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Diplomat Im Abseits

Titel: Diplomat Im Abseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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vermute, das war ihr Ehemann«, sagte Freiberg. »Die Nachbarin hat ihn um diese Zeit im Fahrstuhl getroffen; sie ist dann aber verreist und kann uns nicht weiterhelfen.«
    »Na, diese Von-und-zu haben sich ganz schön in den Haaren gelegen. Ich dachte immer, daß die Adeligen besonders vornehm miteinander umgehen.«
    »Sie meinen, die haben sich gestritten?«
    »Und wie! Die waren ziemlich laut. Sie hat so eine Piepse-Stimme. Aber verstanden habe ich kaum ein Wort. – Die Ohren, wissen Sie. Alles läßt nach, wenn man älter wird; ich gehe jetzt auf fünfundsiebzig zu.«
    »Was haben Sie denn verstanden?«
    »Die Worte ›Ehe kaputt‹ habe ich ganz deutlich gehört. Und sie hat geheult. Rumgepoltert wurde auch, als ob die Bude auseinandergenommen würde. Da sind bestimmt Möbel umgefallen. Aber dann war es wieder still. Ich habe mich dann vor die Glotze gesetzt – was geht’s mich an, wenn andere Leute Knatsch miteinander haben?«
    »Haben Sie Frau von Campen schon einmal getroffen?«
    »Ja, ein ganz hübsches kleines Ding – mit diesen Mandelaugen. Aber als Frau für einen Deutschen? Na, da ist an unseren Landeskindern doch mehr dran!« – So konnte nur der Vater einer Tochter reden, die ein gewisses Kaliber hatte.
    »Haben Sie bei Frau von Campen einen Ring mit Schlangenköpfen gesehen?«
    »Nun, so nahe ist sie mir niemals gekommen; sie ist immer nur vorbeigehuscht im Treppenhaus. Seit ein paar Tagen habe ich sie überhaupt nicht gehört.«
    Freiberg merkte, daß diese Informationsquelle erschöpft war, und verabschiedete sich. Um nichts zu versäumen, klingelte Lupus auch noch bei den anderen Bewohnern. Nur zwei Türen wurden geöffnet. Ein schnippisches junges Mädchen wollte »diese Thaifrau« schon einmal gesehen haben, wußte aber nichts über sie. Der bärtige Mann an der anderen Tür war erst in der Vorwoche in seine neu erworbene Eigentumswohnung eingezogen und kannte niemanden.
    »Es reicht ja auch«, sagte Freiberg zu Lupus. »Zurück in den Bunker.«
    »Du willst mit Swirnabad telefonieren?«
    »Ich denke schon.«
    Freibergs Schweigen während der Rückfahrt war nicht nur darauf zurückzuführen, daß er dem dichten Straßenverkehr seine Aufmerksamkeit widmen mußte; er überdachte die Situation. Das Telefongespräch mit Swirnabad würde eine sehr heikle Angelegenheit werden. Hier war auf mehreren Ebenen zu jonglieren, wobei auch die Empfindlichkeit des Auswärtigen Amts in Rechnung zu stellen war. Wenn Botho von Campen bestätigen würde, daß seine Frau einen Schlangenring trug, mußte er schnellstens nach Deutschland zurückkommen, um die Tote vielleicht doch noch zu identifizieren.
    Ein falsches Wort am Telefon könnte ihn aber auch veranlassen, in der Ferne unterzutauchen.
    »Der Mann hat Dreck am Stecken; das sagt mir mein kleiner Finger«, meldete Lupus sich plötzlich.
    Freiberg brummte etwas Unverständliches und fuhr in die Tiefgarage des Präsidiums.
    Fräulein Kuhnert wartete schon mit dem Hinweis, daß sich Botho von Campen vor einer halben Stunde aus Swirnabad gemeldet habe. Er sei den ganzen Tag über in der Botschaft zu erreichen.
    Zehn Minuten später stand die Verbindung. »Hier spricht Hauptkommissar Freiberg, Kriminalpolizei Bonn.«
    »Campen, Deutsche Botschaft in Swirnabad«, kam es mit einem schwingenden Widerhall, aber gut verständlich über den Lautsprecher.
    »Wir ermitteln in einem Kriminalfall und müssen die Identität einer Frau feststellen. – Sind Sie einverstanden, daß ich das Gespräch auf Tonband aufnehme? Wenn die Leitung zusammenbricht, haben wir wenigstens einen Teil fixiert.«
    »Ja, schon gut. – Aber spannen Sie mich nicht unnötig auf die Folter; wie kann ich Ihnen helfen?«
    Der Startknopf wurde gedrückt, und Freiberg hob kurz die rechte Hand. »Herr von Campen, bei Baggerarbeiten auf dem Rhein wurde die Leiche einer unbekannten Frau gefunden.«
    »Und warum rufen Sie dann ausgerechnet mich an? Ich bin seit vier Monaten in Swirnabad.« Die Stimme vibrierte stark, aber das war offensichtlich auf die zwischengeschaltete Elektronik zurückzuführen.
    »Weil wir Anhaltspunkte haben, daß die Frau mit einiger Sicherheit vor etwa einem halben Jahr an einem Empfang in der rumänischen Botschaft teilgenommen hat, bei dem Sie auch anwesend waren.«
    »Aha, deswegen also Ihre Fragen. Ja, ich war dort, gemeinsam mit meiner Frau. Die Zentrale hatte mich für einen Turn in Bukarest vorgesehen, und ich sollte auf der Party schon mal etwas schnuppern. Gott sei

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