Diplomat Im Abseits
kleinen Fisch einmal kurz gesehen – aber ihr Winken war im Gedränge untergegangen. Sie schob sich näher an die Hintertreppe heran. Es war schwer, den grapschenden Händen und dem Drängeln nach unten standzuhalten. Erst nach dem dritten Durchlauf gelang es ihr, den kleinen Fisch zu erwischen. Der begrüßte sie begeistert. »Hey, Paulette, glad to see you. Du arbeiten hier? – Lot of lovers; viel Geld machen.«
Paulette zog die kleine Thai näher zu sich heran. »Hast du noch Kontakt zu Moskito?«
»Yes, he is my manager. – Very good man. My family is happy, becoming rich.«
»Hast du von Navals neuer Frau, Subin Tairong, gehört?«
»Yes, poor girl, got a kick in her bumm. – Bastard Naval son of a bitch.«
»Arbeitet sie hier?«
»No, Subin nix arbeiten hier. – Nur Profis wie kleine Fisch.«
»Weißt du, wo ich sie finden kann?«
»Moskito fragen.«
»Nein, das geht nicht. Wir sind keine Freunde, verstehst du!«
»Yes, no friends.«
Schon versuchten drei Sealords die beiden mit Cola-Rum in ihren Kreis zu locken.
»We only drink Champagne«, krähte die kleine Thai. »Ladies prefer Champagne.«
Die Bestellung ging sofort weiter an den Barkeeper. Welch sprudelndes Wasser auch immer verlangt wurde – jedes Etikett der Nobelmarken konnte sofort aufgeklebt werden. Unter hundert Mark die Flasche waren die Grand Crus von der Elbe nicht zu haben.
Zu Ehren der Gäste von jenseits des Kanals dröhnte »It’s a long way to Tipperary« über die Lautsprecher. »Sailing home« wurde durch einen fetzigen Hard-Rock abgelöst, der nicht nur die Potenz, sondern auch die Aggressionen steigerte.
Die Stimmen wurden lauter und die Gesten eindeutiger.
Paulette und der kleine Fisch wurden befummelt, als gelte es ein Neuland zu entdecken. Um noch ein paar Worte miteinander reden zu können, versuchte sie erst gar nicht, zu protestieren; am besten war es, einfach stehenzubleiben.
»Wo hat Moskito die Subin untergebracht?« rief Paulette und hatte Mühe, mit ihrer Frage den Lärm zu durchdringen.
»Weiß nicht, vielleicht bei Bongo im Babylon.«
Paulette wehrte einen zu aufdringlichen Matrosen ab. »Wait a moment, lover. – Was sagst du?« wandte sie sich wieder an den kleinen Fisch.
»Moskito macht viele Geschäfte mit Bongo.«
»Und wer ist Bongo?«
»Weiß nicht, Moskito fragen.«
»Verdammt nein, ich sagte doch, wir sind keine Freunde mehr.«
»Ah yes – okay. Bongo nicht Reeperbahn.«
»Aber wo, zum Teufel, find’ ich ihn?« schrie Paulette gegen das Gedröhn der Läutsprecher und Stimmen an.
»Andere Kiez – andere Name.«
»St. Georg vielleicht?«
»O yes, St. Georg.«
»Danke dir; mach’s gut kleiner Fisch!« Paulette entwand sich blitzschnell den klammernden Männerhänden und tauchte nach unten weg. Mit energischen Ellenbogenstößen arbeitete sie sich zum Ausgang zurück und sah noch, wie der kleine Fisch, quietschend vor Vergnügen, von einem der Lords hochgestemmt wurde und sich wie ein Windmühlenflügel über den Köpfen der grölenden Männer drehte.
Als ein Taxi Nachschub für den Schuppen abgesetzt hatte, sprang Paulette kurz entschlossen hinein und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen: »St. Georgs-Kirche!«
»Raus!. – Ich hab’ andere Gäste, die warten!« brüllte der Fahrer.
Paulette blieb ungerührt sitzen. »Bitte, ich muß ganz schnell nach Hause; mein Kind braucht mich. – Ich zahle den doppelten Preis – bitte.«
Der Fahrer war nicht von der harten Sorte. Nach einem Blick auf den Fahrgast schob er seine Mütze zurück und schüttelte den Kopf. »Bei dem Geschäft hier abzuhauen, muß ja schon was bedeuten – da muß es wohl ernst sein. Also dann, ab geht die Post.«
Der Kurs führte bei Planten und Blomen vorbei über die Kennnedybrücke zur Alstertwiete. Paulette hatte kein Auge für die beleuchteten Barkassen, die zum Uhlenhorster Fährhaus tuckerten. Sie saß schweigsam in ihrer Ecke.
»Was’n los mit Ihrem Kind?« wollte der Fahrer wissen. Er berlinerte ein wenig. »Wie alt is’n dat Gör?«
»Fünfzehn«, log Paulette und nahm in Kauf, daß sie für älter gehalten wurde, als sie war. Dann dachte sie daran, daß Taxifahrer die besten Adressen für das schnelle Vergnügen kennen. »Meine Freundin hat angerufen, daß Uschi wieder einmal aus dem Fenster raus ist. Die hat bestimmt wieder gedrückt, dann rastet sie völlig aus.«
»Da könn’ Se ooch nichts mehr machen, wenn se weg is.«
»Ich muß sie suchen. Wenn ich sie finde, kommt sie auch
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