Dinner mit Rose
gegen die samtbezogene Rückenlehne.
»Nach einer Tasse Tee geht es dir besser«, sagte Tante Rose. »Möchten Sie auch eine, junger Mann?«
Andy war verlegen im Türrahmen stehen geblieben. »Äh … ja, bitte«, antwortete er. »Hey, Jo.«
»Hey.« Ich trat zu ihm und küsste ihn auf die Wange, woraufhin ihm anscheinend noch unbehaglicher zumute wurde. »Danke.«
»War mir ein Vergnügen.« Er musterte seine Gastgeberin mit ihrem Wollhut und dem karminroten Morgenrock zweifelnd. »Vielleicht sollte ich besser gehen, bevor ihr drei euch in die Haare geratet.«
»Welche Haare?«, gab Tante Rose trocken zurück. »Setzen Sie sich, es wirkt so ungemütlich, wenn jemand stehen bleibt. Josephine, was hat du mit diesem klebrigen Schokoladenzeug angestellt?«
Bei der Erwähnung von klebriger Schokolade stöhnte Kim leise.
»Geschieht dir recht«, sagte ich zu ihr.
»Wirklich, Kim, es ist mir ein Rätsel, warum jemand freiwillig dafür sorgt, dass ihm speiübel ist«, bemerkte Tante Rose.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Tante Rose, es tut mir leid.«
»Als ich in deinem Alter war«, erzählte Rose, »da haben wir Lernschwestern uns intravenöse Kanülen gelegt, bevor wir auf die Rolle gegangen sind. Und wenn wir nach Hause kamen, haben wir einen Liter Kochsalzlösung in uns hineinlaufen lassen, bevor wir zu Bett gingen – es gibt nichts Besseres, um einen Kater zu vermeiden.«
»Krass«, sagte Andy.
»Einmal ging der Schuss nach hinten los. Meine Kanüle hatte sich gelöst, und ich habe irgendjemandem den ganzen Teppich vollgeblutet. Es sah aus wie am Tatort eines Axtmordes.« Sie lächelte angesichts dieser Erinnerung, dann blickte sie ihre Nichte streng an. »Wie dem auch sei, selbst wenn ich eine Kanüle und einen Tropf hätte – ich habe seit zwanzig Jahren niemanden mehr darangehängt, also solltest du besser einen Liter Wasser trinken und zwei Paracetamol nehmen.«
Kim rollte sich zusammen und begann leise zu schluchzen. Gut , dachte ich, als ich den Tee eingoss, aber Andy ging zu ihr und setzte sich neben sie.
»Hey«, sagte er sanft. »Alles okay. Niemand ist böse auf dich.«
»Sprich nicht für andere«, knurrte ich und erntete dafür einen strafenden Blick.
»Hör nicht auf Jo«, sagte Andy. »Ich habe sie schon mal so betrunken gesehen, dass sie kaum stehen konnte, geschweige denn anderen Leuten den Mamba beibringen.«
Dieser verräterische Schweinehund – er musste ja grade den Mund aufreißen. Er spielte auf den Abend des Kakaos mit Gin an; damals hatte er seine eigene Interpretation von Riverdance vorgeführt, die damit geendet hatte, dass er über einen Stuhl gefallen war.
»Mamb o «, korrigierte ich ihn. »Eine Mamb a ist eine Schlange.«
»Wie auch immer«, winkte Andy ab. »Der springende Punkt ist, dass auch du Dummheiten machst.«
»Das mag ja sein«, räumte Tante Rose ein. »Aber Josephine ist weder unter achtzehn, noch schleicht sie sich zu einer Party, ohne ihrer Mutter zu sagen, wo sie ist.«
»Ich habe doch gesagt, dass es mir leidtut«, murmelte Kim.
»Was glaubt denn deine Mutter, wo du bist?«
»Bei Rachel. Wirst du … wirst du es ihr sagen?«
Tante Rose seufzte. »Ich denke nicht. Obwohl ich es tun sollte.« Sie nahm ihre Teetasse entgegen. »Danke, Josephine.«
»Und bitte sag Matt nichts.«
Draußen stimmten die Hunde erneut ihren Begrüßungschor an – sie erlebten eine anstrengende Nacht. Ich reichte Kim ihre Tasse. »Du kannst es ihm gleich selbst sagen.«
Matts Kleinlaster gab sein charakteristisches ungesundes Stottern von sich, als der Motor abgestellt wurde. Kim sprang auf, brach erneut in Tränen aus und verschüttete Tee über ihre Jeans.
»Er hat dich ausdrücklich gebeten, nicht auf diese Party zu gehen, nicht?«, vermutete ich.
»J … ja …« Der Tee geriet wieder in Bewegung, und Andy nahm ihr geistesgegenwärtig die Tasse aus der Hand.
»Oh, Kim«, seufzte Rose.
Matt öffnete die Küchentür und starrte seine Schwester an. Sein Haar war vom Schlaf zerzaust, er trug sein Sweatshirt mit der Innenseite nach außen, und die Lippen hatte er zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Ich glaube nicht, dass ich ihn jemals wütender erlebt hatte; noch nicht einmal an jenem fürchterlichen Tag, wo ich seine neue Angelrute fallen gelassen und sich das empfindliche Innenleben der Aufwindspule mit Sand gefüllt hatte.
»Demnach lebst du noch«, fauchte er.
»Matt, es war keine Absicht«, flüsterte sie.
»Es war keine Absicht, dass du zu
Weitere Kostenlose Bücher