Dinotod: Tannenbergs vierter Fall
sonderlich gut angekommen ist.“
„Oh, ha!“
„Am nächsten Tag hab ich dann bei Ellen zu Hause angerufen und wollte mich entschuldigen. Aber als dann ihr Mann – also ihr angeblicher Exmann – den Hörer abgenommen hat, hab ich gleich wieder aufgelegt. Und seitdem herrscht absolute Funkstille zwischen uns.“
„Ja, Wolf, das ist wohl eine etwas vertrackte Sache“, entgegnete Sabrina Schauß seufzend.
„Weißt du, ich hab mir dann einfach gedacht: Wenn ihr etwas an mir liegt, meldet sie sich bestimmt bei mir. Und wenn ...“
„Und was ist, wenn sie genauso denkt wie du?“, fiel ihm seine bildhübsche Begleiterin ins Wort.
„Was?“
„Na ja, wenn sie sich auch gesagt hat: Wenn dem etwas an mir liegt, meldet der sich bestimmt bei mir. Vielleicht ist sie ja genauso unsicher wie du – oder vielleicht auch genauso stur wie du!“
„Aber ihr Mann war doch bei ihr zu Hause!“
„Ja und! Schließlich haben die, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, zwei gemeinsame Kinder. Und da gibt es ja garantiert immer noch eine Menge zu bereden und zu organisieren.“
„Ja, aber ...“ Tannenberg stöhnte laut auf. „Ach, Sabrina, ich weiß nicht, ob das überhaupt funktionieren könnte, mit ihr und mir. Ich kann einfach nichts mit diesem gesellschaftlichen Umfeld anfangen, das anscheinend für sie so enorm wichtig ist.“
„Wenn man wirklich will, kann man das schon.“
„Ach, verdammt!“, fluchte Tannenberg wütend vor sich hin. „Mensch, Sabrina, warum steh ich mir denn so oft selbst im Weg? Warum mach ich denn immer nur alles falsch mit euch Frauen? Bei Lea war das alles ganz anders: zwanglos, problemlos, harmonisch, unkompliziert. Da mussten keine großen Worte gemacht werden. Lea hat mich immer verstanden und mich einfach so genommen, wie ich nun mal bin.“
„Genau das sind deine beiden Probleme, Wolf, denn ...“
„Was sind meine beiden Probleme?“ Tannenberg krauste verständnislos die Stirn.
„Dein erstes Problem besteht darin, dass du dich überhaupt nicht ändern willst ! Du hast nämlich absolut keine Lust, dich irgendjemand anderem und dessen Lebensstil anzupassen. Aber dein Hauptproblem besteht darin, dass du dich einfach nicht von Lea lösen kannst. Und so lange du das nicht tust, wirst du auch weiterhin völlig blockiert sein. Das sind die beiden Ursachen für deine Probleme, sonst nichts! Und wenn du das schaffst, wirst du ganz schnell merken, dass alles viel, viel einfacher für dich wird.“
Wolfram Tannenberg hatte die Gardinenpredigt mit offenem Mund und ohne die geringste Reaktion zu zeigen, schweigend über sich ergehen lassen.
Aber wie stets, wenn man ihn mit unangenehmen persönlichen Dingen konfrontierte, stellten sich reflexartig zwei Bewältigungsstrategien bei ihm ein: Die erste, geradezu automatisch erfolgende Reaktion bestand immer darin, sich so schnell wie nur irgend möglich von der Person des störenden Kritikers zu befreien.
Dies erreichte Tannenberg im vorliegenden Falle ganz einfach dadurch, dass er sich von Sabrina zum Kommissariat chauffieren ließ, ihr einen innendienstlichen Rechercheauftrag erteilte und sich anschließend alleine mit dem Dienstwagen zum Bildungszentrums auf den Kaiserberg aufmachte. Womit sogleich der zweite Part seines in der Vergangenheit schon so oft erprobten und überaus erfolgreichen Verdrängungskonzepts eingeläutet wurde: die Ablenkung.
Da er einem spontanen Impuls folgend nicht den direkten Weg über die Burgstraße nahm, sondern sich in einem weiten Bogen dem Kaiserberg näherte, passierte er zuerst das Rittersberg-Gymnasium und dann den Zeppelinplatz. Anschließend befuhr er von Osten kommend die Alex-Müller-Straße – eine Strecke, die ihn unweigerlich mit dem neuen Verkehrskreisel an der Fachhochschule konfrontierte.
Tief in die Welt seiner Gedanken eingetaucht, registrierte er diese extrem innovative verkehrsplanerische Änderung zunächst überhaupt nicht, als er sich in gewohnter Art und Weise über diese Kreuzung hinwegbewegte.
Erst als ein anderer Autofahrer, der aus für Tannenberg völlig unerfindlichen Gründen plötzlichen inmitten des Kreuzungsbereichs einen weiten Bogen fuhr, ihn laut hupend mit einem netten Scheibenwischergruß bedachte, stoppte er ein paar Meter nach dem nur mit weißer Farbe auf den Asphalt gemalten Verkehrkreisel, blickte kurz in den Rückspiegel und setzte den silbernen Mercedes gleich anschließend wieder kopfschüttelnd in Bewegung.
Dieses schockartige Ereignis hatte im
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