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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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Herz hatte, sie buchstäblich hinauszuwerfen oder sie durch einen Richter
oder Wachtmeister gewaltsam entfernen zu lassen. Er war in dieser Hinsicht
schon immer das schwächste Glied der Dudley-Familie gewesen, dachte er
beunruhigt. Kein Rückgrat. Aber verdammt, sie tat ihm Leid. Sie war eine
junge Unschuld, der alle Behaglichkeit und Sicherheit genommen zu werden
drohte.
    Ferdinand
verdrängte sein Dilemma und stieß sich vom Fenstersims ab. Eines nach dem
anderen. Da ihn kein heißer Kaffee in Versuchung führen konnte, sich noch
einmal an den Frühstückstisch zu setzen - außerdem musste er zugeben,
dass der Anblick dieses Beefsteaks seinen Magen entschieden rebellieren ließ -,
war es an der Zeit, aufs Dach zu klettern.
    Nachdem Viola nach
unten gegangen war, um mit Mrs Walsh das Tagesmenü zu besprechen, begab sie
sich in die Bibliothek, wo sie die Zeit damit zu verbringen beabsichtigte, die
Haushaltsbücher auf den neuesten Stand zu bringen. Auf dem Schreibtisch lag
jedoch ein Brief, der mit der Morgenpost eingetroffen war. Sie nahm ihn rasch
hoch und sah gespannt nach der Handschrift. ja! Er war von Claire. Sie war
versucht, das Siegel zu brechen und den Inhalt unverzüglich zu lesen, aber das
Haus gehörte nicht mehr ihr allein. Er konnte jeden Moment hereinkommen und
eine seiner unangebrachten Fragen stellen, wie sein Wohin gehen Sie? nach
dem Frühstück. Es war milde ausgedrückt erniedrigend.
    Viola
steckte den ungeöffneten Brief in die Seitentasche ihres Hauskleids. Draußen
wäre sie ungestört.
    Allerdings
sah es draußen nicht nach Ungestörtheit aus, als sie durch die Eingangstür
trat. Tatsächlich war der Buchsbaumgarten unterhalb der Terrasse voller Leute.
Der Butler, der Oberstallbursche, der Gärtner und seine beiden Gehilfen, der
Diener, Rose, Hannah und zwei männliche Fremde, vermutlich Lord Ferdinands
Diener, standen still da, dem Haus zugewandt, und schauten gen Himmel. Rose
hielt sich eine Hand vor die Augen, ein sinnloses Gehabe, da sie die Finger gespreizt
hatte.
    Nein,
dachte Viola, ihren ersten Eindruck korrigierend, nachdem sie einen Moment
dagestanden und sie alle beobachtet hatte, sie schauten nicht himmelwärts sie
schauten dachwärts. Natürlich!
    »Ich
verstehe noch immer nicht, warum er nicht nach dem Kaminkehrer geschickt hat«,
hörte sie einen der Gärtnergehilfen zum anderen sagen. »Und warum er den
Schornstein von oben reinigen will.«
    »Eli
wird hinabstürzen und sich im Kamin den Schädel brechen, du wirst sehen«,
prophezeite der andere mit makabrer Wonne.
    »Ja.
Und sich alle Haare abbrennen.«
    Viola
lief eilig zu ihnen hinab. Er war wirklich dort hinaufgestiegen? Er hatte nicht
geblufft? Er und Eli, der junge Lehrling des Stallburschen? Sie wollte nicht
hinsehen. Sie war nicht schwindelfrei und konnte sich nicht vorstellen, wie
irgendjemand anderes es sein konnte.
    »Seid
still!«, wies der Gärtner seine Gehilfen an. »Ihr lenkt sie ab.«
    Viola
wandte sich um und schaute aufwärts - und ihre Knie wurden weich. Das
Mansardenfenster war weit auf den kleinen Balkon geöffnet. Aber keiner der
hohen Schornsteine war von da aus zu erreichen. Und das restliche, mit grauem,
vollkommen glatt und rutschig wirkendem Schiefer gedeckte Dach fiel steil ab.
Lord Ferdinand Dudley und Eli standen auf dem Balkon, Ersterer mit den Händen
auf den Hüften und den Kopf zurückgeneigt, um das Dach über ihm genau zu
betrachten. Er hatte Reitjacke und Weste abgelegt.
    »Jeb«,
fragte Viola in lautem Flüsterton, »wie hat Eli den Schornstein verstopft? Von
unten oder von oben?« Sie hatte Ersteres angenommen. Sie hätte niemals
zugestimmt, dass er über das Dach kletterte und sein Leben gefährdete.
    »Die
Lumpen hätten Feuer gefangen, wenn sie zu tief eingebracht worden wären, Miss
Thornhill«, erklärte ihr der Stallbursche. »Eli stieg hinauf, nachdem er den
jungen Hahn geholt hatte. Danach schwor er, dass er nicht noch einmal den Mut
dazu hätte. Aber Seine Lordschaft hat ihn gezwungen.«
    Nun,
sie hatten die verhältnismäßige Sicherheit des niedrigen Balkons noch nicht
verlassen. Das Flüstern und Schweigen war unnötig.
    »Eli!«,
rief Viola und legte die Hände um den Mund, damit ihre Stimme besser zu hören
war. »Komm sofort herunter, bevor du dir den Hals brichst. Gleichgültig was
Lord Ferdinand dagegen sagt.«
    Beide
schauten herab. Viola konnte sich gut vorstellen, wie gefährdet ihre Sicherheit
von dort oben wirkte. Es war schon von unten schlimm

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