Dir darf ich nicht gehören
Mr. Kirbys Versprechen teilhaben, ihrer Tochter bei der Suche nach
einer Anstellung zu helfen, dachte Viola, öffnete die Wohnzimmertür und trat
ein.
Lord
Ferdinand Dudley saß am Kamin.
»Sieh
nur, wer mich heute Morgen besucht, Viola«, sagte ihre Mutter, stand auf uni
eilte zu ihr. »Ich brauche ihn dir natürlich nicht vorzustellen.«
Er
erhob sich und verbeugte sich, während sich ihre Mutter umwandte und ihn
herzlich anlächelte.
»Miss
Thornhill«, sagte er.
»Lord
Ferdinand kommt gerade aus Somersetshire«, erklärte ihre Mutter, »und ist
gekommen, um mir seine Aufwartung zu machen. Ist das nicht freundlich, Viola?
Er hat Maria und mir erzählt, wie hoch man dich in Pinewood schätzt.«
Viola
sah ihn mit stummem Tadel an. »Es war freundlich von Ihnen, vorbeizuschauen,
Mylord«, sagte sie. Wie hast du mich gefunden? Warum hast du mich gesucht?
»Nehmen
Sie wieder Platz«, forderte die Mutter ihren Gast auf und zog Viola auf den
Lieblingsplatz neben sich. »Ich habe gerade erklärt, Viola, warum du dich nicht
sofort zu uns gesellen konntest.« Sie sah wieder ihren Besucher an. »Mein Vater
war ein Gentleman, wissen Sie, aber er hat sein Vermögen bei unklugen
Investitionen verloren, und so mussten mein Bruder und ich uns unseren eigenen
Weg in der Welt erkämpfen. Ich war auch Gouvernante. Violas Vater war ein
Gentleman, wie auch mein verstorbener Ehemann.«
Ihre
Mutter verteidigte sich, dachte Viola.
»Niemand,
der Miss Thornhill ein Volksfest hat anleiten sehen, würde wohl bezweifeln, dass
sie eine Lady ist, Madam«, sagte Lord Ferdinand, und seine Augen lächelten
Viola an.
Er fuhr
damit fort, ihrer Mutter und Maria von den Maitag-Feierlichkeiten in
Trellick zu erzählen. Bald brachte er beide zum Lachen und zu begeisterten
Ausrufen. Die Fähigkeit, fast jedes Publikum zu bezaubern, war eine seiner
persönlichen Gaben, über die sie sich auf Pinewood geärgert hatte. Und sie
ärgerte sie auch jetzt.
»Wir
sind froh, Viola wieder bei uns zu haben«, sagte ihre Mutter schließlich.
»Natürlich wird sie wahrscheinlich bald wieder arbeiten. Mr. Kirby hat
versprochen, ihr bei der Suche nach einer ehrbaren Anstellung zu helfen, wie er
es schon einmal zuvor getan hat.«
Viola
beobachtete Lord Ferdinand, aber er ließ nicht erkennen, ob ihm der Name
vertraut war.
»Dann
bin ich gerade rechtzeitig in die Stadt gekommen, Madam«, sagte er. »Vielleicht
hätte ich Miss Thornhill verpasst, wenn ich meinen Besuch auf später verschoben
hätte.«
»Ja, in
der Tat«, stimmte ihre Mutter ihm zu.
»Ich
frage mich, ob ich vielleicht die Gunst eines persönlichen Wortes mit Ihrer
Tochter erbitten dürfte, Madam?«
Viola
schüttelte unmerklich den Kopf, aber niemand schaute zu ihr hin. Ihre Mutter
stand ohne Zögern auf.
»Natürlich,
Mylord«, sagte sie und klang übermäßig erfreut. »Komm mit, Maria. Wir werden
nachsehen, ob wir unten helfen können.«
Mama
glaubt, er ist gekommen, um mir den Hof zu machen, dachte Viola, als ihre
Mutter sie, dem Besucher den Rücken zugewandt, bedeutungsvoll ansah. Dann ging
sie und nahm Maria mit sich.
Die Uhr
auf dem Kaminsims tickte unnatürlich laut.
Viola
spreizte die Hände im Schoß und blickte darauf hinab.
»Wie
hast du mich gefunden?«
»Du
sagtest, dein Onkel sei Gastwirt«, erwiderte er.
Hatte
sie ihm das wirklich gesagt?
»Ich
habe gestern Morgen begonnen zu suchen. Ich fing mit den Postkutschenstationen
und der geringen Hoffnung an, dass dein Onkel noch im Geschäft ist und den
Namen Thornhill trägt.«
Sie
schaute zu ihm auf. »Warum?«
Er war
aufgestanden, als sich ihre Mutter erhob. Nun trat er vor den Kamin, die Hände
auf dem Rücken verschränkt. Er wirkte groß und kraftvoll. Sie spürte einen
vagen Nachteil. Sie sah ihn tief einatmen und den Atem dann langsam wieder
ausstoßen.
»Vermutlich
hauptsächlich aus diesem Grund«, sagte er, griff in eine Jackentasche und nahm
ein Bündel Papiere hervor.
»Wie
oft muss ich noch nein sagen, bevor du mir glaubst?«, fragte sie.
»Pinewood
gehört dir«, erwiderte er. »Ich habe dir den Besitz rechtmäßig übereignen
lassen. Es gehört dir, ob du es willst oder nicht, Viola.«
Er
hielt ihr die Papiere hin, aber sie machte keinerlei Anstalten, sie zu nehmen.
Es war zu spät. Daniel Kirby hatte davon gehört, dass er Pinewood gewonnen
hatte, und gefolgert, dass ihr Vater, wenn er sein Testament nicht geändert
hatte, wahrscheinlich auch das Schriftstück nicht behalten hatte. Er hatte
vermutet,
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