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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Zehnshillingnote der Bank of New South Wales aus dem Jahre 1817. Die würde ihm eine runde Million einbringen und seine Tasche nicht belasten, wenn er aus dem Fenster kletterte.
    Doch das war Wunschdenken. Heutzutage kannten sich die Leute besser aus und er konnte nicht umherziehen und alte Kamine inspizieren.

    ***

    Es gab nur noch wenige öffentliche Telefone in der Innenstadt, aber Wyatt wusste von einem in der Elizabeth Street und Eddie Oberin von einem anderen in der Studentenvereinigung an der Universität. Am Freitagnachmittag, sieben Tage nachdem er in Frankston den Fängen der Polizei entkommen war, spazierte Wyatt über den Fluss, hinüber in den City Business District. Es war ein milder Frühlingstag und Wyatt war für einen neuen Job gerüstet.
    Er wählte Eddie Oberins Nummer, sagte: »Ruf mich an«, und hängte auf. Er wartete und stellte sich vor, wie Eddie sein Haus in North Melbourne verließ und zum Campus ging. Sie besaßen beide gestohlene Mobiltelefone, die man ein paar Tage einsetzen konnte, doch Mobiltelefone konnten geortet und abgehört werden. Für die Art Telefonate, die die beiden zu führen hatten, waren öffentliche Telefone besser geeignet. Nächsten Monat würden sie auf zwei neue Mobiltelefone umsteigen.
    Wyatts Telefon klingelte und Eddie sagte: »Hab gehört, der Hafenmeister hat gefloppt.«
    »Ja.«
    »Schade, Kumpel.«
    »Sonst noch was für mich?«, fragte Wyatt.
    Es entstand eine Pause. Am anderen Ende der Leitung, im Hintergrund, hörte Wyatt undeutliche Stimmen, vermutlich Studenten, die sich mit einem Kaffee stärkten, bevor sie einen Abend in der Bibliothek verbrachten. Jetzt gab es ein schabendes Geräusch, als würde Eddie die Sprechmuschel mit seiner Hand abdecken. »Es gibt was«, raunte er. »Schmuck. Aber es bleibt nicht viel Zeit. Nur ein paar Tage.«
    Wyatt dachte nach. »Okay.«
    »Ist dein Sonntagvormittag schon verplant? Ich möchte, dass du jemanden kennenlernst.«
    Wyatt erwiderte nichts. Er wusste die Qualität von Eddies Informationen inzwischen zu schätzen, war aber skeptisch, was Zusammenkünfte mit den Informanten betraf. Er zog es vor, allein zu arbeiten. Vertrauen besaß er nur in die eigenen Pläne. Große Coups aber ließen sich nur gemeinsam mit anderen landen: mit Leuten, auf die er sich verlassen konnte, mit Leuten, die er nie zuvor gesehen hatte, mit Leuten, die ihn womöglich verpfiffen, mit Leuten, die ihn womöglich übers Ohr hauten.
    Er sagte: »Neutraler Ort. Du weißt, wie’s läuft. Bring ihn nicht zu mir.«
    »Botanische Gärten. Und es handelt sich um eine Sie«, sagte Eddie.

    7

    Um elf Uhr am Sonntagvormittag sah Lydia Stark das Taxi zum zweiten Mal.
    Um viertel vor elf war es ihr zum ersten Mal aufgefallen, als Eddie Oberin sie in seinem betagten Audi abgeholt hatte. Sie hatte es nicht weiter beachtet — ein Taxi eben, das am Ende der Straße an die Seite fuhr — und war zu Eddie ins Auto gestiegen. Als sie etwas später ihre Strickjacke auszog, sich nach hinten beugte, um sie auf die Rückbank zu legen, sah sie dasselbe Taxi wieder, und es folgte ihnen.
    Sie sagte nichts dazu, nahm es aber zum Anlass, sich auf ihrem Sitz zur Seite zu drehen, sich gegen den Spalt zwischen beiden Vordersitzen zu lehnen und Eddie in ein angeregtes Gespräch zu verwickeln, während er über Seitenstraßen zur Johnston Street fuhr und weiter zur Hoddle Street. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie das Taxi an ihnen dranblieb, immer einige Wagenlängen entfernt.
    In den engen Straßen rund um die Botanischen Gärten mit all den braven Bürgern, die joggten, spazieren gingen oder in ihren Wagen im Schritttempo auf Parkplatzsuche waren, verlor sie es aus den Augen. Auch Eddie schlich dahin, bis er in eine Seitenstraße einbog, wo laut Verkehrsschild nur Anliegern das Parken gestattet war. Er stellte den Motor ab und der Audi erstarb mit einem Bellen, einem Ruckeln und viel Qualm. Lydia lächelte in sich hinein: Nichts hatte sich geändert. Eddie liebte Autos der Marken Audi und Mercedes, konnte sich aber nur die leisten, die bereits viele Kilometer auf dem Buckel hatten.
    Sie beobachtete, wie er den Wagen abschloss. Es war schon eigenartig, so ein Besuch der Gärten mit ihm. Während ihrer Ehe hatten sie das gern gemacht, doch das war fast zehn Jahre her. Vier Jahre Ehe, drei Jahre zu viel. Aber sie hatte ihn damals nicht gehasst, hasste ihn auch jetzt nicht. Er war großzügig, meistens sehr unterhaltsam und scharfsinnig, wenn es darum ging, einen

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