Dinner mit Rose
werden?«
»Genau«, sagte ich. »Der Arm wird schrumpfen und verdorren. Wahrscheinlich auch schwarz anlaufen. Soll ich ihn gleich abhacken?«
»Warum nicht?«, fragte Matt. »Der Stumpf hat drei Wochen Zeit zu heilen, ehe die Kühe anfangen zu kalben. Was ist denn nun mit der Schulter?«
»Sie ist nur nicht sehr beweglich.« Ich nahm seinen Oberarm in eine Hand und tastete das Gelenk mit der anderen ab, während ich gleichzeitig seinen Arm bewegte. »Das dürfte jetzt etwas weh tun.«
»Nur wenn du weiter daran herumzerrst«, gab er bissig zurück.
»Wenn du die Zeit erübrigen kannst, solltest du vorbeikommen und einen Ultraschall machen lassen«, schlug ich vor. »Wenn du mich das nicht machen lassen willst, kannst du dazu auch in die Krankenhausambulanz gehen.«
»Natürlich sollst du das machen. Ich beschwere mich nur, weil ich mich dann eher wie ein ganzer Kerl fühle.« Er drehte sich auf dem Stuhl um und lächelte mich an. »Ich werde einen Termin vereinbaren.«
Draußen erscholl lautes Gebell.
»Das ist sicher Kim«, sagte Matt. Er wollte sich gerade das Hemd wieder über den Kopf ziehen, als die Küchentür aufflog und Cilla im Türrahmen erschien. Sie trug einen weißen Trenchcoat über ihren Jeans und einen pinkfarbenen Kaschmirschal um den Hals; ihre Wangen waren gerötet, und die Augen funkelten. Sie wirkte so hübsch wie ein Model in einem Werbespot.
»Hallo«, sagte Matt verblüfft. »Was tust du denn hier?«
»Was ich hier tue? Diese Frage sollte ich wohl eher dir stellen!«
Plötzlich wurde uns klar, dass ihre geröteten Wangen von einem inneren Gefühlsaufruhr und nicht von körperlicher Anstrengung herrührten und dass sie uns wohl gleich eine hysterische Szene machen würde.
»Hey«, erwiderte Matt schwach. »Beruhige dich, ja?«
Wie um alles in der Welt hatte der Mann fast dreißig Jahre alt werden können, ohne zu begreifen, dass es fast genauso schlimm ist, seine Freundin zu bitten, sich zu beruhigen, wie ihr zu sagen, dass sie zugenommen hat?
Ich machte mich an der Spüle zu schaffen, doch Cilla fauchte mich wütend an: »Und du brauchst nicht dazustehen und zu grinsen, du Schlampe!«
Ich fuhr herum und starrte sie entgeistert an – normalerweise sagen Leute solche Dinge nur in billigen Seifenopern. Die meisten von uns lassen sich auch in solch dramatischen Situationen von Konventionen leiten und werfen flüchtigen Bekannten nicht gleich Beleidigungen an den Kopf.
»Was zum Teufel ist dein Problem?«, fragte Matt, womit er noch weiter Öl in die Flammen goss. Sein Mangel an Fingerspitzengefühl war wirklich erstaunlich.
»Wie konntest du mir das antun, Matthew?« Cillas Stimmung schlug abrupt von kampfeslustig in weinerlich um. »Mit ihr ?«
Das war nicht gerade schmeichelhaft. Man könnte denken, ich ginge auf die sechzig zu, hätte einen Klumpfuß und meine Körperhygiene ließe zu wünschen übrig.
»Ich habe keine Ahnung, wovon du redest«, entgegnete Matt verdutzt, und Cilla brach in Tränen aus.
»Hey«, warf ich ein, als ich sah, dass Matt keine Anstalten machte, weiterzusprechen. »Ich habe mir nur seine verrenkte Schulter angesehen, Cilla.«
»Die ganze Nacht lang?«, zischte sie mich an. Tränen rannen ihr über die Wangen.
»Bitte?«, fragte Matt.
»D … dein Auto stand die ganze Nacht hier«, schluchzte sie. »Ich bin doch nicht blöd!«
»Du lieber Himmel«, versetzte er entnervt. »Ich habe es Jo geliehen, damit sie ihre Sachen aus ihrer Wohnung in der Stadt holen konnte.«
»Aber du bist n … nicht ans Telefon gegangen.«
»Du wusstest doch, dass ich mir bei Scott das Rugbyspiel anschaue.« Er wirkte eher peinlich berührt und verärgert als versöhnlich – Matt würde sich lieber alle Zähne ziehen lassen, als in aller Öffentlichkeit über Beziehungsprobleme zu diskutieren.
Cilla schniefte leise. »Du hast auch dein Handy einfach klingeln lassen.«
»Das hab ich auf dem Traktor liegengelassen, als ich gestern die Kühe gefüttert habe.«
»Oh«, sagte sie kleinlaut. »T … tut mir leid.« Sie ging durch die Küche und legte ihre rosige Wange auf seinen Scheitel.
Matt tätschelte ihr leicht verlegen den Rücken, was mich an die Art meines Vaters erinnerte, mit weiblichen Gefühlsausbrüchen umzugehen. Dann stand er auf und sagte: »Hör zu. Ich sehe kurz nach, ob Rose wach ist, und dann gehen wir.«
»Okay«, flüsterte Cilla.
Ich blieb allein mit ihr zurück. Da mir kein unverfängliches Gesprächsthema einfiel, setzte ich mich an den
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