Dinnerparty
Wirklichkeit dachte er, dass er an Richters Stelle Laura auch gehasst hätte. Aber er käme nie auf die Idee, einen anderen Menschen zu töten.
*
Marcello Mari saß auf seinem großen Balkon in Uhlenhorst und tippte nervös mit den Fingernägeln gegen sein Gin-Tonic-Glas. Heute lief alles falsch. Erst hatte dieser Kommissar Schölzel ihn aufgesucht. Sie hatten natürlich herausgefunden, dass Laura ihn mehrmals angerufen hatte. Und wenn schon. Er hatte souverän ausgesagt, dass er für diese Tatsache wohl kaum etwas konnte und sich von ihr eher belästigt gefühlt habe. Unter Kontakt haben, würde er etwas anderes verstehen. Dieser Schölzel hatte sich damit zufrieden gegeben. Kaum war der unangenehme Kripobeamte aus der Tür, hatte das Telefon geklingelt. Sascha Richter wagte es, ihm den Tag komplett zu versauen. Was bildete sich der Typ nur ein? Glaubte er wirklich, er würde sich erpressen lassen? Selbst wenn er wollte, er konnte Sascha nicht helfen. Keiner würde Richter eine Rolle geben. Er war in der Szene als Trinker bekannt. Niemand würde das Risiko eingehen, mit einem zitternden Wrack zusammenzuarbeiten. Marcello zuckte zusammen, als das Telefon wieder klingelte. Er würde Sascha sagen, dass er zur Hölle fahren sollte.
»Ja!«, fauchte er schroff.
»Spreche ich mit Marcello Mari? Hier ist Sophie Sturm von der ›Stars & Style‹.«
Er riss erstaunt die Augen auf. »Ja, ich bin’s, Marcello. Entschuldigen Sie den rüden Ton, aber ich dachte, es ist mal wieder dieser versoffene Penner, Sasch…« Er biss sich auf die Lippen. Er hatte einen Fehler gemacht.
»Sascha Richter hat Sie angerufen? Was wollte er denn?«
Zu spät. Er würde ihr irgendetwas erwidern müssen.
»Mich erpressen. Dieser Spinner versucht, mir Angst einzujagen. Er will mit einer großen Boulevard-Zeitung sprechen und Dinge über mich erzählen.«
»Was für Dinge?«
Verdammt. Er war auf so ein Gespräch überhaupt nicht vorbereitet. Er musste sich konzentrieren und so gelassen wie möglich wirken. »Keine Ahnung, was er sich in seinem kranken Kopf so einbildet. Es geht mir auch am Allerwertesten vorbei. Ich habe ihm gesagt, er soll sich erst wieder melden, wenn er wirklich einen Redakteur gefunden hat, der ihm die Geschichte abkauft.« Er bemühte sich um einen lässigen Plauderton und lachte leise. »Jetzt sagen Sie nicht, dass Sie diese Redakteurin sind?«
»Nein, bin ich nicht. Ich möchte eine Geschichte mit Ihnen machen.«
Marcello grinste und ballte die Faust.
»Na, das klingt doch großartig. Gerne.«
»Schön, dann treffen wir uns am besten gleich morgen. Passt es Ihnen am frühen Abend im Au Quai?«
Gute Wahl. Er mochte das Restaurant sehr. »Selbstverständlich. Ich werde uns einen Tisch auf der Terrasse reservieren.« Er würde versuchen, sie auf ein paar Drinks einzuladen und seinen Charme spielen lassen. Sophie war eine sehr attraktive Frau.
»Ach, was will Richter denn eigentlich von Ihnen?«
»Er will, dass ich ihm helfe, wieder einen Job zu kriegen.«
»Und wenn Sie das nicht versuchen, was dann? Welches dunkle Geheimnis von Ihnen glaubt er denn zu kennen?«
Mari stöhnte. »Wissen Sie, Sophie, darüber zerbreche ich mir schon den ganzen Abend den Kopf. Ich habe keine Ahnung. Ich habe langsam den Verdacht, dass ich ein furchtbar langweiliger Mensch bin.«
Sophie lachte. »Vielleicht will er ja das erzählen. Der Frauenschwarm Marcello Mari ist im wirklichen Leben todlangweilig.«
Mari lachte mit. »Dann wäre mein Image als Frauenheld natürlich im Eimer.«
Sie verabschiedeten sich. Mari legte auf und leerte seinen Drink in einem Zug. ›Stars & Style‹. Ein Starporträt wäre wunderbar. Würde dieser kranke Mann ihm Steine in den Weg werfen können? Nicht unwahrscheinlich. Er ahnte, was Sascha Richter wissen könnte. Irgendeine seiner Exfreundinnen hatte Richter wahrscheinlich erzählt, dass er Frauen nicht gerade mit Samthandschuhen anfasste. Schlimmer noch. Er hatte eine sadistische Ader, die er gern auslebte.
24
Sonntag
Sophie wachte mit leichten Kopfschmerzen auf. Sie rieb sich die müden Augen und verfluchte ihre Genusssucht. Jetzt hatte sie die zu erwartende Quittung bekommen. Der Abend mit Ben war noch sehr schön gewesen. Nach ihrem Anruf bei Marcello Mari hatte sie entschieden, dass sie in der Laura-Sache erst einmal genug Recherche betrieben hatte, und sich vorgenommen, das Thema an diesem Abend nicht mehr aufzugreifen. Zusammen mit Ben hatte sie sich über die Steaks
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