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Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin

Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin

Titel: Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Kathrin / Lobo Passig
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mit Meeresrauschen oder Technomusik auf, sperre ich mich in ein stilles Büroverlies mit eigener Kaffeemaschine ein, oder bringe ich sogar die entsprechenden Stellen dazu, einen Arbeitsurlaub in einem abgelegenen Bauernhof als zielfördernd zu betrachten?
    Wie einen Raubvogel auf der Suche nach einer geeigneten Beute lässt man das Bewusstsein über dem zu beackernden Feld kreisen, scheinbar mühelos und unbeteiligt. In Wirklichkeit laufen in diesem Vorarbeitsstadium bereits teilbewusste und ganz unbewusste Prozesse ab, die die eigentliche Arbeit vereinfachen oder sogar erst ermöglichen. Schließlich lässt man vollkommen überraschend den Raubvogel auf ein Detail niederstürzen und eifrig daran herumhacken. Bei der Entwicklung eines Konzeptes zum Beispiel bietet sich als ein solches Detail das Inhaltsverzeichnis an. Funktioniert es auf Anhieb, hat man den Anfang geschafft, und der Moment war richtig. Hackt der Raubvogel am Startaufgäbchen länger als eine Stunde erfolglos und vor allem unmotiviert herum, lässt man ihn wieder steigen und fährt erst mal übers Wochenende an die Ostsee, während er weiter kreist. Falls man aber mit dem mühelosen Kreisen bereits nicht zu überwindendeProbleme hat, handelt es sich fast immer um eine Aufgabe, für die der richtige Zeitpunkt nie kommt. Dann lagert man die zu erledigende Arbeit entweder aus oder tut nichts und malt sich schon mal bunt die Konsequenzen aus. Oft kommt es ohnehin nicht so schlimm, und wenn doch, hat man es wenigstens vorher geahnt.
     
    Undatierter Brief des Komponisten Gioachino Rossini an einen Unbekannten, der die Frage stellte, zu welcher Zeit man am besten eine Ouvertüre zu einer Oper komponieren sollte:
     
    «Wartet bis zum Abend vor dem Tag der Aufführung. Nichts regt die Eingebung mehr an als die Notwendigkeit, die Gegenwart eines Kopisten, der auf Eure Arbeit wartet, und das Drängen eines geängstigten Impresarios, der sich in Büscheln die Haare ausrauft. Zu meiner Zeit hatten in Italien alle Impresarien mit dreißig Jahren eine Glatze.
     
    Das Vorspiel zum Othello habe ich in einem kleinen Zimmer des Palastes Barbaja komponiert, wo der kahlköpfigste und wildeste aller Direktoren mich nur mit einer Schüssel Makkaroni und unter der Drohung, mich nicht eher aus dem Zimmer herauszulassen, bis ich die letzte Note geschrieben hätte, gewaltsam eingeschlossen hatte.
     
    Das Vorspiel zur Diebischen Elster habe ich am Tage der Uraufführung unter dem Dach der Scala geschrieben, wo mich der Direktor gefangen gesetzt hatte. Ich wurde von vier Maschinisten bewacht, die die Anweisung hatten, meinen Originaltext Blatt für Blatt den Kopisten aus dem Fenster zuzuwerfen, die ihn unten zur Abschrift erwarteten. Falls das Notenpapier ausbleiben sollte, hatten sie die Anweisung, mich selbst aus dem Fenster zu werfen.
     
    Beim Barbier machte ich es mir einfacher; ich komponierte gar kein Vorspiel, sondern nahm das für die halbernste Oper Elisabeth bestimmte. Das Publikum war höchst zufrieden.
     
    Das Vorspiel zum Graf Ory habe ich beim Fischfang mit den Füßen im Wasser in Gesellschaft des Herrn Aguado geschrieben, während dieser mir einen Vortrag über die spanischen Finanzverhältnisse hielt.
    Das Vorspiel zum Wilhelm Tell wurde unter fast ähnlichen Umständen geschrieben.
     
    Was den Moses endlich anbetrifft, so schrieb ich dazu gar keins.»

Liegen und liegen lassen
    Vom Nutzen des Nichtstuns
    «Ein aufgeräumter, heller und luftiger Keller macht Sie heiter, mutig und versetzt Sie in eine positive Grundstimmung.»
    (Werner Tiki Küstenmacher: «Simplify your Life»)
     
    «Den Keller nicht aufräumen macht noch viel heiterer. Und das Beste: Man kann es nicht nur einmal, sondern jeden Tag lassen!»
    (Kathrin Passig)
    «Niemals machen und doch bleibt nichts ungetan», heißt es im Daodejing, dem heiligen Text des Daoismus. Das zugrunde liegende Konzept nennt sich «Wu Wei», Handeln durch Nichthandeln. Damit ist nicht schlichte Untätigkeit gemeint, obwohl auch die sehr schön und förderlich sein kann. Wu Wei bedeutet, dass das Notwendige im richtigen Moment getan wird und deshalb ohne Anstrengung und wie von allein geschieht. Wir unerleuchteten Laien können uns diesem Prinzip im Alltag lediglich anzunähern versuchen. Durch jahrelange, gründliche Erforschung des Nichthandelns lässt sich ein Zustand solcher Erleuchtung erreichen, dass man schließlich auch Tätigkeiten, die weder überflüssig noch besonders unangenehm sind, ersatzlos

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