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Diplomat Im Abseits

Titel: Diplomat Im Abseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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kleinen Rundtisch geschoben und es sich dann bequem gemacht.
    Die Minibar neben dem Kofferbock war gut bestückt, allerdings mit Preisen im Bereich des Angebots eines Viersterne-Hotels.
    »Pikkolo?«
    Paulette nickte. »Gern – und ein Bier gegen den Durst.«
    »Das wird auch mir guttun; Mädchen, wir passen zusammen.« Der Mann legte zwei Zwanziger in den Quittungsblock.
    Sie saßen einträchtig nebeneinander, wie ein Paar vor dem Campingzelt.
    »Chin-chin!«
    »Chico – das schmeckt.«
    Die Erregung kam ganz sacht. Paulette brauchte nicht zu spielen; sie gab sich hin. Er verlangte nichts Unmögliches, keine Akrobatik, keine Perversionen. – Dann eine satte Müdigkeit.
    »Du bist kein Vollprofi«, sagte er lächelnd.
    »Oh, das täuscht; ich war nur eine Weile aus dem Geschäft. Aber wer sich abnabeln will, braucht Geld – leider. Hat es dir Spaß gemacht?«
    »Sehr. – Ich hab’ kein so hohes Einkommen.«
    »Verheiratet?«
    »Ja, aber meine Frau macht sich nichts draus. Ein- oder zweimal im Monat könntest du mit mir rechnen.«
    Paulette lächelte. »Du bist lieb – aber dann bin ich schon weit fort von hier.«
    »Wohin?«
    »Ach, vergiß es.« Sie stand auf und zog sich an. Auch er hatte seine leichte Kluft schnell übergestreift. »Und nun? – Der nächste Herr, dieselbe Dame; das stimmt traurig.«
    »Heute nicht mehr. Ich muß jemanden finden, ein nettes Mädchen mit Namen Subin Tairong, das hier zur Sau gemacht worden ist.«
    »Kenne ich nicht, – Rache?«
    »Wo denkst du hin, ich bin doch nicht lebensmüde. Nur rausholen aus dem Dreck will ich sie – und mich mit.«
    »Kann ich dir helfen?«
    »Kaum; aber du könntest übermorgen hier mal nachfragen, ob es mich noch gibt. Wenn ich verschwunden sein sollte, liegt in der Rezeption ein Brief unter dem Stichwort ›Aladin‹, den gibst du auf der Davidwache ab, mehr nicht. Laß bloß die Finger aus dem Geschäft, hörst du; sonst fischt man dich eines Tages aus dem Hafenbecken.«
    »Mädchen, du machst mir angst.«
    »Du weißt schon zuviel – bitte geh jetzt.«
    »Bis übermorgen.«
    »Bye, bye – sentimental lover.«
     
     
    Im »Schuppen Nr. 1« an der Silbersackstraße ging es hoch her. Am Überseekai hatten am späten Abend zwei Dickschiffe festgemacht, und die Lords der Marine Ihrer Majestät waren scharf wie feuerbereite Torpedos. Für den Rest der Nacht dürfte der Umsatz in St. Pauli gesichert sein.
    Paulette wußte von Moskito, daß er den kleinen Fisch im Schuppen die Schulden abarbeiten ließ. Vielleicht hatte er auch Subin Tairong hierhergebracht, denn ohne das in sie investierte Geld zurückgezahlt zu haben, würde er sie nicht aus den Fingern lassen.
    In dieser Nacht hätte Paulette auf die Schnelle ein Dutzend Männer abschleppen können. Sie konnte kaum zwei Schritte über den Albersplatz tun, ohne angesprochen zu werden. Der Blonde Hans mit dem Treckbüddel liebäugelte von seinem Denkmalssockel herab. »Auf der Reeperbahn nachts um halb eins… Beim ersten Mal da tut’s noch weh… Große Freiheit… La Paloma« – alles Gesülze, wenn man so tief im Dreck saß wie sie und tausend andere Mädchen auch.
    Paulette hatte sich im Schuppen an die Bar gequetscht. Noch stand die Reihe der Gefäße mit den Etiketten der besten Trinkerqualitäten aus aller Welt unbeschädigt in den mit Spiegeln hinterlegten Regalen. In den meisten Flaschen dürfte gefärbtes Wasser sein, denn wenn – wie es ein-, zweimal im Monat geschah – die Einrichtung zerlegt wurde, versprach so die Abrechnung mit der Versicherung einen netten kleinen Nebengewinn. Fischernetze, Anker, Steuerräder, Taue, Schiffslaternen, Segelschiffe im Bronzerahmen der Bulleyes, aber auch jeder andere Seemannskitsch gehörte zur Ausstattung des Schuppens Nr. 1. Das meiste war aus Sicherheitsgründen über Kopfhöhe befestigt, damit bei einer Prügelei die guten Stücke keinen Schaden nahmen.
    Der Schuppen war rappelvoll. Die starke Nachfrage dieser Nacht hatte sogar die gesamtdeutschen Rabatte für Kleinverbraucher purzeln lassen. Volle Pulle – voller Preis. Die Marktgesetze der Reeperbahn funktionierten im ganzen Kiez.
    Paulette drängte sich durch die Menge. Im Hintergrund des Raums, vor den Abgängen zu den Toiletten, herrschte geschäftiges Treiben; ein Freier nach dem anderen wurde nach oben abgeschleppt. Spätestens nach einer Viertelstunde stolperte er die näher zum Ausgang gelegene Treppe herunter, während im Hintergrund die neue Anmache lief.
    Paulette hatte den

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