Dinnerparty
bedankte sich bei seinem Gesprächspartner und entschuldigte sich wiederholt für den Anruf. Dann beendete er das Telefonat.
»Und?«
»Linkshänder!«
Lutz starrte ihn an.
»Bist du sicher?«
»Ich habe mit seiner Frau gesprochen. Die wird es ja wohl wissen. Sie ist fix und fertig. Ich hoffe, du hast einen guten Grund, warum ich diese arme Person aus dem Bett klingeln musste.«
»Den habe ich allerdings. Sollen wir anfangen?«
Stefan nickte und folgte ihm in den Sektionssaal.
»Ich habe mir die Schusswunde bereits genauer angesehen«, erklärte Lutz und streifte sich frische Handschuhe über. Dann schlug er das Tuch zurück und deutete auf die tödliche Schussverletzung an der rechten Kopfseite.
»Wenn er Linkshänder war, dann hat er das wahrscheinlich nicht selbst gemacht!«
»Was?«
»Als Linkshänder hätte er sich einfach in die linke Schläfe geschossen. Warum sollte er plötzlich die ungeübte rechte Hand benutzen und das Risiko eingehen, nicht sicher zu treffen?«
Stefan schnappte nach Luft. »Jetzt sag mir nicht, dass …«
»Er ist erschossen worden.«
»Ist das sicher?«
»Es ist die einzige logische Erklärung! Ich bin mir sicher, dass wir an seiner Hand keine Schmauchspuren finden werden und ich kann dir sogar noch mehr über den Mord erzählen.«
Stefan rieb sich die Stirn und murmelte: »Na, da bin ich aber gespannt.«
Lutz ärgerte sich zum hundertsten Mal über diese Arroganz.
»Er ist von hinten erschossen worden.«
»Die Spurensicherung …«
»Stefan, ich war am Tatort«, unterbrach Lutz ihn sofort. Er hatte keine Lust, sich jetzt einen Vortrag über Polizeiarbeit und Ermittlungsergebnisse anzuhören. »Wenn der Täter vor ihm gestanden hätte, wäre das Blut nicht so nach vorne verteilt gewesen. Der Täter hätte es in seiner Position abgefangen.«
Stefan schnalzte mit der Zunge. »Klingt nicht unlogisch.«
Lutz freute sich. Mit Lob und Anerkennung war Kommissar Sperber sehr sparsam. »Abschiedsbrief hin oder her, Victor Rubens hat sich nie und nimmer selbst erschossen.« Er sah Stefan ernst an. »Das hat jemand anderes für ihn erledigt.«
29
Sophie fühlte sich noch immer müde und zerschlagen, als sie eine halbe Stunde später als üblich die Augen aufschlug. Sie hatte schlecht geschlafen. Die halbe Nacht hatte sie die Geschehnisse der vergangenen Tage wider Willen Revue passieren lassen. Und auch in ihren Träumen tauchten Laura und der entstellte Victor Rubens auf. Sophie rappelte sich hoch und beschloss, das Joggen ausfallen zu lassen. Auch die auffordernden Augen der kleinen Hundedame motivierten sie nicht. Es war ohnehin zu spät. Mit Ronja im Schlepptau schlich sie in den Wintergarten und öffnete die Tür. Ronja stürmte nach draußen und tobte über den Rasen. Sophie setzte sich auf die Treppe und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Es war schon wieder richtig warm. Sie beschloss, den Morgen mit einem Kaffee und der Tageszeitung auf der Liege im Garten zu starten. Vielleicht sollte sie sogar den ganzen Tag dort verbringen und das schöne Wetter genießen. Etwas Entspannung würde ihr guttun. Ben hatte sicher recht. Lauras Tod setzte ihr mehr zu als vermutet. Gestern waren einfach ihre Nerven mit ihr durchgegangen. Jetzt kam sie sich selbst lächerlich vor, dass sie Maris Verhalten als persönliche Drohung gegen sich empfunden hatte. Natürlich war der Mann sauer. Er war pünktlich zu einem Interview erschienen und bekam fast nur unprofessionelle Fragen zu seinem früheren Privatleben gestellt. Sie war diejenige, die sich eigentlich entschuldigen musste. Sophie schlurfte im Pyjama aus der Haustür zum Briefkasten, der an der Pforte am Ende der Einfahrt angebracht war. Sie griff sich das Hamburger Abendblatt und blickte gähnend auf die Titelseite.
Sascha Richter! Tödlicher Balkonsturz!
*
Robert Feller hatte seine Joggingrunde beendet. Unentschlossen spazierte er am Elbstrand entlang. Er hatte gehofft, wieder auf Sophie zu treffen, aber sie ließ sich leider nicht blicken. Eigentlich musste er sich beeilen. Spätestens in einer halben Stunde sollte er im Wagen sitzen und auf dem Weg ins Präsidium sein. Robert beschloss, noch fünf Minuten zu warten. Vielleicht hatte sie nur verschlafen. Der dumme Alexander blickte jaulend zu ihm hoch. Zumindest hechelte er nicht mehr so furchtbar. Die Kondition des Königspudels besserte sich von Tag zu Tag. Robert stellte überrascht fest, dass er Alexander schon ein bisschen mochte.
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