Dinner mit Rose
sollte –, wenn ich nur in seine Nähe hätte gelangen können. Aber Hazel saß rechts von ihm auf einem Stuhl und eine kleinlaute, schuldbewusste Cilla links, während eine dritte Frau, die ich nicht kannte, einen Strauß orangefarbener Gerberas in einer Vase auf dem Tisch am Fuß des Bettes arrangierte.
»Josie!«, rief Kim im Gang hinter mir, stellte ein Tablett mit Einwegkaffeebechern auf dem nächstbesten Rollstuhlsitz ab und umarmte mich.
Ich drückte sie fest an mich. »Hey, Kimlet.«
»Du hattest sicher einen furchtbaren Tag«, murmelte sie in meine Schulter.
»Genau wie du.«
»Yeah.«
»Aber Kopf hoch. Matt ist am Leben.«
Kim machte sich seufzend von mir los. »Stimmt. Ich vermute, wir hätten ihn wirklich ein bisschen vermisst.«
»Das sagen wir ihm besser nicht, sonst trägt er die Nase noch höher.« Und wir lächelten uns zittrig zu.
»Es ist furchtbar«, sagte Kim plötzlich. »Ich vergesse Tante Rose immer wieder.«
»Ich denke, das versteht sie«, entgegnete ich. Mein Glaube an ein Leben nach dem Tod stand auf etwas wackligen Füßen, aber der Gedanke, Tante Rose könnte für immer fort sein, kam mir offen gestanden lächerlich vor. »Sie wäre empört, wenn wir zusammenklappen würden, statt weiterzumachen wie gewohnt.«
»Mhm.« Kims Blick ruhte nachdenklich auf ihrer Mutter. Dann drehte sie sich um und griff nach dem Tablett mit dem Kaffee. »Komm mit.«
Sie ging durchs Zimmer, stellte das Tablett auf den Tisch und suchte in der Tasche ihrer Jeans nach einigen Münzen. »Zwei Dollar vierzig«, sagte sie und reichte sie der unbekannten Frau.
»Danke, Schätzchen. Das ist Wucher, nicht wahr? Wie am Flughafen.« Sie sah von Kim zu mir. »Und das muss Josie sein.«
»Hallo«, sagte ich. Matt schlug mühsam die Augen auf. Unsere Blicke kreuzten sich. »Hey, Matt.« »Mein Liebster, ich liebe dich mehr, als irgendjemand in der Weltgeschichte jemals einen anderen Menschen geliebt hat« kann man vor Publikum schlecht laut sagen, und im Grunde genommen glaube ich nicht, dass irgendjemand, der mit meinem Vater verwandt ist, solche Worte über die Lippen bringt.
»Hey, Jose«, flüsterte er.
»Ich bin Myra Browne«, stellte sich die Frau vor. »Cillas Mutter.«
»Oh, natürlich«, sagte ich. »Freut mich, Sie kennenzulernen.« Was nicht der Wahrheit entsprach, aber »Was zum Teufel haben Sie und Ihre verdammte Tochter hier zu suchen?« gehört auch zu den Dingen, die man besser für sich behält.
Hazel blickte auf. Ihr Gesicht verzerrte sich wie das eines Kindes. »Oh, Josie«, wimmerte sie und streckte die Arme aus. Das kam überraschend, aber ich umarmte sie gehorsam und tätschelte ihren schmalen, zitternden Rücken. »Er wäre beinahe n … nicht durchgekommen. Mein kleiner Junge – und R … Rosie ist … ist tot …«
»Im Schlaf gestorben«, versuchte ich sie zu trösten. »Ganz friedlich.«
»Trink einen Kaffee, Hazel«, sagte Myra. »Dann geht es dir besser. Wolltest du Zimt oder Schokolade auf deinen Cappuccino?«
Hazel seufzte, gab mich frei, sank auf ihren Stuhl neben Matts Bett zurück und versperrte mir so den Zugang. »Zimt«, sagte sie. »Danke.«
»Cilla?« Ihre Mutter hielt einen weiteren Becher hoch. »Komm, Schatz, trink ihn, solange er heiß ist.«
Cilla holte tief und zittrig Atem und warf ihr schimmerndes Haar zurück. Ihre Augen waren gerötet, ihr Gesicht vom Weinen verquollen, und über ihre Wange verlief ein langer Kratzer. Trotzdem sah sie wie ein Porzellanpüppchen aus. »Es tut mir so leid«, flüsterte sie.
»Das weiß er«, gab ihre Mutter mit Nachdruck zurück. »Matthew weiß, dass es ein Unfall war.«
Zur Bestätigung gab Matt ein schmerzliches Grunzen von sich. Cilla verbarg ihr Gesicht erneut, und ich empfand plötzlich Mitleid mit ihr – womit ich nicht gerechnet hatte, schließlich hatte das Mädchen meinen liebsten Menschen auf der Welt verletzt. Aber man muss sich das Ausmaß der Reue darüber, jemanden in die Intensivstation gebracht, gepaart mit der sengenden Scham, dem ganzen District Stoff für pikanten Klatsch geliefert zu haben – sitzengelassene Exfreundin fährt hiesigen Farmer über den Haufen! –, einmal vorstellen. Lasst eine, die niemals ihrem Freund, der mit ihr Schluss gemacht hat, einen solch unseligen nächtlichen Besuch abgestattet hat, den ersten Stein werfen. Oder so ähnlich.
»Jo?«, krächzte Matt.
»Ja?«
»Ist alles … in Ordnung?«
»Auf der Farm, meinst du?«
»Mhm.«
Ich lächelte. »Oh ja.« Wenn man
Weitere Kostenlose Bücher