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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Coup zu planen. Bei allen anderen Gelegenheiten war er weniger scharfsinnig. Er mochte Pferde und Karten viel zu sehr und hatte sich immer äußerst erstaunt gezeigt, wenn sie sich über seine Frauengeschichten beklagt hatte. »Aber das hat doch nichts zu bedeuten«, hatte er stets gesagt. »Ich liebe nur dich.«
    Und so hatte sie ihn verlassen. Und jetzt war sie hier, weil niemand sonst ihr helfen konnte, Henri Furneaux auszunehmen. Ihr Blick galt dem Ende der kleinen Straße und den Gärten dahinter, und dann sah sie das Taxi heranschleichen.
    Es war kühl, also kroch sie in ihre Jacke und folgte Eddie zur Ecke der Straße, wo sie auf eine Lücke im Verkehr warteten. Das Taxi war etwa hundert Meter entfernt. Lydia suchte nach Erklärungen: Eddie schuldete jemandem Geld oder hatte irgendeinen Ehemann auf die Palme gebracht. Diese kleinen Enttäuschungen, die ihre Ehe ruiniert hatten. Als hätte Eddie zwar genügend Grips und den Nerv für ein kniffliges Ding, aber nicht genug, um sein Leben in den Griff zu bekommen. Deswegen hatte sie am Ende auch Schluss gemacht. Sie hatte sich weniger gegrämt, als vielmehr darunter gelitten, dass ihre Neigung zu Fehleinschätzungen schwächer geworden war. Aber das war lange her. In den vergangenen Jahren hatte sie kaum noch einen Gedanken an Eddie verschwendet.
    Sie gingen über die Straße und in die Gärten. Schon bald bewegten sie sich hügelabwärts, zwischen den schönen alten Bäumen hindurch, und während Lydia ihren Blick umherwandern ließ, nach vorn, nach rechts und nach links sah, ging Eddie, noch immer ahnungslos, unbeschwert neben ihr her, mit entspannter Miene, als wäre die kühle Luft eine Erfrischung für ihn. Nirgendwo entdeckte Lydia einen Mann, der Wyatt sein könnte. Sie sah auch den Taxifahrer nicht.
    Eddie legte seinen Arm fest um ihre Schultern, drückte sie und ließ sie wieder los. »Erinnerst du dich?«
    »Ja«, sagte sie kurz angebunden.
    Aber er hatte keine Erinnerungen wachrufen wollen und sie war dankbar dafür. Am Fuße des Abhangs, wo sich rund um den Teich Eltern mit ihren kleinen Kindern aufhielten und wo die Strahlen der schrägstehenden Sonne keine Chance hatten, überkam Lydia in ihrer dünnen Jacke ein Frösteln. Unruhig warf sie einen Blick hinüber zu den Baumreihen — es war ein Gefühl, aus jeder Richtung beobachtet zu werden, und sie sagte zu Eddie: »Ach, übrigens, jemand ist uns gefolgt.«
    Sie erzählte ihm von dem Taxi und es gefiel ihr, wie er zuhörte, wie sein Blick durch die Gegend schoss. Das war der Eddie, den sie einmal geliebt hatte, nicht der Eddie, der das Kartenspiel genoss und andere Frauen.
    »Ich kann nichts entdecken«, sagte er und sein Gesicht war voller Fragen und Zweifel.
    Sie deutete auf die Straße, die man von diesem Punkt aus nicht sehen konnte. »Irgendwo da oben.«
    »Wir müssen es Wyatt sagen«, murmelte Eddie, ganz und gar nicht begeistert.
    Lydia nahm den Teich ins Visier, die Wege, die dorthin führten, und die Leute, die sich beim Picknick vergnügten oder beim Betrachten der Bäume. Und sie hielt Ausschau nach Leuten, die nichts dergleichen taten, und augenblicklich hatte sie Wyatt im Fokus. Er hatte einfach nur dagestanden, völlig ruhig, an einer Stelle voller Lichtflecken, von der aus er sich jetzt in Bewegung setzte.
    Er war groß, und das, was unter dem frischen Hemd steckte, in den Hosen und den polierten Schuhen, strahlte Härte aus. Die Härte zeigte sich in seinem raumgreifenden Schritt, in einer an Autarkie grenzenden Unabhängigkeit, nicht in seiner Statur, denn er war drahtig, und zöge er sich aus, sähe man jeden Knochen sich unter der Haut abzeichnen.
    Lydia und Eddie sahen ihm entgegen. Der Mann namens Wyatt hatte keine Eile, und wie Lydia war er sich seiner Umgebung voll bewusst und achtete auf Dinge, die befremdlich waren. Was aber nicht hieß, dass Lydia ihm bereitwillig vertraute oder Eddies Einschätzung von ihm. Sie wollte abwarten. Immerhin hatte sie gestern zum ersten Mal von diesem Mann gehört, als Eddie gesagt hatte: »Ich kenn da jemanden.«
    Typisch Eddie. Beinahe drei Monate war es her, seit sie mit ihrer Idee zu ihm gegangen war, ohne auch nur anzudeuten, wer oder wie oder wann. Aber der französische Kurier war wieder in der Stadt. Die Zeit drängte.
    »Ich kenn da jemanden«, hatte Eddie gesagt, und da war dieser Jemand, mit den gewissen Augen, die nur nahmen und nichts gaben.

    8

    Man hatte sich um elf Uhr verabredet, doch Wyatt war bereits seit zehn dort und

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