Dirnenmord am Montmartre ROTE LATERNE ROMAN Band 8 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
sind hinter dir her. Pierre, der Clochard, dieses Schwein, hat uns heute Morgen zusammen gesehen. Wir hätten vorsichtiger sein sollen. Mon dieu, warum tust du es Victor?«
Offensichtlich bekam sie auf diese Frage keine Antwort. »Bon, Victor«, sagte sie schließlich in fast demütiger Untergebenheit. »Ich werde darauf achten. Ja, es war selbstverständlich, dass ich dich gewarnt habe.«
Noch während Yvette mit diesem Unbekannten namens Victor telefonierte, kam der alte Monsieur Robert durch den Eingang geschlichen. Er trank hier öfter einmal ein paar Glas Rotwein, bis ihn sein keifendes Eheweib von diesem sündigen Ort unter wüsten Flüchen wieder abholte.
Das Unglück musste es gewollt haben, dass Monsieur Robert die drallen Formen Lillys aus den Wallungen des
Vorhangs heraus entdeckt hatte. Jedenfalls holte der Alte aus und versetzte Lilly einen kräftigen Klaps auf den Hintern.
Erschrocken schrie Lilly auf und fuhr herum. Sie sah den Alten zahnlos grinsen.
»Altes Ferkel!«
»Was ist hier los?« Plötzlich stand Yvette da. Sie hatte bereits wieder aufgelegt.
»Ich - ich wollte eben hereinkommen, als mir dieser alte Lustmolch eine auf den Hintern geklatscht hat«, stammelte Lilly.
»So, du wolltest eben hereinkommen?« fragte Yvette. Ihr Gesicht lag halb im Schatten und halb in der Sonne. Lilly vermochte deutlich zu erkennen, dass es unter der Schminke blass geworden war.
»Ja, eben«, sagte Lilly.
»Sie stand hier«, beharrte Monsieur Robert. »Mann, dieser Hintern, Yvette, ich konnte nicht widerstehen.«
»Setz dich draußen hin«, sagte Yvette zu dem Alten. »Ich bring' dir deinen Wein gleich. Aber ich sage dir eines: Wenn deine Alte hier wieder aufkreuzt und Terror macht, dann sperre ich sie für zwei Stunden in den Weinkeller.«
»Bravo, Yvette!«, rief der Alte kichernd. »Das wäre eine Lehre für sie.«
»Komm herein«, sagte Yvette.
»Was ist?«, wollte Lilly wissen.
»Hast du gelauscht?«
»Wieso gelauscht?« Sie versuchte dabei, ihrer Stimme einen möglichst arglosen Klang zu verleihen. »Ich wüsste nicht, was es hier zu belauschen gäbe, Yvette. Weshalb benimmst du dich so sonderbar?«
»Tue ich das?«
»Ja, ich finde, dass du das tust. Mir kommt es so vor, als würdest du mir misstrauen.«
»Du hast mich gestern bei der Polizei in eine unangenehme Situation gebracht. Heute ist dieser Palon schon wieder hiergewesen und hat mir auf den Zehen herumgetrampelt. Was meinst du, was das für den Ruf meines Lokales bewirkt?«
Lilly musste lächeln, denn der Ruf des 'La voile rouge' war nun einmal nicht der beste.
»Grins nicht! Ich war anfänglich ganz froh, dass du bei mir angefangen hast. Aber ich muss dir gestehen, dass du mir mittlerweile unangenehm wirst, Lilly.«
»Ich tue keinem etwas«, sagte Lilly. Dann ging sie nach oben.
Ob ihr Yvette geglaubt hatte, wusste Lilly nicht. Als sie später aus dem Fenster blickte, sah sie, wie Yvette mit dem alten Monsieur Robert heftig redete und gestikulierte. Versuchte sie aus ihm herauszubringen, wie lange Lilly schon dort an der Tür gestanden hatte?
Es kam jedoch nichts mehr nach. Yvette war am Nachmittag sehr freundlich zu Lilly. Das Mädchen nahm sich die ganze Zeit über vor, Alexandre anzurufen und ihn über die Beobachtungen zu informieren. Aber es fand sich ganz einfach keine Gelegenheit dazu, denn ungewöhnlicherweise hatte Lilly an diesem Nachmittag zwei Kunden zu bedienen. Einer von ihnen war etwas älter und roch ziemlich unangenehm nach Fisch. Mit ihm hatte Lilly allerhand Mühe und war mit ihren Gedanken so gar nicht recht bei der Sache.
Am Abend gab es dann doch wieder sehr viel tun. Bereits gegen zehn beschloss Lilly, keine weiteren Kunden mehr anzunehmen.
Gegen elf geschah dann noch etwas Merkwürdiges. Als Lilly ziemlich lustlos an der Bar herumsaß und Yvette ihre Gläser in Ordnung brachte, hielt die massige Barbesitzerin plötzlich inne.
»Du, Lilly, ich muss dich etwas fragen.«
»Frage!« Lilly war müde. »Aber frage bitte schnell. Ich möchte nach oben gehen. Ich bin kaputt. Der letzte Kerl hat mich total geschafft. Ich dachte schon, das geht nie zu Ende.«
»Kennst du die?«
Plötzlich lag eine Fotografie auf der Theke. Sie zeigte ein dunkelhaariges Mädchen mit mandelförmigen Augen.
»Ich weiß nicht«, sagte Lilly. »Mir kommt es so vor, als hätte ich dieses Gesicht schon irgendwo einmal gesehen. Aber es ist eine Weile her. Ich weiß nicht. Aber ...«
»Hör zu, Lilly«, zischte Yvette plötzlich.
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