Diplomatische Beziehungen (German Edition)
einiges klären. Danach … ich weiß es nicht. Mal denke ich, ich sollte es bis zum Ende durchziehen und dann denke ich wieder, dass ich ihm das nicht antun kann.“
„Was meinst du mit antun? Warum sorgst du dich um ihn ? Du bist doch derjenige, der die Arbeit verliert, die Karriere, deine Partnerin …“
„Da bin ich nicht der Einzige, Sean.“ Jack hob den Blick zur Decke und murmelte vor sich hin: „Unglaublich – und das nach drei Ehen …“, und dann wieder an Sean gerichtet: „Unsere Beziehung besteht aus zwei Personen!“
„Willst du damit sagen, der Typ ist auch verheiratet und hat einen Job, bei dem er im Rampenlicht steht?“
„Ich will dir gar nichts mehr sagen, Gallagher!“
„Nein, willst du nicht … und genau das macht mir Sorgen. Also was wirst du tun? Und was kann ich tun?“
„Darauf werde ich später zurückkommen müssen, Sean.“
„Weil du es nicht weißt oder weil du es mir nicht sagen willst?“
„Ich muss erst versuchen, das mit Maria zu klären. Und wenn ich sie dann wirklich nicht umstimmen kann …“
„Sie ist eine verdammt entschlossene Frau, Jack. Erinnert mich an unsere gute alte Maggie – the lady’s not for turning und all das.“
„Übrigens könnte ich deine Hilfe bei den Gesprächen mit den Belgiern gebrauchen.“
„Ach, ich bin sicher, da kann Lucas dir helfen. Wusstest du, dass er als das aufstrebende Talent in unserer Botschaft gilt? Wenn er doch nur eine Frau wie Maria hätte …“
Jack bemühte sich um einen möglichst unbeteiligten Gesichtsausdruck. Sean sollte auf keinen Fall seine Reaktion auf die letzte Äußerung bemerken. „Hör zu, ich mache mich jetzt besser auf den Weg nach Hause, bevor Maria die Schlösser austauschen lässt.“
„Thatcher hätte es in dem Moment gemacht, in dem du gegangen bist!“
„Na ja, technisch gesehen bin ich noch nicht gegangen.“
Jack stand auf und warf zehn Euro in Seans Richtung.
„Verdammte zehn Euro? Na gut, ich werde es nicht persönlich nehmen. Ich habe wohl schon immer gewusst, dass ich leicht zu haben bin.“
Jack musste lächeln. Sean war ein guter Freund. Hoffentlich blieb es dabei.
L UCAS kam die ganze Woche lang zu früh zur Arbeit. Er schlief schlecht. Er vermisste Jack und stellte fest, dass es besser war, sich völlig in seine Arbeit zu vertiefen, als wach zu liegen und über ihre Beziehung nachzugrübeln. Auch wenn es den Schmerz nicht dämpfen konnte, lenkte es ihn wenigstens ab.
Jack hatte ihm gesagt, dass er ihn liebte und es mehrmals bewiesen, doch jetzt, wo Maria es wusste und Jack ihn darum gebeten hatte, sich unauffällig zu verhalten, machten sich Zweifel breit. So fühlte es sich also an, mit einem verheirateten Mann zu schlafen.
Lucas schrieb einen ausführlichen Bericht zu seinen Pflichten als Verbindungsbeamter und zur englisch-amerikanischen Zusammenarbeit in Bezug auf den Krieg zu Ende und stellte fest, dass er genug Zeit für eine Tasse Tee hatte, bevor er ihn Sean vorlegen musste. Die Getränkeecke befand sich hinter den Sekretären und Sekretärinnen und über ihr hing ein Fernseher, dessen Ton normalerweise ausgeschaltet war und der ausnahmslos BBC World zeigte. Lucas‘ Blick fiel auf das CNN-Logo und den Newsticker. Die Worte krochen gerade wieder vom Bildschirm, so dass er nur noch lesen konnte „IN BRÜSSEL ENTFÜHRT“.
Lucas starrte weiter auf den Bildschirm und fragte sich, wie bald diese Meldung wieder auftauchen würde, doch als das nach einigen Sekunden immer noch nicht der Fall war, wendete er sich an eine Sekretärin.
„Wer hat die Fernbedienung? Kann bitte jemand den Ton einschalten?“
Eine junge Frau griff in ihre Schublade und holte die Fernbedienung heraus. „Wir können ihn nicht zu laut stellen und eigentlich sollte BBC World eingeschaltet sein.“
Sie richtete die Fernbedienung auf den Fernseher und drückte einen Knopf, was anstelle des belebten CNN-Bildes den wesentlich ruhigeren Hintergrund der BBC-World-Nachrichten erscheinen ließ.
„Nein!“, fuhr Lucas die junge Frau an. „Ich habe im Newsticker etwas gelesen, worüber ich mehr wissen wollte. Schalten Sie wieder um!“
Ihre hochgezogene Augenbraue zeigte, dass sie von seinem Ton nicht gerade begeistert war, doch sie wechselte trotzdem wieder den Sender. Jetzt konnte man die Nachrichten hören, die sich jedoch ausschließlich um Autobomben im Irak und Selbstmordanschläge in israelischen Bussen drehten. Lucas ließ den Newsticker nicht aus den Augen, wartete auf die
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