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Dinner mit Rose

Dinner mit Rose

Titel: Dinner mit Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Hawkins
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reichte sie mir das Telefon.
    Ich nahm es ihr ab. Trotz Flanellpyjama und zwei Paar Socken zitterte ich. Tante Roses Flur hätte auch nicht zugiger sein können, wenn er als Windkanal konzipiert worden wäre.
    »J … Josie«, schluchzte Kim. »Oh, J … Jo, es tut mir leid, ich …«
    Ich konnte die Worte kaum verstehen – ihr Atem kam in abgehackten, aufgeregten Stößen, und die Musik im Hintergrund war höllisch laut. Irgendein Elternpaar würde morgen früh sehr wütend sein, wenn es feststellte, dass die Lautsprecher der Stereoanlage den Geist aufgegeben hatten.
    »Kim!«, brüllte ich, um das Getöse zu übertönen. »Alles ist gut! Wo bist du? Ich komme und hole dich ab, okay?«
    »Ich … ich s … sollte nicht hier sein, ich …«
    Ich glaube, sie sagte noch etwas, aber in diesem Moment setzte ein donnerndes Schlagzeugsolo ein. Also das würden die Lautsprecher eindeutig nicht überleben.
    »Das macht nichts. Sag mir nur, wo du bist, und ich komme dich holen, ja?«
    »J … Jonno hat mich mitgenommen«, keuchte sie. »Aber er … er …« An diesem Punkt verlor sie völlig die Nerven und begann zu schluchzen.
    Ich hatte eigentlich gedacht, ich wäre nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, aber jetzt flammte eine mörderische Wut in mir auf. Ich würde dieser kleinen Ratte Jonno das Fell über die Ohren ziehen, wenn ich ihn in die Finger bekam. » Kim ! Wo bist du?«
    Am anderen Ende der Leitung kam es zu einem kleinen Tumult, und vor meinem geistigen Auge entstand ein Horrorszenario – Kim, die von einer Horde betrunkener Jugendlicher bedrängt wurde. Doch dann erklang eine andere Stimme. »Hey, Jo, Andy hier.«
    Vor Erleichterung wurden meine Knie weich. »Andy! Was zum Teufel ist da los?«
    »Sie ist ein bisschen aufgeregt«, erklärte Andy überflüssigerweise. »Ich glaube, ihre Mum weiß nicht, dass sie hier ist, und sie hat zu viel getrunken.«
    »Ist sie okay?«
    »Yeah«, sagte er. »Na ja, abgesehen davon, dass sie sich jeden Moment übergeben wird – aha. Geht schon los. Sie spuckt wie ein Wasserspeier.«
    Hoffentlich über Jonnos Gitarre, die anscheinend mehr wert war als mein Auto.
    »Kannst du auf sie aufpassen, bis ich da bin?«, fragte ich.
    »Mach dir keine Sorgen«, erwiderte Andy fröhlich. »Ich bringe sie nach Hause. Die Party ist nämlich wirklich mies.«
    »Kannst du noch fahren?«
    »Hab nur Ingwerbier getrunken«, sagte er. »Hier, du erklärst ihr besser, dass ich kein Serienkiller bin.« Über den Hintergrundlärm hinweg – dem Geräusch nach zu urteilen, kippte jemand Schnaps und wurde von der Menge lautstark angefeuert – hörte ich ihn freundlich fragen: »Fertig mit Reihern? Sprich noch mal mit Jo – alles kommt wieder in Ordnung.«
    »Andy bringt dich nach Hause, okay?«, schrie ich. »Er kümmert sich um dich; er ist ein Freund von mir.«
    »Nicht nach Hause!«, kreischte Kim hysterisch. »Josie! Nicht nach H … Hause …«
    »Okay, Kim. Hierher. Zu Tante Rose.«
    »Und ihr dürft Matt nichts sagen!«
    Ich wunderte mich über die Panik in ihrer Stimme. Ihr Bruder würde von ihrem Auftritt an diesem Abend nicht begeistert sein, aber er war ziemlich hart im Nehmen. »Okay. Okay, geh einfach mit Andy mit.«
    Rose, deren Nachthemd sich im Luftzug bauschte, stolzierte in die Küche, bückte sich und legte ein weiteres Holzscheit in den Ofen. »Wir müssen wohl dankbar sein, dass sie angerufen hat«, bemerkte sie.
    Ich ging den Flur hinunter, um Roses Morgenrock, den orangefarbenen Hut und ein Paar Wollsocken zu holen. Als ich in die Küche zurückkam, reichte ich ihr die Sachen und schaltete den Wasserkocher ein. »Und ich denke, Jonno wird fortan der Vergangenheit angehören. So kommt weni gstens etwas Gutes bei der ganzen Sache heraus.«
    »Was hat er getan?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Wahrscheinlich ist er mit ihr zu der Party gegangen und hat sich dann eine andere geschnappt. Arme Kim.«
    Zehn Minuten später hörten wir Andys Firmenwagen den Hügel hinaufknattern. Das weckte die Hunde aus ihrem Tiefschlaf, und sie begannen hysterisch zu bellen.
    Rose riss die Tür auf und brüllte in die kalte Dunkelheit: »Schluss jetzt!«
    Eine sehr zerknirschte Kim kam in die Küche ihrer Tante geschlichen. Sie trug eines ihrer knielangen T-Shirts über den Jeans, ihre Augen waren rot und geschwollen und ihr Make-up verschmiert, so dass sie aussah wie ein unglücklicher Waschbär.
    »Mir ist kalt«, flüsterte sie, sank auf die Chaiselongue und lehnte den Kopf

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