Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC
mal auf ein paar Bier reinschauen und die anderen Mitarbeiter kennen lernen, die dann pflichtschuldigst so taten, als ob sie daran glaubten, dass wir Riesenerfolg haben würden. Wir hatten für diese ganzen Mechanismen im Musikindustrie-Zirkus nicht allzu viel übrig, aber zu solchen Partys fanden wir uns gerade noch bereit. Während unserer ersten Tage in London hatten wir schon jede Menge „Oooh, die sind ja so unglaublich natürlich “ über uns ergehen lassen, was übersetzt so viel hieß wie „hoffentlich finden die nie raus, wo ich wohne“, und von daher waren wir bestrebt, großen Abstand zu den meisten der so genannten Trendsetter zu halten.
Natürlich wäre es verrückt gewesen, wenn wir uns nicht darum bemüht hätten, eine gute Beziehung zu den Leuten bei Atlantic aufzubauen. Trotzdem fühlte ich mich schon nach kurzer Zeit ziemlich unwohl bei dieser Party und dachte darüber nach, mich möglichst bald abzusetzen. Steve Payne, der wirklich einer von den Guten war, wusste natürlich, dass solche Veranstaltungen furchtbar nervig waren, gab sich aber alle Mühe, es für uns so nett wie möglich zu machen.
„Da ist noch jemand, den ihr unbedingt kennen lernen müsst“, erklärte er uns. Dann schob man uns in einen Nebenraum und stellte uns in einer Reihe auf, wie zu einer feierlichen Begrüßung.
Wer kommt denn jetzt, fragte ich mich – die Königin und Prinz Philip? Eigentlich hoffte ich auf Keith Richards; Rolling Stone Records hatten ihr Büro immerhin im gleichen Gebäude. Stattdessen wurde ein älterer, sehr gesetzt wirkender Herr hereingeführt, dem wir nach einander vorgestellt wurden.
„Das ist Malcolm Young, einer der beiden Gitarristen“, erklärte man ihm, „und das ist Angus …“
Ich dachte nur: „Wer zur Hölle ist das, und was erwarten die jetzt von uns – einen Knicks oder was?“ Der geschätzte Gast war währenddessen bei Bon angekommen, der ihm wenig überraschend als Sänger vorgestellt wurde.
Bon konnte nun nicht länger widerstehen und stellte die Frage, die uns allen auf den Nägeln brannte: „Und was treibst du so, Kumpel?“
Die Jungs von Atlantic hielten hörbar die Luft an.
„Guter Mann,“ so redete der Typ tatsächlich, „ich bin Derek Taylor. Ich habe für die Beatles gearbeitet. Von denen haben Sie aber schon einmal gehört, nehme ich an?“ Derek sah sich um und hielt sich offenbar für mindestens so geistreich wie Oscar Wilde. Scheiße, vielleicht glaubte er sogar, er sei Oscar Wilde.
Als nächster war ich dran, und ich kommentierte seine Witzigkeit mit einem dicken Rülpser, bei dem Mr. Taylor/Wilde äußerst angeekelt das Gesicht verzog. Er ahnte ja gar nicht, dass er nur knapp daran vorbeigeschrammt war, links und rechts eine gelangt zu bekommen.
Inzwischen hatten wir uns einen Londoner Agenten zugelegt, einen sehr gepflegten Herrn namens Richard Griffiths, der in unserer Gesellschaft auffiel wie ein bunter Hund. Allerdings gelang es uns im Lauf der Zeit, Richard auf unser Niveau herabzuziehen. Er hatte seine Agentur erst frisch gegründet und war noch sehr hungrig – von daher passte er perfekt zu AC/DC. Davon abgesehen arbeitete er aber auch mit Back Street Crawler und anderen Bands. Ich vertrug mich sehr gut mit Richard; er war ein willkommenes, neues Gesicht in meiner Welt. Damals hatte er viel Erfolg mit Eddie And The Hot Rods, die in London gerade sehr angesagt waren und schon allein deswegen für uns zur nächsten Zielscheibe wurden.
„Also hast du die besten Acts der ganzen Stadt, was, Richard?“
Natürlich mussten wir als nächstes ins Marquee und uns diesen Eddie und seine heißen Öfen angucken. Das Marquee war ein sehr bekannter Club auf der Wardour Street in Soho, der sich rühmen durfte, als Sprungbrett für die Karrieren der Rolling Stones, von The Who, Jimi Hendrix und Led Zeppelin fungiert zu haben. Wir fühlten uns dort gleich wie zu Hause: Es war eng, stickig, dreckig, muffig und verkeimt, genau wie unser Stammlokal in Melbourne, das Hard Rock Café. Damit war der Laden wie geschaffen für AC/DC, und wir sollten dort 1976 mehrere Male auftreten.
Schon im Voraus waren wir fest entschlossen, Eddie And The Hot Rods zu verabscheuen, und so kam es auch. „Wie hat so eine Truppe es geschafft, derartig gefragt zu sein?“, wunderten wir uns. Normalerweise war ich derjenige bei AC/DC, der anderen Bands gegenüber noch am nachsichtigsten war, aber selbst ich fand sie scheiße. Sie versuchten sich an einer Art hochgeköcheltem R&B,
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