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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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und einander geliebt haben.«
    Welch
naive Annahme!, dachte er.
    »Oh,
sie haben einander geliebt, das stimmt«, sagte er. »Wenn einer von ihnen in
Acton Park weilte, war der andere in London. Sie haben sich abgewechselt. Sie
verbrachten selten mehr als wenige Stunden in Gesellschaft des anderen. Aber
ich sollte vermutlich dankbar dafür sein, dass sie diese wenigen Stunden
zumindest drei Mal während ihrer Ehe gemeinsam verbrachten. Sonst gäbe es
meinen Bruder, meine Schwester und mich vielleicht nicht.«
    Sie
fügte vorsichtig die Enden ihrer Kette zusammen.
    »Sie
hatten eine vollkommen zivilisierte Beziehung«, sagte er. »Was für Ehepaare des Ton wirklich recht typisch ist.«
    »Wie
zynisch Sie klingen. Hat die Entfremdung Ihrer Eltern Sie verletzt?«
    »Warum
hätte mich das verletzen sollen?« Er zuckte die Achseln. »Wir waren immer recht
froh, wenn unser Vater fort war. Wir waren ihm sehr ähnlich und so konnten wir
ihn nicht täuschen. Und dem Birkenstock nicht entkommen, der am Schreibtisch in
seinem Arbeitszimmer lehnte. Dankbar war ich nur für die Tatsache, dass er
meinen Bruder bevorzugte und er daher häufiger geschlagen wurde als ich.«
    »War
Ihre Mutter liebenswürdiger?«
    »Unsere
Mutter war von uns gelangweilt«, sagte er. »Oder vielleicht langweilte sie nur
das Landleben. Wir haben nicht viel von ihr gesehen - zumindest mein
Bruder und meine Schwester nicht. Ich war ihr Liebling. Sie nahm mich
gewöhnlich mit nach London, als ich alt genug war.«
    »Das
hat Ihnen bestimmt gefallen.«
    Er
hatte es gehasst. Es hatte den frühen Verlust seiner Unschuld bedeutet. Es
schien ihm, als hätte er schon immer gewusst, dass sich sein Vater Mätressen
hielt. Irgendwie hatte er gewusst - im Unterschied zu Tresham und Angie,
wie er annahm -, dass die arme Verwandte, die im Dove Cottage auf dem
Anwesen lebte, gar keine Verwandte war, sondern eine der Mätressen. Darum
durften sie diese Frau natürlich nicht besuchen, obwohl das Cottage unmittelbar
unterhalb ihrer geliebten bewaldeten Hügel und nahe dem Teich stand, in dem sie
im Sommer badeten, auch wenn es ihnen strikt verboten war.
    Was er
nicht gewusst hatte, bis er mit seiner Mutter, die er vergöttert hatte, nach
London fuhr, war die Tatsache, dass auch sie Geliebte hatte - Legionen
von Cicisbeos, die sich morgens und abends in ihrem Ankleideraum versammelten,
um alle Stadien ihrer Toilette zu beobachten, außer den intimsten, bevor sie
sie zu allen Feiern und Gesellschaften begleiteten, welche die Londoner Saison
bot. Hinzu kam eine Anzahl spezieller Favoriten, mit denen sie das Bett teilte,
wenn auch niemals in ihrem Hause. Seine Mutter war niemals gewöhnlich.
    Untreue
in der Ehe, bei Ehefrauen und Ehemännern gleichermaßen, war im Ton recht
üblich, wie er früh gelernt hatte. Die Schwüre, die Braut und Bräutigam bei der
Eheschließung leisteten, waren Heuchelei. Ehen dienten als finanzielle und
dynastische Bündnisse.
    Ferdinand
wollte nichts davon wissen. Der bloße Gedanke an eine Eheschließung bereitete
ihm Übelkeit. Und anders als die naive und leichtgläubige Miss Viola Thornhill
glaubte er nicht an Liebe und Vertrauen. Oh, er liebte Tresham und Treshams
Frau und Kinder. Er liebte Angle und mochte sogar Heyward. Aber nicht blind,
wie Miss Thornhill liebte und vertraute. Vielleicht würde sie ihr Herz nach dieser
Enttäuschung härten und lernen, niemandem außer sich selbst zu vertrauen.
    »Ja, es
hat mir gefallen«, sagte er als Antwort auf ihre Feststellung.
    Danach
schienen sie einander nichts mehr zu sagen zu haben. Ferdinand saß da und
betrachtete sie. Er ärgerte sich über sich selbst. Er hatte sie aufgesucht, um
mit ihr über ihre Zukunft zu sprechen, um eine endgültige Entscheidung über
ihre Abreise zu treffen. Stattdessen hatten sie über ihre Kindheit gesprochen.
Ein leichter Wind wehte, der die kurzen Locken an ihrem Nacken anhob. Er
verspürte ein lächerliches - und rasch ersticktes - Verlangen, das
Haar mit der Hand beiseite zu schieben und die Stelle zu küssen.
    »Was
haben Sie mit dieser Gänseblümchenkette vor?«, fragte er, während er sich
erhob.
    Sie
blickte darauf hinab, als bemerke sie sie zum ersten Mal. »Oh«, sagte sie.
    Er
streckte eine Hand hinab und half ihr hoch. Dann nahm er ihr die Kette aus der
Hand und legte sie ihr um.
    »Mein
tüchtiges Mädchen vom Lande«, murmelte er und neigte den Kopf, um sie auf die
Lippen zu küssen. Er hob den Kopf ruckartig wieder, aber es war natürlich zu
spät. Zu

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