Diplomat Im Abseits
Dank habe ich den Balkan verhindern können; mein Feld ist Südostasien – und da bin ich ja nun.«
»Sie waren vor einer Woche in Bonn, wie ich vom Kanzler erfahren habe.«
»Richtig, das Goethe-Institut in Swirnabad soll erweitert werden; da gibt es viel zu besprechen.«
Freiberg gab sich sichtlich einen Ruck. »Herr von Campen, vielleicht muß ich Ihnen mit der nächsten Frage weh tun, aber es geht nicht anders. Trägt Ihre Gattin – wir wissen, sie ist Thailänderin – einen Gold-Platin-Ring mit gekreuzten Schlangenköpfen?«
»Sie wollen damit sagen, daß die Tote…«
»Ja, die tote Frau trug einen solchen Ring.«
»Um Gottes willen!« Es klang wie ein Aufschrei. »Was soll das heißen? Sie meinen, daß sie meine Frau sein könnte? Das ist doch nicht möglich. Als ich sie vor einer Woche sah, war sie gesund und munter. – Was kann denn passiert sein?«
»Nun beruhigen Sie sich«, versuchte Freiberg die Emotionen zu dämpfen. »Solche Ringe sind nicht so selten.«
»Der Ring meiner Frau hat eine Gravur; das müssen Sie doch feststellen können.«
»Ja«, sagte Freiberg zögernd, »das haben wir; vier Buchstaben in Versalien: ROMA.«
»Mein Gott, dann ist sie es. Den Ring habe ich ihr in Rom geschenkt, auf der Hochzeitsreise. – Ich komme sofort nach Deutschland zurück. In knapp vierundzwanzig Stunden bin ich bei Ihnen.«
»Ja, das wäre gut. Sollen wir von hier aus mit dem Auswärtigen Amt sprechen?«
»Nein, lassen Sie nur. Aber schicken sie mir ein kurzes Telex mit den nötigen Informationen.«
Das Gespräch war zu Ende oder unterbrochen.
»Schrecklich«, seufzte Fräulein Kuhnert, »der arme Mann.«
»Cool gespielt oder tief empfunden«, stellte Lupus fest. »Dann können wir das andere fahrende Volk ja vergessen.«
15
Paolo Muskitus und Amara waren in Hochstimmung; nicht nur weil sie ein paar Tage Urlaub im Rheinland vor sich hatten, sondern auch im Hinblick auf das Geschäft, das ihnen das Vergnügen finanzierte. Frau Großunternehmer, deren Mann sich beim Bau der Bonner Ministerien gesund gestoßen hatte, wartete sehnsüchtig darauf, den Gott Shiva Natraj entgegennehmen zu können.
Fünfzigtausend Dollar cash! Die Neureichen im Rheinland gingen die Geldgeschäfte lockerer an als die konservativen hanseatischen Kaufleute. Im Dunstkreis der Macht war manches Schwarzgeld unterzubringen und manche Ehefrau für die aktive oder passive Duldung der Seitensprünge abzufinden. Natürlich galt auch hier der existenzerhaltende Grundsatz: Wer seine Frau liebt, vereinbart Gütertrennung – wer sie loswerden will, erst recht.
»Mit dem Flugzeug wären wir schneller am Ziel«, meinte Amara, als Moskito Gas gab, um den BMW über die eintönige Strecke zwischen Bremen und Münster zu jagen.
»Lieber nicht; zuviel Zoll und Polizei. – Aber sieh mal nach draußen; hier könnten auch Bumsbomber landen. Die Mittelstreifen sind zubetoniert; ein paar Handgriffe, und die Leitplanken verschwinden – dann hast du die schönste Landepiste.«
»Und warum?« wunderte sich Amara.
»Ausweichplätze für den Kriegsfall. Mit dem Sextourismus wäre es dann allerdings vorbei.«
»Wie schade; unsere Katalogware könnte bestimmt die Kampfkraft der Truppe stärken. Soldaten mögen Mädchen. Bei euch gibt’s doch Subventionen für alles.«
Moskito lachte.
Von draußen kam durch die Lüftung der strenge Geruch aus den Ställen der Massentierhaltung herein.
»Das ist ja schlimmer als der Auspuffgestank der Millionen Autos in Manila und Bangkok«, sagte Amara entrüstet. »Könntest du etwas langsamer fahren? Ich bin noch ziemlich müde vom Flight und von der Liebe.«
Moskito ging mit der Geschwindigkeit herunter; Amara stellte die Sitzlehne zurück und war bald eingeschlafen. Wenn Paolo Muskitus den Kopf zur Seite drehte, sah er ein fremd gewordenes Gesicht.
Erst das Ruckeln und Hüpfen der Räder auf dem Schotter der Riesenbaustelle am Leverkusener Kreuz ließ Amara aus ihrer Katzenhaltung hochschrecken. »Sind wir schon da?«
»Eine halbe Stunde noch, dann gehen wir schick essen.«
»Und dann?«
»… bin ich müde von der Fahrt. Du hast ja ausgeschlafen.«
Amara legte die Hand in seinen Schoß und ließ die Finger spielen. »Dagegen ist ein Kraut gewachsen. Ich habe ein paar Portionen Schnee in der Tasche. Bei uns gibt’s ein Sprichwort: Was gut ist für die Hühner, ist auch gut für den Hahn. – Ihr habt doch auch so ein schönes Lied: Mutter, der Mann mit dem Schnee ist
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