Dinnerparty
und sein Kreuz wirkte breit und männlich. Marcello sprühte sich etwas von dem teuren Duft auf und nickte seinem Spiegelbild zu. Perfekt. Er wollte, dass Sophie Sturm vom ersten Augenblick an merkte, dass er einfach ein absoluter Traummann war. Sie sollte sich am besten gleich selbst in ihn verlieben. Das Interview würde dann kein Problem mehr sein. Nur er und Sophie. Sophie wäre wirklich mal eine Frau, mit der er sich messen könnte. Sie war schön und schlau. So ein Kaliber traf man schließlich nicht jeden Tag. Monika kam ihm wieder in den Sinn. Sie hatte bereits mehrmals angerufen. Und schon wieder klingelte das Telefon. Monika.
»Was willst du?«, fragte er mit einem bedrohlichen Unterton.
»Ich wollte mich nur entschuldigen. Ach, Marcello, ich hätte dich nicht so provozieren dürfen. Es tut mir leid. Bitte …«
»Du hast mich sehr enttäuscht.«
»Ich weiß. Aber ich liebe dich und ich will auch das andere. Ich will es. Ich habe verstanden, dass es für dich dazugehört. Bitte, Marcello. Mach mit mir, was du willst. Ruf mich an und nenn mir die Adresse. Ich werde da sein und ich werde dich nicht enttäuschen. Ich schwöre.«
Mari erwiderte nichts. Er legte einfach auf. Das war nun mal seine Art. Es war doch immer wieder erstaunlich. Er behandelte Frauen gerne wie Dreck, wenn sie ihm auf die Nerven gingen. Und eigentlich gingen ihm alle Frauen früher oder später auf die Nerven. So bekam er am Ende immer sein devotes Opfer. Bis auf Laura. Laura hatte er, soweit er sich erinnern konnte, auch nie geschlagen. Monika hatte er schon öfter eine runtergehauen. Trotzdem bildete sich die dumme Kuh ein, er würde sie lieben. Und nun war sie so weit. Willig. Am Ende würde sie doch nur ein Opfer sein. Marcello leckte seinen Mittelfinger und strich seine Augenbrauen in Form. Er sah verdammt gut aus. Sophie Sturm würde schnell kapieren, dass eine Story mit ihm längst überfällig war. Vielleicht könnte er sie ja sogar tatsächlich noch persönlich begeistern. Soviel er wusste, war sie nach ihrer Affäre mit Felix van Haagen Single. Sophie würde sich sicher nicht einfach schlagen lassen. Sie war eine toughe Frau. Marcello merkte, dass er sich auf das Interview mit ihr freute. Es würde auf jeden Fall eine interessante Begegnung werden. Wenn er Glück hatte, würde er sofort merken, wie die hübsche Blondine so tickt. Immerhin war er ein guter Schauspieler. Und dann würde es kein Problem mehr geben, sie dementsprechend zu begeistern. Am Ende würde sie mit ihm ins Bett gehen, da war er sich sicher. Und dann würde er sie langsam auf das vorbereiten, was ihn in Wirklichkeit anturnte. Vorher musste er nur noch einen kleinen Abstecher nach Barmbek machen. Sascha Richter musste endlich kapieren, dass er, Marcello Mari, sich nicht erpressen lassen würde!
*
Ben rannte so schnell wie möglich zu Sophie. Als sie ihn eben gerufen hatte, hatte ihre Stimme entsetzlich panisch geklungen. Sophie haute so leicht nichts um. Ben war klar, dass sie eine grauenhafte Entdeckung gemacht haben musste.
Sein Herz klopfte und seine Beine zitterten, als er es selbst sah. Victor Rubens saß in seinem Stuhl. Seine rechte Gesichtshälfte fehlte. Gehirnmasse klebte am Rückenteil des Nylonstuhls. Seine Hand umschloss noch den Revolver. Ben wich würgend ein paar Meter nach hinten aus.
»Oh, mein Gott. Warum hat er das getan?«
Sophie schüttelte schweigend den Kopf. Sie wirkte blass und mitgenommen.
»Was jetzt? Den Krankenwagen müssen wir wohl nicht mehr rufen. Die Polizei …«
»Was hat er da in der Hand?«, unterbrach Sophie ihn leise.
»Eine Pistole!«
»Das ist nicht zu übersehen. Ich meine in der anderen.«
Ben sah auf Rubens Linke, die nach unten hing. Tatsächlich. Die Finger umklammerten ein zusammengeknülltes Stück Papier.
»Das ist doch bestimmt ein Brief.« Sophie machte bereits Anstalten, auf den toten Victor Rubens zuzugehen. Ben hielt sie zurück.
»Bist du wahnsinnig? Du kannst das doch nicht allen Ernstes lesen! Du darfst hier nichts anfassen. Das muss ich dir doch nicht erklären. Wir müssen sofort die Polizei verständigen. Ruf Stefan an.«
»Stimmt. Warten wir doch auf Stefan. Den fragen wir dann, ob er uns den Inhalt des Briefes als E-Mail schickt«, zischte sie wütend. In ihr Gesicht war die Farbe zurückgekehrt.
»Warum musst du unbedingt wissen, was da steht? Herrgott noch mal, Sophie. Jetzt reicht es! Rubens hat sich ganz offensichtlich eine Kugel in den Kopf gejagt.«
»Eben.
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