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Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC

Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC

Titel: Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Evans
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bisschen kariert und wussten nicht recht, was sie von uns halten sollten, aber das waren wir gewohnt. Immerhin hatten wir einen geilen alten Sack am Mikrofon und einen Wilden in Schuluniform, der seine Gibson attackierte. Was wollten wir da erwarten? Ein britischer Journalist schrieb damals: „Das Publikum im Club, das normalerweise eher wie eine abgebrannte Flüchtlingstruppe aussieht, war heute richtiggehend gut gelaunt und entspannt – man hat sogar Leute lachen sehen. Wenn es je eine Gute-Laune-Band gab, dann diese.“ Die Shows im Marquee halfen uns, die Tür zumindest einen kleinen Spalt breit aufzustoßen – uns fehlte jetzt nur noch ein richtiger Tritt, um sie vollends aus den Angeln zu heben.
    Zwischen uns und Back Street Crawler entstand kein nennenswerter Kontakt. Wir machten uns keine Mühe, das Eis zu brechen, und hatten auch den Eindruck, dass ein paar von den Jungs ziemlich den Star raushängen ließen. Keine Ahnung, was man sich auf ein paar halbleere Hallen einbilden konnte. Solche Ego-Nummern kamen bei uns natürlich nicht besonders gut an. Aber mit zweien aus der Band, die seltsamerweise beide Terry Wilson hießen, kam ich ganz gut aus; der eine war der Sänger, der andere der Bassist. Sie waren gute Jungs, die aber leider unter enormem Druck standen – die Zeit nach Kossoffs Tod war für sie sicher nicht leicht. Ich will Back Street Crawler gegenüber nicht respektlos erscheinen, denn die Band gab wirklich ihr Bestes, auch ohne ihr prominentes Mitglied weiterzumachen, aber ich glaube nicht, dass irgendwer von ihnen große Taten erwartete, die sie prompt auch nicht leisteten. Wir lernten aus dieser Episode erneut, dass die sogenannten „Headliner“ nicht immer so groß waren, wie man hätte vermuten können.
    Am 28. Mai spielten wir in der Universität von Surrey. Zwar legten wir so los wie immer, aber die Zuschauer glotzten uns einfach nur an. Sie alle saßen auf dem Boden der Halle und rührten sich nicht, obwohl wir wirklich laut genug aufdrehten, dass wir die Toten hätten wecken können. Vermutlich waren sie alle total bekifft, ein paar hockten sogar im Schneidersitz da, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich den einen oder anderen Kaftan im Publikum entdeckte – das war nie ein gutes Zeichen für AC/DC. Eigentlich wäre die ganze Geschichte ja lustig gewesen, hätten wir nicht gewusst, dass ausgerechnet an diesem Abend Ahmet Ertegun, der Boss von Atlantic und überhaupt der große Name im Rockgeschäft, vorbeischauen wollte, um sich unsere Band anzugucken.
    Ahmet Ertegun war eine Legende. Er war Atlantic Records. Er hatte das Label kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, sich mit Stars wie Ray Charles und Aretha Franklin einen Namen gemacht und seine Firma langsam vom Jazz und R&B zum Rock geführt. Bei ihm standen nicht nur Led Zeppelin unter Vertrag, sondern auch Crosby, Stills, Nash & Young, Emerson, Lake & Palmer, die Rolling Stones, Aretha Franklin, Otis Reading, und, hüstel, seit neuestem eben auch AC/DC.
    Das Letzte, was wir brauchten, war also ein Totengräber-Gig mit lethargischem Publikum vor den Augen Ahmet Erteguns. Aber genau das war zu befürchten, weil diese Ärsche einfach auf ihrem Hintern sitzen blieben und mit keinem Muskel zuckten. Sie waren wie Statuen. Versteinerte Statuen. Inzwischen lag sogar schon jemand auf dem Boden. „Das war’s“, dachte ich, „wir sind erledigt.“ Bon und Angus machten wie immer jede Menge Druck – ich kann mich an keinen Gig erinnern, wo die beiden nicht 100 oder 150 Prozent gegeben hätten – aber selbst, als wir mit „Baby Please Don’t Go“ loslegten, sah es im Zuschauerraum aus wie in einer öffentlichen Bibliothek, wenn nicht sogar wie im Leichenschauhaus.
    Das hielt Angus nicht davon ab, wie gewohnt auszurasten, von der Bühne zu springen und ein Bad in der Menge zu nehmen. Es war vermutlich das einzige Mal, dass er nicht sofort zwischen begeisterten Fans unterging. Die Kaftanträger zuckten jedoch mit keiner Wimper: Es gab nicht die kleinste Reaktion. Doch dann ließ sich Angus zu Boden fallen, wirbelte herum, feuerte ein paar wilde Soli ab und gebärdete sich, als ob er eingesperrt gehörte. Zack! Plötzlich sprangen die Hippies um ihn herum auf, und das setzte eine Kettenreaktion in Gang – ruckzuck war der ganze Laden auf den Beinen, alle versuchten etwas zu sehen, drängten zur Bühne und zu Angus, der nun doch im Gewühl verschwand. Die Leute feuerten unseren kleinen Gitarristen an, klatschten und schrien.

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