Diplomatische Beziehungen (German Edition)
…“
Er hörte Jack seufzen und war sich nicht sicher, was er von der ganzen Sache halten sollte.
„Ich muss erst Lucy fragen, aber ich habe, soweit ich mich erinnere, noch nichts vor. Ist es in Ordnung, wenn ich morgen noch mal anrufe und dir Bescheid sage?“
„Ja, sicher, Maria hat bestimmt nichts dagegen, kurzfristig umzuplanen.“ Ein weiterer Seufzer. „Das klang jetzt nicht so, wie es sollte. Was ich meinte, war: Natürlich, morgen ist früh genug und der Tag danach würde auch noch reichen. Maria ist ein Improvisationstalent.“
Lucas lächelte. Was könnte er sonst fragen, um Jacks Stimme noch länger zu hören? „Bleibt es bei uns vieren oder kommen noch andere Gäste? Nur, damit ich über den Dresscode Bescheid weiß.“
Er konnte das Lächeln in der Stimme des Amerikaners hören. „Nein, es bleibt bei uns vieren und tragt bitte Freizeitkleidung. Ich weigere mich, bei solchen Anlässen einen Schlips oder einen Anzug zu tragen, oder irgendetwas anderes, das auch nur im Entferntesten an meine Arbeitskleidung erinnert. Es hat ein paar Jahre gedauert, aber ich habe Maria endlich davon überzeugt, dass es in Ordnung ist, wenn ich in Anwesenheit meiner Freunde Jeans trage.“
Warum plapperte dieser wortgewandte nachdenkliche Mann so vor sich hin? Na gut, es handelte sich um ein Privatgespräch, aber was war so schwer daran, jemanden zum Essen einzuladen? Gar nichts, es sei denn, er hatte mit seiner Vermutung recht: Aus irgendeinem Grund fühlte Jack sich in seiner Gegenwart unwohl und Lucas war fest entschlossen, herauszufinden, ob es daran lag, dass Jack sich ebenfalls von ihm angezogen fühlte.
„Ich bin sicher, dass ich Lucy überreden kann, aber ich sage morgen noch mal Bescheid. Wann sollen wir kommen?“
„Warum nicht etwas früher als üblich, vielleicht gegen fünf? Wir haben einen großartigen Garten und wenn es das belgische Wetter erlaubt, können wir ihn vor dem Essen ein bisschen genießen. Oh, und du brauchst die Adresse.“
Lucas notierte die Privatadresse des Botschafters auf dem Blatt eines offiziellen Schreibblocks des Auswärtigen Amtes. „Dann sprechen wir uns morgen, okay?“
„Ja, bis morgen“, hörte er vom anderen Ende, bevor das Telefongespräch mit einem Klicken endete.
Eine Zeit lang saß Lucas so da, das Telefon in der Hand und ein Lächeln auf den Lippen.
Der Mann war ihm unbestreitbar ein Rätsel und was er für ihn empfand, war eine Komplikation, die er in seinem Leben gerade nicht gebrauchen konnte. Mit seiner Karriere ging es endlich aufwärts und das war zu einem großen Teil Lucys Verdienst. Sie machte ihn … normal. Von dem verschlossenen Mann mit dem verborgenen Privatleben zu einem gewöhnlichen Mann mit einer schönen Blondine an seinem Arm.
Und es war nicht alles Heuchelei, er liebte Lucy. Sie war nett und voller Lebensfreude mit einer naiven Sicht der Dinge und nicht zu viel eigenem Ehrgeiz. Sie hatten sich in den sechs Monaten kennengelernt, in denen er in Amerika studiert hatte, und obwohl er damals mit einem Mann zusammen gewesen war, hatten sie sich angefreundet. Zwei Monate, bevor er das Land verlassen und seinen Posten in Brüssel antreten sollte, hatten sie das erste Mal miteinander geschlafen und als es dann darauf ankam, begleitete sie ihn, schon allein, um sich ihrer dominanten Familie zu entziehen.
Sie kamen in ihrer Zweizimmerwohnung im europäischen Viertel von Brüssel erstaunlich gut zurecht, von wo aus Lucas zur Arbeit laufen und Lucy mit der U-Bahn bis zum Vesalius-College fahren konnte, an dem sie Communications und International Affairs studierte. Lucas empfand sie als unkompliziert und anspruchslos und sogar der Sex war in Ordnung.
Doch trotz alledem hörte Lucas niemals auf, sich nach der Berührung eines Mannes zu sehnen.
Er hatte seine Bedürfnisse jetzt seit fast einem Jahr unter Kontrolle gehalten und bis vor einer Woche, hatte er gut mit dieser Sehnsucht leben können. Die Vorteile überwogen den ein oder anderen feuchten Traum bei Weitem, und ein bisschen Vorstellungskraft half ihm wirklich weiter, wenn er mit Lucy schlief, erst recht, weil ihrer drahtigen Figur die bei einer Frau üblichen Kurven fehlten.
An diesem Abend schliefen sie in der Dunkelheit des Schlafzimmers miteinander, nachdem sie beim Fernsehen auf ihn zugekommen war. Lucas hielt nur durch, bis sie zum Höhepunkt gekommen war, weil er versuchte, nicht an Jack zu denken. Als er hörte, wie sie seinen Namen rief und spürte, wie sie unter ihm erbebte,
Weitere Kostenlose Bücher