Dir darf ich nicht gehören
dass
ich dagegen war, dass du es von ... von Bamber annahmst, obwohl du diese gute
Stellung als Gouvernante hattest; aber es tut mir Leid, dass er dich so
getäuscht hat.«
Trotz
des erbitterten Streits, den sie gehabt hatten, bevor Viola nach Pinewood
abreiste, besaß sie genug Lebenserfahrung, um nicht zu hart über ihre Mutter zu
Gericht zu sitzen, die schwanger geworden war mit ihr, Viola -, als sie
die Gouvernante von Bambers Sohn gewesen war. Der Earl hatte sie dann nach
London gebracht und dort zehn Jahre lang als seine Mätresse gehalten, bevor sie
sich Hals über Kopf in Clarence Wilding verliebte und ihn heiratete. Violas
Leben änderte sich von Grund auf. Sie verlor den Kontakt zu ihrem Vater, den
sie geliebt hatte. Stattdessen war da die Ungeduld und Verachtung des
Stiefvaters. Manchmal, wenn er betrunken und ihre Mutter nicht da war, nannte
er sie »Bastard«. Sie hatte Hannah nach der Bedeutung dieses Wortes fragen
müssen.
Erst
ungefähr dreizehn Jahre später, als sie ihren Vater eines Nachmittags bei einer
Ausfahrt durch den Park erkannte, während sie spazieren ging und ihn impulsiv
freudig begrüßte, entdeckte sie die ganze Wahrheit. Ihr Vater hatte sie nicht
im Stich gelassen. Er hatte versucht, sie zu sehen. Hatte ihr geschrieben und
ihr Geschenke geschickt. Hatte Geld für ihren Unterhalt bezahlt. Sie auf ein
gutes Internat schicken wollen, bevor er eine ehrbare Ehe für sie arrangiert
hätte. All das war ihm verweigert worden.
Und
dann hatte er die Wahrheit über seine Tochter und das Leben, das sie führte,
herausgefunden sowie den Grund dafür. Er hatte ein Treffen mit Daniel Kirby
vereinbart und alle verbliebenen Schulden des Mannes bezahlt, der ihm seine
Geliebte und seine Tochter genommen hatte. Und dann hatte er Viola das kostbare
Geschenk eines neuen Lebens gemacht. Er hatte ihr Pinewood gegeben.
Ihre
Mutter war aufgebracht gewesen. Zunächst war Viola sehr geneigt, sie
verantwortlich zu machen. Welches Recht hatte sie, Viola von ihrem eigenen
Vater fern zu halten? Aber sie hatte zu diesem Zeitpunkt bereits genug über das
Leben gelernt, um zu wissen, dass das menschliche Herz ein kompliziertes Organ
war und einen häufig ohne böse Absicht in die falsche Richtung führte. Und sie
erkannte auch, dass ihre Mutter reagierte, ohne wirklich alle Fakten zu kennen.
Ihre Mutter glaubte, dass Viola eine ehrbare Anstellung als Gouvernante
innehatte.
Sie
hatte ihr schon vor langer Zeit verziehen.
»Er hat
mich nicht getäuscht, Mama«, sagte sie. »Aber woher weißt du das mit Pinewood?«
»Mr.
Kirby hat es uns erzählt«, sagte ihre Mutter.
Allein
der Klang des Namens bewirkte, dass sich Violas Magen verkrampfte.
»Erinnerst
du dich an ihn? Aber ja, du erinnerst dich bestimmt. Er kommt recht häufig zum
Kaffeetrinken ins Gasthaus, nicht wahr, Claire? Er ist noch immer sehr
liebenswürdig. Ich bin ein oder zwei Mal hinuntergegangen, um mich mit ihm zu
unterhalten. Er hat dein Fortgehen ebenso bedauert wie wir. Wir waren natürlich
verwirrt, als er uns erzählte, der Bruder des Duke of Tresham habe den Besitz
vom Earl gewonnen und sei nach Somersetshire gefahren, um ihn zu beanspruchen.
Wie heißt der Bruder noch? Ich kann mich nicht erinnern.«
»Lord
Ferdinand Dudley«, sagte Viola.
Daniel
Kirby hatte also davon gehört. Natürlich hatte er das. Er machte es sich zur
Aufgabe, alles zu erfahren. Das erklärte, warum er plötzlich eine neue Schuld
entdeckt hatte. Er wusste, dass sie nach London zurückkehren würde. Er wusste,
dass er wieder Macht über sie ausüben könnte.
»Wie
ist Lord Ferdinand, Viola?«, fragte Claire.
Attraktiv.
Humorvoll. Gesellig, charmant, unglaublich anziehend. Kühn und forsch. Gütig.
Rechtschaffen. Und unschuldig - seltsam unschuldig.
»Ich
habe ihn nicht gut genug kennen gelernt, um einen dauerhaften Eindruck zu
gewinnen«, sagte sie.
In dem
Moment kam Maria mit einem Tablett zurück, das sie auf einem Tisch in ihrer
Nähe abstellte.
»Nun«,
sagte ihre Mutter und schenkte Tee ein, »Jetzt bist du zu Hause, Viola. Dieser
Teil deines Lebens ist Vergangenheit und sollte besser vergessen werden.
Vielleicht wird Mr. Kirby dir wieder helfen. Er kennt viele einflussreiche
Leute. Und natürlich werden dir deine früheren Arbeitgeber ein gutes Zeugnis
ausstellen, auch wenn du sie ziemlich abrupt verlassen hast.«
Viola
schüttelte den Kopf, während Maria den Teller mit Keksen herumreichte. Sie
fühlte sich ziemlich elend. Genau das würde geschehen. Daniel
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