Dinner mit Rose
und antwortete: »Wenn es sein muss, kann ich meinen Willen schon durchsetzen, kleine Jo, keine Sorge.«
»Es war nett von ihr, dass sie gekommen ist«, bemerkte Hazel. »Aber vielleicht war ein so langer Besuch für dich in deinem Zustand doch ein bisschen zu viel, Rosie.« Sie sah mich streng an, damit ich diesen Wink mit dem Zaunpfahl auch wirklich verstand. Ich erwiderte ihren Blick mit unbeteiligter Miene, woraufhin sie hinzufügte: »Rosie wird keinesfalls für dich kochen und putzen können, solange du hier bist. Ich hoffe, du erwartest nicht, von vorn bis hinten bedient zu werden.«
» Mum! «, protestierte Kim.
Rose lächelte. »Das ist richtig, Josephine. Ich lasse nicht zu, dass du hier nur faul herumlümmelst und Marmite-Omeletts verlangst. Und jetzt, meine Lieben, zeige ich mich als ganz schlechte Gastgeberin und verkrieche mich ins Bett.« Als sie sich mühsam hochrappelte, stieß ihre Schwester einen leisen, atemlosen Entsetzenslaut aus.
»Rosie! Oh, Rosie, deine Haare !« Eine gute Hand voll silbriger Strähnen hob sich hell vom dunkelgrünen Samt der Chaiselongue ab.
»Ja, Hazel, sie fallen aus«, erwiderte Rose ruhig. »In einer Woche bin ich so kahl wie ein Ei.« Mit diesen Worten stolzierte sie aus der Küche.
Hazel sah ihr mit dem verletzten, verwirrten Gesichtsausdruck eines Welpen nach, der einen Fußtritt erhalten hat. Dann verklärte sich ihre Miene zu heiligmäßiger Nachsicht, und ihr Blick wanderte von Kim zu mir. »Mädchen, Rosie braucht jetzt all unsere Geduld und unser Verständnis. Diese furchtbare Chemotherapie nimmt sie sehr mit.«
Das Wochenende verlief angenehm – ruhig und ereignislos. Rose schlief ziemlich viel, und wenn sie auf war, spielten wir am Küchentisch Mah-Jongg, während im Hintergrund der Country-und-Western-Sender im Radio lief; dazu tranken wir Tee. Tante Roses Küche war der heimeligste Ort der Welt. An den Fenstern hingen rote Samtvorhänge (nur ein klein wenig schäbig), und die Wände waren pinkfarben gestrichen. Sie hatte einen großen Holzofen und einen riesigen Tisch mit einer geschrubbten Holzplatte, auf dem Boden lagen Schaffell-Läufer verstreut, und der Greif überblickte von seinem Platz auf der Rückenlehne der Chaiselongue aus alles, was im Raum vorging.
»Ich bewundere Dolly Parton sehr«, bemerkte sie, als die letzten Takte von »Jolene« verklangen. Sie war in ihren karminroten Morgenrock gehüllt und hatte die ihr verbliebenen Haare zu einem lockeren Chignon gewunden, der die kahle Stelle an ihrem Hinterkopf geschickt verbarg. »Ich habe vor ein paar Tagen ein Fernsehinterview mit ihr gesehen – sie hat den Moderator mit einem verschmitzten Funkeln in den Augen angeblickt und ihm erklärt, es koste viel Zeit und Geld, so billig wie sie auszusehen.«
»Graeme hält sie für eine Schlampe ohne jegliche Klasse«, erwiderte ich kopfschüttelnd. »Eigentlich hätten da bei mir doch schon alle Alarmglocken läuten müssen, nicht?«
»Allerdings«, stimmte Rose mir feierlich zu. »Da bist du gerade noch um Haaresbreite entkommen, mein Mädchen.«
Ich grinste sie an. »Ja, nicht wahr?« Und zum ersten Mal ahnte ich, dass das vielleicht den Nagel auf den Kopf traf. Von meinem Freund und meiner besten Freundin derart hintergangen zu werden hatte monatelang so weh getan, dass ich es nicht ertragen konnte, darüber nachzudenken (leider konnte ich allerdings an nichts anderes denken, was hieß, dass in meinem Inneren Trübsal herrschte). Inzwischen war ich mir jedoch gar nicht mehr so sicher, dass ich den Rest meines Lebens wirklich mit Graeme, dem Snob, hätte verbringen wollen. Und das war sicher ein bedeutender Durchbruch. Nicht in der Größenordnung von Newton und seinem Apfel, ich weiß, aber immerhin.
»Nun mach schon«, drängte ich. »Du bist dran.«
»Wo ist die Anleitung?«, fragte Rose. »Ich bin sicher, ich habe einen Kaiserlichen Drachen oder sonst was Aufregendes.«
»Ganz sicher nicht.« Diese Frau schummelte, dass es nicht mehr schön war; erfand ständig neue Kombinationen und behauptete dann, sie seien hohe Punktzahlen wert.
Kapitel 13
M ATT BRACHTE TANTE Rose am Dienstag zu ihrem letzten Chemotermin. Sie kamen spät nach Hau-se, und Rose kroch mit aschgrauem Gesicht sofort ins Bett. Als Matt in die Küche zurückkehrte, rieb er sich mit den Händen übers Gesicht. »Gott sei Dank war das die letzte.«
»Wann hat sie die nächste Untersuchung?«, erkundigte ich mich.
»In zwei Wochen.«
»Und mit etwas Glück war’s
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