ist gestorben›, dann muss man sich meistens noch rumstreiten wegen Ausfallhonorar, oder ‹Du, das ist jetzt erst mal verschoben›. Das ist oft genau dann so, wenn ich mir mal Mühe gebe, ordentlich zu sein und früh anzufangen.» Verfrühtes Handeln kann nämlich ebenso schädlich sein wie verspätetes. Hätte Romeo seinen Selbstmord am Grab von Julia noch etwas aufgeschoben, wären die beiden gemeinsam alt geworden. Eingedenk dieses traurigen Falles möchten wir diese Erkenntnis auf den Namen «Romeo-Regel» taufen. Fürs Vergiften ist später immer noch Zeit!
    «Ich hatte einen feuchten, schimmligen Kohlenkeller voll halb zerfallener Brikettreste, in dem ich im Laufe der Jahre immer mehr kaputtes Zeug verstaut hatte. Mir war klar, dass ich diesen Keller eines Tages entrümpeln und seinen Inhalt zum Sperrmüll schaffen musste. Aber der Schmutz, die Spinnweben und die Tatsache, dass ich kein Auto hatte, schienen mir gute Gründe, diese Entrümpelung mindestens bis zu meinem Auszug zu verschieben. Und vielleicht würde ich ja auch nie mehr umziehen! In dem Fall war es sicher gut, nicht voreilig zu handeln. Nachdem ich etwa zwölf Jahre lang ab und zu über das Problem nachgedacht hatte, fing mein Vermieter an, mir Briefe zu schreiben. Ich möge mein Kellerabteil räumen, stand darin, denn der Keller solle renoviert werden. Dank langjähriger Übung im Umgang mit unangenehmen Schriftstücken gelang es mir, diese Briefe nicht nur zu ignorieren, sondern vollständig zu vergessen. Bis mich eines Tages mein Vermieter im Urlaub anrief: ‹Frau Passig›, sagte er streng, ‹wir brechen Ihr Kellerabteil jetzt auf und werfen alles zum Sperrmüll! Das wird Sie 25   Euro Entsorgungsgebühr kosten!› – ‹Na gut!›, sagte ich frohen Herzens. Wie es dort unten jetzt aussieht, weiß ich nicht, denn ich habe meinen Kellerschlüssel schon

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