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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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neunzehnten Jahrhunderts, mit Blockstreifen auf dem Dach der kleinen Veranda, alles in allem jedoch in einem renovierungsbedürftigen Zustand. Er beobachtete das Haus eine halbe Stunde vom Wagen aus, bevor er hineinging. Nachdem er sich einen schnellen Überblick über das Innere des Hauses verschafft hatte, nahm er auf der Suche nach Hinweisen zu einem Doppelleben oder einem Partner Briefe, Kalender, Dateien auf dem Computer, Schränke, Schubladen und das Badezimmer unter die Lupe. Da er auf nichts Verdächtiges gestoßen war, machte er sich daran, Kleidung zum Wechseln zusammenzusuchen, und füllte einen großen Müllsack mit Unterwäsche, T-Shirts, Jeans, Tops und Schuhen. Unbewusst verfuhr er sehr behutsam mit den Sachen, was ihn ein wenig verwirrte.
    Während Wyatt alles zusammentrug und einpackte, lag Le Page auf der Lauer. Da war das Ticken des sich abkühlenden Motors seines Mietwagens, aber noch immer kein GPS-Signal vom Transponder, den er bei den Wertpapieren versteckt hatte, und auch kein Lebenszeichen aus dem Haus mit der weißen Tür. Mittlerweile spazierten Fußgänger vorbei und jeder von ihnen beäugte Le Page in seinem Wagen. Ihm war klar, dass einige sich wunderten, das Gefühl würde stärker werden und in ihnen arbeiten. Mit einem Fluch auf den Lippen nahm er seine Kamera und stieg aus dem Wagen.
    Gegenüber dem Haus mit der weißen Tür stand ein kleines, zweistöckiges Gebäude, das mit seinem cremefarbenen Putz und den dicken Säulen entfernt an eine Villa im mediterranen Stil erinnerte. Eine in Schwarz gekleidete Frau spritzte den Beton vor dem Haus mit Wasser ab. Le Page, geschmackvoll gekleidet, das asketische Gesicht sehr ernst, ging auf die Frau zu und klappte kurz seine Brieftasche auf. »Polizei. Ich brauche eines Ihrer Zimmer zur Straße, in der oberen Etage, und zwar für einige Stunden.«
    Er hatte die Frau schnell taxiert, eine Witwe, entweder Türkin oder Libanesin, die naturgemäß Respekt vor allen möglichen Behörden hatte.
    Sie würde sich nicht querstellen.
    »Leben Sie allein hier?«
    Sie wich zurück, starrte auf den Gartenweg; Le Page betrachtete das als Einladung und betrat das Haus, inspizierte es auf die Schnelle und fand nur verwaiste Räume vor, ausgestattet mit Mobiliar, wofür die einschlägigen Möbelscheunen im Spätprogramm Werbung machten. Viel dunkles, klobiges Holz, Gold und Samt. Das muss was Erdumspannendes sein, dachte Le Page, der sich an die Wohnungen von Algeriern in Marseille erinnerte. Er postierte sich am Fenster und beobachtete mit wahrer Engelsgeduld die Straße. Es war ein Uhr mittags.

    ***

    Wyatt parkte zwei Blocks entfernt von Eddie Oberins Haus auf dem Kundenparkplatz einer Subway-Filiale, mit der hinteren Stoßstange zur Mauer, um notfalls schneller wegfahren zu können. Im Kofferraum lag eine Sporttasche mit Utensilien: Werkzeug, einige für Handwerker typische Kleidungsstücke, Formulare, die einen offiziellen Eindruck machten, und ein tragbares Messgerät. Er streifte eine gelbe Sicherheitsweste über, steckte einen Glasschneider ein und machte sich zu Fuß auf den Weg, ein Klemmbrett unter dem Arm. Ein Klemmbrett ist nicht nur eines der ältesten Requisiten, es ist auch eines der überzeugendsten. Das Ding machte Wyatt als Person unsichtbar. Damit ging er als Ableser irgendwelcher Zähler durch oder als Typ, der Schlaglöcher aufnahm.
    Er bewegte sich ohne zu zögern oder stehen zu bleiben durch Eddies Straße, setzte einen Fuß vor den anderen, als wolle er zu einem bestimmten Haus am anderen Ende. Dann ging er langsam zurück, und während er sich Eddies Leben hier vorstellte, sah er auf Hausnummern und kritzelte mit dem Kugelschreiber irgendeinen Blödsinn auf das Klemmbrett. Man hatte nicht alle Häuser entlang der hügeligen, eng bebauten Straßen luxussaniert. Hinter Veranden und lichtschluckenden Hecken duckten sich hier und da schäbige Ziegelbauten oder kleine Klitschen mit Weatherboardverschalungen, unverändert seit hundertvierzig Jahren. Darin wohnten widerständige alte Ehepaare, die zu arm oder zu stur waren für eine Renovierung oder einen Umzug. Wohin sollten sie auch ziehen? Weit weg an den Stadtrand, in ein neues Viertel, wo es keine Liebe, keine Selbstachtung und keine öffentlichen Verkehrsmittel gab? Und so blieben sie, bis sie starben.
    Eddies Eltern waren vor fünfzehn Jahren gestorben und Eddie war wieder eingezogen in die winzige Weatherboardschachtel, wo er aufgewachsen war.
    Der Schuppen war eine Ruine, aber das

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