Dinner for one, Murder for two
ihre Sessel mitbringen, haben wir alle Platz. So diskutiert es sich angenehmer.« Er setzte sich neben Hendrik und sah Phoebe erwartungsvoll an. Die blieb jedoch neben dem Sofa stehen und wartete, bis Alain ihr einen Sessel brachte. Schließlich hatten alle ihre Plätze eingenommen und ihre Drinks auf den niedrigen Tisch in der Mitte gestellt.
»Wo ist Barbara-Ellen? Immer noch bei Pippa?«, wollte Dana wissen.
Phoebe nickte. »Gönnen wir ihr noch ein wenig Ruhe, sie hat im Moment sicher andere Dinge im Kopf. Wir können ihr auch später mitteilen, was wir beschlossen haben.«
Schweigen breitete sich aus. Jeder hing seinen Gedanken nach, bis Hendrik plötzlich sagte: »Und? Sitzen wir hier, um Trübsal zu blasen? Das kann ich besser alleine.«
»Herrgott, kannst du nicht einmal den Mund halten?« Dana funkelte Hendrik neben sich empört an.
»Wir sind hier, um zu besprechen, wie es weitergehen soll«, sagte Sir Michael. »Vielleicht will jeder von euch etwas dazu sagen. Ich möchte auf jeden Fall weitermachen. Ohne unsere Inszenierung gibt es kein Festival. Johannes, was meinst du? Du hast eng mit von Kestring gearbeitet. Auch in der Vorbereitungsphase.«
Berkel, plötzlich im Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit, sah sich nervös um. »Ich weiß nicht, ich habe mich ja mehr um die Organisation gekümmert … können wir denn ohne Regisseur arbeiten? Ich …«, er lächelte verlegen, »ihr haltet mich bestimmt für verrückt, aber ich vermisse ihn.«
»Ich halte dich keineswegs für verrückt«, sagte Dana, »er hatte immerhin ein Konzept. Ich will auch nicht auf halber Strecke aufgeben, und ich fordere meine Rolle zurück. Die Frage ist, ob wir jemanden finden, der für ihn weitermacht.«
»Dana hat recht.« Duncan drückte kurz Anitas Hand. »Die alte Rollenverteilung fand ich auch am besten. Von Kestring wollte uns sicher nur einen Schreck einjagen. Moderne Regisseure arbeiten eben unkonventionell.«
»Die arme Barbara-Ellen«, wisperte Anita kaum hörbar, »sie tut mir unendlich leid. Wenn ich meinen Liebsten auf diese Art verlöre, ich wüsste nicht, was ich täte. Weiß jemand, ob sie überhaupt weitermachen will?«
»Natürlich macht sie weiter«, sagte Phoebe bestimmt. »Sie ist ein Profi. Wir arbeiten, auch wenn wir trauern.«
»Trauern?« Hendrik hielt es nicht mehr auf seinem Platz. Er sprang auf und sah einen nach dem anderen wütend an. »Ihr Heuchler! Ihr habt ihn doch alle gehasst. Er hat euch alle manipuliert. Keiner von euch vermisst ihn – und wer das Gegenteil behauptet, lügt.«
»Und du, Hendrik?«, fragte Sir Michael ruhig. »Hat er dich etwa nicht benutzt?«
»Niemand von euch hat diesen großartigen Mann verstanden«, schnappte Hendrik. »Er war ein wahrer Künstler. Seine Visionen hätten das Theater verändern können – und wir mit ihm! Diese kurze Zeit, die ich mit ihm arbeiten durfte, hat mich mehr gelehrt als alles andere zuvor. Sein großes, revolutionäres Streben …«
»… von dem Bühne und Zuschauer jetzt verschont bleiben …«, murmelte Phoebe in ihren Drink.
»… hätte für die Bühne einen Quantensprung in die Moderne bedeutet. Ich war stolz, daran teilhaben zu dürfen!«
»Zehn Pfund ins Phrasenschwein«, sagte Duncan spöttisch. »Du bist hoffentlich so betrunken, dass du nicht mehr weißt, was du redest, Hendrik. Wenn du gerade deine ehrliche Meinung gesagt hast, dann ist die Erde ein Würfel.«
»Aber es ist schrecklich, so zu sterben.« In Anitas Augen standen Tränen. Sie zog ein Taschentuch heraus und schnäuzte sich.
»Wie auch immer. Fürs Protokoll: Wir sind alle traurig.« Dana sah sich herausfordernd um. »Der Mann ist tot und steht als Regisseur nicht mehr zur Verfügung, basta. Wer übernimmt jetzt den Job?«
»Für jemanden, der mit ihm ins Bett gestiegen ist, hält deine Trauer sich in erstaunlich überschaubaren Grenzen«, sagte Alain.
»Ins Bett gestiegen? Ich? Ihr denkt wirklich, ich hatte ein Verhältnis mit ihm?« Dana schüttelte lachend den Kopf. »Das war höchstens ein Arbeitsverhältnis – und er ahnte nicht einmal etwas davon.«
Dana sonnte sich sichtlich in der allgemeinen Verblüffung und lehnte sich zurück. Ehe jemand nachfragen konnte, kamen jedoch die Schauspielschüler aus Cheltenham aus der Bibliothek.
»Werden wir noch gebraucht?«, fragte einer der drei schüchtern.
»Du lieber Himmel – Sie haben wir ja völlig vergessen«, rief Sir Michael bestürzt.
»Bei dem, was heute passiert ist, kein Wunder.
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