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Dinner mit Rose

Dinner mit Rose

Titel: Dinner mit Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Hawkins
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gemolken wird«, versprach ich. »Und – und sag ihm, ich liebe ihn.«
    »Wird gemacht«, erwiderte Kim fröhlich und hängte ein.
    Wade klatschte wie ein kokettes Mädchen in die Hände. »Sag ihm, iisch liebe ihn«, wiederholte er mit Fistelstimme. »Ahh. Gebt mir die Taschenlampe, ich hole das Quad.«

    Es war fast neun, als ich Tante Roses Auffahrt hochfuhr und erschöpft aus dem Auto stieg. Die Hunde beschwerten sich einmütig über diese Abweichung von der Morgenroutine, und Percy kam aus dem Holzschuppen gewatschelt, um mich zu begrüßen.
    Ich ließ die drei Hunde heraus, kraulte Percy und ging langsam den Weg hoch. Es regnete immer noch, obwohl der Wind nachgelassen hatte, und das Haus wirkte unbeschreiblich trostlos. Fast das halbe Dach fehlte, und ein loses Stück verrostetes Wellblech schlug schwach gegen die darunterliegenden Balken.
    Ich zog die nasse Öljacke aus und hängte sie an einen Nagel neben der Eingangstür. Sie hatte den Kampf gegen den Regen längst aufgegeben, und mein armer, misshandelter Onesie war von der Schulter bis zum Knie durchweicht. Sowie ich die Tür öffnete, schoss Spud wie ein schwarzbrauner Blitz an mir vorbei. Sein Morgengassi war seit zwei Stunden überfällig.
    Vorsichtig tappte ich über den Küchenboden, stopfte den schmutzigen Onesie in die Waschmaschine und wickelte mich in ein Handtuch aus dem Schrank daneben, ehe ich den Flur entlangging. Tante Roses Zimmer war dunkel, kalt und still – natürlich war das so, dennoch kam es mir irgendwie falsch vor. Ich zog die schweren Samtvorhänge zurück, um das wenige Licht von draußen hereinzulassen, dann drehte ich mich um und betrachtete das reglose Gesicht auf dem Kissen.
    Ich hatte noch nie zuvor einen Toten gesehen. Nun, zumindest nicht vor den heutigen frühen Morgenstunden. Die Lektüre von Romanen hatte mich dazu gebracht, mit einem Ausdruck überirdischen Friedens und vielleicht der Art von Lächeln auf dem Gesicht des Verstorbenen zu rechnen, die von einer letzten schönen Vision zeugt. Aber Tante Rose wirkte nur zutiefst erschöpft. Ihre Haut war bleich und wächsern, der Mund etwas eingefallen, und wenn ich sie nicht die letzten drei Monate lang jeden Tag gesehen hätte, wäre es mir schwergefallen, sie zu erkennen. Ich fasste impulsiv den festen Entschluss, zu tun, was sie verlangt hatte, und mich nicht so an sie zu erinnern.
    »Es tut mir leid«, flüsterte ich ihr zu. Ihr Tod war eine Tragödie, und trotzdem war er während der letzten Stunden lediglich ein weiteres Drama gewesen, das den Berg der Dinge anwachsen ließ, die ich zu erledigen hatte, bevor ich auch nur daran denken konnte, Matt zu besuchen.
    Dieser Erkenntnis auf dem Fuße folgte die Erinnerung daran, dass ich just in diesem Moment einen Termin wegen Hannah Dixons Supraspinalmuskel hatte und noch nicht einmal dazu gekommen war, anzurufen und abzusagen. Und dann musste ich Dr. Milne und das Bestattungsinstitut und Mum anrufen, und das Elektrizitätswerk, und jemanden, der etwas wegen des Dachs unternahm, und wir hatten die Kälber von heute noch nicht hereingeholt, und ich fror und war schmutzig und nur mit einem Handtuch bekleidet, und – »Es tut mir leid«, wiederholte ich hilflos, strich mit einer Fingerspitze über das starre Gesicht und verließ den Raum.
    Nachdem ich Roses Schlafzimmertür hinter mir geschlossen hatte, ging ich durch den Flur zurück. Dabei wandte ich den Blick entschlossen von der Toilette ganz am Ende ab, wo das Loch im Dach zweifellos größer geworden war und wahre Wassergüsse durchgelassen hatte. Dann bewog mich ein Geistesblitz dazu, umzukehren und nachzuschauen.
    Der große Topf, den ich unter das Loch gestellt hatte, war tatsächlich übergelaufen und hatte die Toilette in einen See verwandelt, aber wenigstens hatte ich jetzt reichlich sauberes (wenn auch eiskaltes) Wasser zum Waschen. Ich tauchte eine Ecke des Handtuchs hinein und begann mich abzurubbeln – nicht so gut wie eine heiße Dusche, aber ich konnte zumindest einen großen Teil der grünen Schmierspuren entfernen. Dann ging ich in das Rosa Zimmer, musterte bekümmert den Haufen Putz, der von der Decke auf das Fußende meines Betts gefallen war, und zog mich rasch an.
    Ohne große Hoffnung nahm ich das schnurlose Telefon von der Ladestation, aber zu meiner Erleichterung erklang tatsächlich das Freizeichen – ich hatte schon befürchtet, mit meinem Handy den halben Hügel hinter dem Haus hochsteigen zu müssen, um Empfang zu bekommen. Gut, fang am

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